Rheinland-Pfalz und Saarland wollen Prozesse im Fernsehen übertragen

Mainz · In deutschen Gerichtssälen sind während der Verhandlungen Ton- und Bildübertragungen verboten. Rheinland-Pfalz und das Saarland wollen das ändern und Liveberichte der Medien zulassen. Die Regelung sei nicht mehr zeitgemäß.

Nach den Querelen um die Berichterstattung über den Münchener NSU-Terrorprozess befassen sich die Justizminister mit der Öffnung der Gerichtssäle für Live-Übertragungen. Rheinland-Pfalz und das Saarland hätten einen entsprechenden Vorstoß für die Justizministerkonferenz im saarländischen Perl-Nennig vorbereitet, sagt die saarländische Justizministerin Anke Rehlinger (SPD). Das Ministertreffen wird an diesem Mittwoch und Donnerstag stattfinden.
Laut Rehlinger und ihrem rheinland-pfälzischen Kollegen Jochen Hartloff (SPD) ist der Paragraf 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes, der das Verbot von Übertragungen beinhaltet, seit 50 Jahren unangetastet geblieben. Beide wollen, dass die Justizministerkonferenz den Einsatz einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe beschließt und diese dann bis Jahresende detaillierte Vorschläge ausarbeitet. Der Vorstoß geht über den von Bayern hinaus, das nur Übertragungen in einen Nebenraum erlauben will.

Um die komplette Live-Übertragung von Strafprozessen geht es nicht. "Bei Beweisaufnahmen bin ich skeptisch. Das Gericht darf nicht beeinflusst werden", sagt Hartloff. Schauprozesse wolle man nicht. Vorstellbar seien Aufnahmen bei Urteilsverkündungen oder abschnittsweise oder zeitversetzte Übertragungen. Bei Verwaltungsverfahren spreche nichts dagegen, Beiträge von Sachverständigen direkt aus dem Saal zu senden. "Es trägt zur Transparenz bei, Begründungen aus erster Hand zu erfahren", begründet Anke Rehlinger. Zu den Erfolgsaussichten des Vorstoßes sagte Hartloff: "Ich glaube, dass wir die Mehrheit der Länder auf unserer Seite haben."

Beide Minister messen dem Persönlichkeitsschutz Priorität bei. Selbstverständlich müsse auch künftig das Gericht entscheiden, was übertragen werden dürfe. Hartloff und Rehlinger verweisen auf "offenere Regelungen" in Frankreich, Spanien, Norwegen oder Australien.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort