Vor allem im Hochwald Radioaktiv belastete Pilze und Wildschweine – Warum rheinland-pfälzische Wälder 37 Jahre nach Tschernobyl noch belastet sind
Auch Jahrzehnte nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl wird die Radioaktivität in rheinland-pfälzischen Wäldern kontrolliert. Warum sich die Strahlenbelastung vor allem in Wäldern so lange hält und welche Pilze am meisten davon aufnehmen.
Am 26. April 1986 verseuchte eine Reaktorkatastrophe im ukrainischen Tschernobyl große Teile Europas mit radioaktivem Cäsium-137. Während in Deutschland durch starke Niederschläge vor allem Bayern vom radioaktiven Fallout betroffen war, landeten auch große Mengen des Materials in Rheinland-Pfalz. Ganze Ernten mussten in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz umgepflügt werden. Spinat, Salate und Grünfutter überstiegen den erlaubten Wert von 500 Bequerel deutlich. Kühe durften nicht mit Frischfutter gefüttert werden, um die Milch nicht zu belasten.
37 Jahre später sind viele dieser Bedenken vergessen. Laut dem Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz stelle die durch Tschernobyl verursachte radioaktive Belastung schon lange keine Probleme mehr für die Landwirtschaft dar. Das radioaktive Material sei inzwischen so fest im Boden der Äcker gebunden, dass es keine Gefahr mehr sei.
Bäume halten Radioaktivität im Ökosystem
Anders sieht es jedoch in den rheinland-pfälzischen Wäldern aus. Das radioaktive Cäsium gelangt hier mit den herabfallenden Blättern und Nadeln der Bäume auf den Waldboden, die sogenannte Streuschicht. Dort wird das Cäsium bei der Zersetzung der Blätter über Jahre hinweg freigesetzt und von Pilzen und Bäumen wieder aufgenommen. Dadurch können Waldpilze in Rheinland-Pfalz auch heute noch radioaktive Belastungen aufweisen. „Da Cäsium -137 eine Halbwertzeit von 30 Jahren hat, werden wir die Belastung in den betroffenen Gebieten noch lange kontrollieren müssen“, erklärt das Landesuntersuchungsamt.
Wildschweine im Hochwald sind am meisten radioaktiv belastet
Als Teil des Waldökosystems reichert sich das radioaktive Cäsium auch in Wildtieren an. Besonders sind davon Wildschweine betroffen, da diese als Allesfresser die belastete Bodenschicht umwühlen und dabei viel belastetes Futter zu sich nehmen. Die Tiere machen dabei auch vor Pilzen nicht Halt, die besonders viel Cäsium enthalten, wie den für Menschen ungenießbaren Hirschtrüffeln. Das Landesuntersuchungsamt überprüft daher seit 2001 im Hochwald und im Pfälzerwald erlegtes Schwarzwild auf radioaktives Cäsium. Bei den Stichproben wird zum Teil nach wie vor Wildschweinfleisch getestet, das den erlaubten Bequerel-Wert überschreitet.
Welche Pilze besonders viel radioaktives Cäsium anreichern
Vor allem Pilze wie der Maronenröhrling oder der Semmel-Stoppelpilz nehmen besonders gerne radioaktives Cäsium aus dem Waldboden auf. Steinpilze und Pfifferlinge sind in der Regel unbedenklicher zu verzehren. Eine generelle Aussage über die radioaktive Belastung der Pilze in Rheinland-Pfalz lässt sich laut Landesuntersuchungsamt nur schwer treffen, da dazu nicht genug Daten gesammelt werden. Bei Einzelproben gängiger Speisepilze habe man aber seit Jahren keine Überschreitung des Höchstwerts mehr festgestellt.