Ring-Komplex wird komplett verkauft

Mainz · Läuft alles plangemäß, bleibt der Zugang zum Nürburgring öffentlich, selbst wenn er an einen Investor verkauft wird. Dieser muss nach Auskunft der Ring-Sanierer auch keine finanziellen Forderungen aus Brüssel fürchten.

Als der Trierer Ring-Insolvenzgeschäftsführer Thomas B. Schmidt und Sachwalter Jens Lieser vergangene Woche in Begleitung eines Vertreters des Bundeswirtschaftsministeriums in Brüssel vorstellig wurden, hatten sie eine Menge Unsicherheit im Gepäck. Sie waren eingeladen, ihre Pläne zur Rettung der Eifel-Rennstrecke offenzulegen. Die EU-Wettbewerbsexperten wachen aufmerksam, seit sie ein Beihilfeverfahren wegen möglicherweise illegaler Landes-Subventionen eingeleitet haben.
Schmidt erzählt, die EU-Fachleute hätten zuvor ihren eigenen juristischen Dienst in dieser Frage bemüht und seien sehr gut vorbereitet gewesen. "Es war ein offenes, konstruktives und klares Gespräch." Eines wurde schnell deutlich: An den Grundsätzen des Beihilferechtes darf nicht gerüttelt und der Nürburgring nicht zum Präzedenzfall werden. Deshalb beharren die EU-Wettbewerbshüter auch auf einem kompletten Verkauf des Rings.
Nutzungsbedingungen
Das Herauslösen einzelner Teile beim Verkauf lehnt die EU ab. Eben dies hatte der Verein "Ja zum Nürburgring" gefordert. Nach wie vor sei jedoch möglich, "dass sich eine Stiftung wie jeder andere Bieter im Rahmen des Verkaufsprozesses bewirbt", erklärt Jens Lieser. Die Sanierer suchten bei der EU Verständnis für die Besonderheiten des Nürburgrings zu wecken: Würde dieser zur Privatrennstrecke eines Käufers, würden die anderen Vermögenswerte - also der Gastronomie und der Hotels - praktisch vernichtet. Nur wenn der Nürburgring auch weiter öffentlich zugänglich sei, könne man eine Auslastung der Hotels, des Boulevards, der Gastronomie sowie der Freizeitanlagen erreichen. Allein unter dieser Voraussetzung sei der von Brüssel geforderte bestmögliche Verkauf dieser Immobilien möglich.
Diese Argumente fanden Gehör. Die Wettbewerbshüter signalisierten, öffentlich-rechtlichen Vorgaben, die eine Nutzung des Nürburgrings durch Breiten- und Motorsportler, die Autoindustrie (Testfahrten) und diverse Veranstalter (etwa Rock am Ring) festschreiben, nicht im Wege zu stehen. Die Umsetzung einer entsprechenden Zugangsregelung ist nun Sache des Landes.
Obwohl das EU-Beihilfeverfahren noch läuft, konnten die Sanierer ein weiteres Zugeständnis erreichen: Sollte Brüssel am Ende verbotene staatliche Subventionen feststellen und finanzielle Rückforderungen stellen, müsste dies ein Investor nicht fürchten. Auf ihn würde juristisch kein Haftungsdurchgriff erfolgen.
Den Sanierern ist bewusst, dass zum Neustart der Eifel-Rennstrecke ein rechtskonformer Verkaufsprozess unabdingbar ist. Und die Zeit drängt: Hat die EU vor dem Verkauf ihr Beihilfeverfahren abgeschlossen, schränkt das die Handlungsmöglichkeiten stark ein. Schmidt und Lieser wollen daher wie geplant im April den Verkaufsprozess beginnen. Laut Jens Lieser müsse bis dahin noch kein Gesetz vom Landtag verabschiedet sein. Die Kaufinteressenten würden auf die Nutzungsbedingungen hingewiesen.
Für die rund 300 Mitarbeiter am Nürburgring bemühen sich die Sanierer um eine Beschäftigungsgarantie bis 2016, wie es die Gewerkschaft Verdi fordert. Allerdings sei die EU skeptisch, weil dies wie eine unzulässige Bedingung gegenüber einem künftigen Erwerber wirken könne. Die Wettbewerbshüter hätten noch vertieften Prüfungsbedarf. Extra: Prozess

Der im Nürburgringprozess mit Spannung erwartete Zeuge Urs Barandun hat keine Aussage gemacht. Fragen zu Vereinbarungen kurz vor dem Scheitern der Suche nach einem Privatinvestor für den Ringausbau 2009 beantwortete der Schweizer Geschäftsmann am Montag vor dem Koblenzer Landgericht nicht. Er machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Der 52-jährige Barandun, der sich vor Gericht als Ingenieur und Ökonom vorstellte, war damals von Finanzvermittlern ins Spiel gebracht worden. Er hatte dann einen angeblichen US-Investor für das Projekt in Aussicht gestellt. Dessen Scheck entpuppte sich als ungedeckt, eine von der Nürburgring GmbH bereits an die Vermittler gezahlte Provision in Höhe von rund vier Millionen Euro konnte nur durch Zufall gerettet werden.
Abseits des Barandun-Auftritts entbrannte ein Streit zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigern um die Weitergabe von Akten. Es geht darum, dass zwei Mitarbeiter des Landesrechnungshofes bereits vor ihrer Vernehmung als Zeugen die Stellungnahme Deubels aus dem Prozess kannten. Dies habe deren Aussagen beeinflusst, kritisierte Deubels Verteidiger, Rüdiger Weidhaas. Dass die Staatsanwaltschaft dem Landesrechnungshof die Stellungnahme zukommen ließ, sei "absolut inakzeptabel". Er habe Anfang März eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Unbekannt beim Generalstaatsanwalt eingereicht. Die Staatsanwaltschaft wies die Vorwürfe zurück und sprach von Stimmungsmache. Die Stellungnahme Deubels sei Anfang November vom Leiter der Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen an den Präsidenten des Rechnungshofes gegangen, nicht an die Ende Februar im Prozess gehörten Mitarbeiter. Grundsätzlich sei die Staatsanwaltschaft befugt, während eines Verfahrens Auskünfte zu erteilen, sagte Oberstaatsanwalt Sven Owe von Soosten. dpa

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