Kriminalität Zahl der Geldautomaten-Sprengungen bleibt hoch: Wird 2023 ein weiteres Rekordjahr? (Karte)
Exklusiv | Trier · An immer mehr Standorten in der Region verschwinden die Geldautomaten oder werden die Betriebszeiten eingeschränkt. Die kriminellen Automatensprenger hält das nicht ab. Sie schlagen in diesem Jahr sogar noch häufiger zu. Ist eine Lösung in Sicht?
Die Zahl der Geldautomaten-Sprengungen in Rheinland-Pfalz steuert in diesem Jahr auf ein neues Rekordhoch zu. Bis Mitte September hat das Landeskriminalamt bereits 38 Anschläge auf Automaten registriert, sagte ein LKA-Sprecher auf Anfrage unserer Redaktion. Das waren sechs Anschläge mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Im vergangenen Jahr wurden in Rheinland-Pfalz insgesamt 56 Geldautomaten in die Luft gejagt - so viele wie nie zuvor.
Viele Geldautomaten und gut gefüllte Geräte
Trotz verschärfter Sicherheitsvorkehrungen der Banken gehen die Ermittler von weiter steigenden Sprengstoffattacken aus. Deutschland biete mit seiner vergleichsweise großen Automatendichte und den hohen Füllbeträgen „eine höchst attraktive Tatgelegenheitsstruktur“, sagt der LKA-Sprecher. Hinzu komme, dass die Banken gesetzlich nicht zu einer konsequenten sicherungstechnischen Aufrüstung der Automaten gezwungen seien und schlecht gesicherte Standorte nicht geschlossen würden.
Ähnlich argumentiert auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter. Geldmenge und Öffnungszeiten müssten reduziert und die Sicherungstechnik erhöht werden, sagt BDK-Landesvorsitzender Christian Soulier unserer Redaktion.
Schon über ein halbes Dutzend Anschläge in der Region
Die Ermittler empfehlen Banken „einen Methoden-Mix“: Neben Farbe gehörten Nebel- und Klebesysteme sowie Nachtschließzeiten dazu. In der Region Trier haben die Banken bereits zahlreiche Geldautomaten abgebaut, an vielen Standorten sind die Räumlichkeiten nachts geschlossen. Trotz der Sicherheitsvorkehrungen schlugen die Automatensprenger in diesem Jahr in Bitburg, Bollendorf, Echternacherbrück, Stadtkyll, Temmels oder Wittlich schon mehr als ein halbes Dutzend Mal zu.
Allein der bei den Sprengungen angerichtete Schaden geht in die Millionen. Hinzu kommt das erbeutete Geld, auch wenn längst nicht jeder Anschlag erfolgreich ist. Viele der mutmaßlichen Täter kommen nach Erkenntnissen des Landeskriminalamts aus den Niederlanden. Das Bundeskriminalamt spricht in diesem Zusammenhang von einer mehrere Hundert Mann starken Szene nordafrikanischer Einwanderer, die meist niederländische Staatsangehörige sind und in der Region Utrecht/Amsterdam leben.
Vier Tatverdächtige in Rheinland-Pfalz festgenommen
Nach Angaben des LKA-Sprechers haben die rheinland-pfälzischen Ermittler in diesem Jahr schon vier verdächtige Automatensprenger festgenommen. Sechs weitere Beschuldigte, die auch an Anschlägen in Rheinland-Pfalz beteiligt gewesen sein sollen, seien in anderen Bundesländern festgenommen worden. In diesem Jahr wurden auch schon mehrere Täter zu teils langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
Doch den kriminellen Banden geht der Nachwuchs nicht aus. Das Mainzer Landeskriminalamt spricht von einem „weiterhin ansteigenden Personenkreis innerhalb der Sprenger-Szene“ vor allem in den Niederlanden. „An Nachwuchs herrscht kein Mangel“, meinte vor einiger Zeit der Trierer Kriminaldirektor Lothar Butzen, „und die Täter werden immer jünger.“
Warum es mit neuen Automaten manchmal dauert
Dass die Kreditinstitute inzwischen vermehrt in Sicherheitstechnik investieren, um den Automatensprengern das kriminelle Handwerk zu erschweren, hat Folgen. An einigen Standorten müssen Kunden mit längeren Wartezeiten rechnen, bis Geldautomaten nach einer Sprengung wieder verfügbar sind. Grund seien Lieferengpässe, erklärte unlängst der Präsident des rheinland-pfälzischen Sparkassenverbands, Thomas Hirsch. Aktive Einfärbesysteme, die das Geld bei einer Sprengung unbrauchbar machen, seien nur mit längerer Wartezeit zu bekommen. Das verzögere die Wiederinbetriebnahme von Standorten und die Erhöhung des Sicherheitsniveaus.