Rot-schwarzes Nachthemd

TRIER. (kat) Mit Schirmmützen, selbstgebastelten heiligen Röcken und Namenschildern an den Jacken ausgestattet, gingen tausende von Kindern im Trierer Dom auf Entdeckungstour.

Die Kinder kommen in Scharen: Eine Warteschlange vom Domeingang reicht bis in die Sternstraße. "Ich bin total uffgereecht", plappert der sechsjährige Cedric aus dem saarländischen Wadrill. Schon die Zugfahrt war ihn Abenteuer pur. Wie weitere 5000 Kindergartenkinder hat er sich mit den Erzieherinnen auf den Weg zum Trierer Dom gemacht. Die kleinen Pilger sind gespannt und haben diverse Vorstellungen von dem heiligen Rock, den laut Domführer Johannes Eisenwirth die Kaiserin Helena als Erinnerungsstück an Jesus einst aus dem heiligen Land mit nach Trier brachte. "Der heilige Rock ist dreckig und braun, weil der schon solange rum liegt", so die kindliche Vermutung von Eva (6) aus Morbach. Carsten (6) aus Wadrill ist davon überzeugt, dass der Rock, den "Jesus, der liebe Mann" einmal getragen hat, aussieht wie ein rot-schwarz gestreiftes Nachthemd. Aufmerksam folgen die Jungen und Mädchen den kindgerechten Erzählungen der Domführer. "In diesem Jahr nutzen 340 Kindergärten aus dem Bistum Trier die Gelegenheit, um den Kindern das Motto Heilig Rock näher zu bringen", sagt Georg Binninger, Leiter der Abteilung Kindertagesstätten. In Beton eingestanzte Schmetterlinge, Löwen, Schlangen und die berühmten bronzenen Dommäuse haben die wenigsten Kinder im Dom vermutet. Vielerlei Interessantes gibt es zu entdecken. Der Höhepunkt der Domführung ist zweifelsohne die Besichtung der Heilig-Rock-Kapelle: ehrfürchtig schleichen die Kinder um den wertvollen, mit edlen Steinen geschmückten Glaskasten, in dem nicht sichtbar der heilige Rock unter Siegeln aufbewahrt wird. Bis zum gemeinsamen Sendungsgottesdienst mit Weihbischof Robert Brahm und Leo Schwarz haben die Gruppen Gelegenheit, an Workshops teilzunehmen. Der Kindergarten Speicher hat sich für "Mit Elija auf das Leise hören" entschieden. Die Kinder lauschen auf die von Pastoralreferent Joachim Kreuter einfühlsam erzählte Geschichte, es kehrt eine fast unheimliche Ruhe in der Krypta des Hauses Fetzenreich ein. "Gott ist nicht da, wo es laut ist. Nicht im Erdbeben, nicht im Sturm", sagt Joachim Kreuter. "Ja, ich glaube er ist nur im zarten Wind", flüstert Susi (6) aus Speicher. Tief beeindruckt von den letzten Stunden macht sich die Speicherer Gruppe dann auf, ein profaneres Bedürfnis zu stillen - soviel Erleben macht hungrig.

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