Sicherheit Gewalt im Knast: Rheinland-pfälzische Vollzugsbeamte fordern Elektroschockpistolen

Trier/Wittlich/Mainz · In Rheinland-Pfalz hat die Polizei gute Erfahrungen mit den Tasern gesammelt. Mitarbeiter in Haftanstalten dürfen diese Waffe hingegen nicht einsetzen – obwohl es schwere Attacken gegen sie gibt.

Rheinland-Pfalz: Vollzugsbeamte fordern Elektroschockpistolen
Foto: Rainer Jensen

Dürfen Mitarbeiter in rheinland-pfälzischen Gefängnissen künftig Elektroschockpistolen einsetzen, wenn Häftlinge sie bedrohen? Der Landeschef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) fordert nun, Mitarbeiter mit den sogenannten Tasern auszurüsten. „Vollzugsbeamte sind schon früher angespuckt oder angerempelt worden. Jetzt erleben wir aber Gewalt in einer Dimension, die wir bislang nicht gekannt haben. Mit Mitteln wie Schlagstock, Pfefferspray und Körperschutz können wir in vielen Fällen nichts mehr ausrichten“, sagt Winfried Conrad, der gegenüber unserer Zeitung betont: „Wir schrecken vor dem Taser-Einsatz nicht zurück.“

Besonders ein Fall im Wittlicher Gefängnis sorgte im vergangenen Jahr für Aufregung. Ein Gefangener, der bereits zuvor in Zweibrücken eine Vollzugsbeamtin mit heißem Teewasser verbrüht hatte, verletzte im August vier Beamte durch Tritte, Schläge und Bisse. Tage später rastete der Mann erneut aus, verwüstete seine Zelle und wollte gefährliche Gegenstände als Waffe einsetzen, wie der Wittlicher Gefängnisleiter Jörn Patzak auf TV-Anfrage sagt. Er habe im zweiten Fall Spezialeinsatzkräfte der Polizei um Hilfe gebeten, die den Häftling mit einem Taser überwältigen konnten. Dies sei „in Extremfällen“ erlaubt, heißt es vom Justizministerium.

In Rheinland-Pfalz dürfen auch Streifenpolizisten den Taser gegen gewaltbereite Angreifer einsetzen. Vollzugsbeamten ist das verboten.  CDU-Fraktionschef Christian Baldauf will das ändern. Er sagt: „Wir unterstützen die Forderung, Taser im Strafvollzug einzusetzen. Die Geräte können Verletzungen von Beamten verhindern.“ Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) habe kein Konzept gegen Gewalt in Gefängnissen, kritisiert Baldauf.

Das Justizministerium sieht dagegen keinen Bedarf für den Einsatz von Tasern, die Angreifer durch einen Stromstoß für Sekunden lähmen. Ministeriumssprecher Christoph Burmeister spricht von einem „unverhältnismäßig hohen Aufwand“ durch Ausbildung und Training. Menschenrechtler Mathias John von Amnesty International warnt, die Gefährlichkeit des Tasers werde unterschätzt. Bei missbräuchlicher Anwendung drohten schwerwiegende gesundheitliche Folgen „bis zum Tod“. Die Trierer Polizei sammelte dagegen gute Erfahrungen mit den Elektroschockpistolen. Bei 36 Einsätzen im vergangenen Jahr reichte es Beamten in 21 Fällen, den Taser bloß anzudrohen, sagt Polizeisprecher Uwe Konz.

Winfried Conrad sieht darin einen Beweis, wie häufig die Waffe gefährliche Angriffe bereits im Keim ersticke. Der BSBD-Landeschef warnt vor einer Überlastung der Vollzugsbeamten. Vom TV abgefragte Zahlen des Justizministeriums zeigen: Gemeldete Tätlichkeiten gegen Mitarbeiter in Gefängnissen sanken im vergangenen Jahr von 44 auf 27, die durchschnittliche Belegung der Anstalten von 3141 auf 3104 Häftlinge. Dafür schieben Vollzugsbeamte im Land 215 369 Überstunden vor sich her.

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