Rückenwind für die Energiewende: Region Trier bei sauberem Strom weit vorn

Trier/Mainz · Die Region Trier steht bei erneuerbaren Energien gut da. Ob das so bleibt, hängt auch davon ab, wie die Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden. Der Trierische Volksfreund wagt eine Bestandsaufnahme.

Rückenwind für die Energiewende: Region Trier bei sauberem Strom weit vorn
Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Der vergangene Montag war ein guter Tag für die Befürworter erneuerbarer Energien: Um 11 Uhr erreichte die Erzeugung von Strom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse ein neues Allzeithoch. 94,86 Prozent der zu diesem Zeitpunkt benötigten Energie in Deutschland kam aus diesen regenerativen Quellen. Vor allem Sonne und Wind haben das möglich gemacht. Es sind die beiden Stromquellen, die auch in der Region Trier die bei weitem größte Rolle spielen. In der heftigen Diskussion um neue Anlagen steht allerdings fast immer die Windenergie im Fokus. Die rotierenden Flügel der gigantischen Windräder sind vor allem bei Menschen nicht gerne gesehen, die in deren Nähe wohnen.

Der Koalitionsvertrag: So hat die FDP ihre Rückkehr in die Regierungsverantwortung im Land nicht unwesentlich den Wählern zu verdanken, die auf deren kritische Position zur Ausweitung der Windkraft gesetzt haben. Viele von ihnen sind vom Koalitionsvertrag enttäuscht, was sich auch beim Sonderparteitag der Liberalen in dieser Woche gezeigt hat.
"Wir verkaufen unsere Heimat an die Windlobby", kritisierte eine Delegierte. Die FDP-Spitze habe bei der Windkraft nicht hart verhandelt. Schwer enttäuscht von dem, was im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, zeigte sich auch Ulrich von Bebber, Chef des FDP-Kreisverbandes Ahrweiler: "Jedes Windrad, das jetzt gebaut wird, wird uns auf das Konto geschrieben."
Liberalenchef Volker Wissing beschwichtigt, ein sofortiger Stopp wäre mit der Verfassung nicht vereinbar gewesen. "Es wird in Zukunft mehr Flächen geben, auf denen sich keine Windräder mehr drehen dürfen." Wissing verweist dabei auf die acht Ausschlusskriterien (siehe Extra), die auf Initiative der FDP Teil des Koalitionsvertrags seien.

Die Windkraftgegner: Wolfgang Piroth, stellvertretender Vorsitzender des Bündnisses "Energiewende für Mensch und Natur" und Sprecher der Bürgerinitiative Windkraftfreier Soonwald, will trotz seiner Enttäuschung über die "kosmetischen Korrekturen" für die Windkraftplanung die Tür zu den Liberalen nicht zuschlagen. Denn nun gehe es in die nicht einfache Umsetzung der Vorgaben in der Landesplanung. Das ist auch nach Ansicht des Energiewende e.V.-Vorsitzenden Uwe Anhäuser der einzige Pluspunkt im Koalitionsvertrag.

Die Kommunen: Wie sehr die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Änderungen bereits bei bestehenden Flächennutzungsplänen und in laufenden Genehmigungsverfahren greifen werden, ist derzeit noch nicht klar. Das macht die kommenden Wochen und Monate auch für die Gemeinden und Kommunen spannend. Die haben seit 2012 die Planungshoheit für neue Windkraftflächen. Aloysius Söhngen, Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz und Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm, brennt das Thema auf den Nägeln. "Noch gilt der Landesentwicklungsplan IV als Grundlage für unsere Planung. Jede Veränderung wird zu Verzögerungen führen."
Die acht Ausschlusskriterien hält Söhngen für unproblematisch. "Allerdings stellen wir schon die Frage, ob eine Energieagentur Rheinland-Pfalz eine zwingende Notwendigkeit ist." Für statistische und planerische Daten gebe es auch Angebote auf kommunaler Ebene.

Die Energieagentur: Auf wenig Begeisterung stoßen solche Äußerungen bei der vor vier Jahren gegründeten Landeseinrichtung, die Kommunen und öffentliche Einrichtungen, Unternehmen und Bürger bei der Energiewende in Rheinland-Pfalz unterstützen soll. Ihre Hauptaufgabe liegt in der Information und Initiierung von Projekten in den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energiesparen.
Wie das mit der neuen Landesregierung funktionieren könnte, war auch Thema einer zweitägigen Klausur in dieser Woche. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir unseren Weg weiter bestreiten", sagt Energiereferent Marc Wartenphul. Er sieht vor allem die Stadtwerke Trier als "Top-Partner", wenn es darum geht, mit innovativen Konzepten neue Wege zu beschreiten. Beim Regionalen Verbundsystem Westeifel, der geplanten Energie-Pipeline durch die Region, sei auch der Energieversorger RWE mit im Boot. Mit dem bundesweiten Vorzeigeprojekt soll gezeigt werden, wie ein effizientes Versorgungsnetz für erneuerbare Energien funktioniert.

Die Naturschützer: Dass ohne Windenergie die Klimaschutzziele nicht erreicht werden können, steht für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fest. "Eine Sperrzone von 2000 Metern, wie ihn die FDP im Wahlkampf gefordert hat, wäre in Rheinland-Pfalz einem Ausbaustopp gleichgekommen", sagt Landesgeschäftsführerin Sabine Yacoub. Die nun definierte Vorgabe von einem Kilometer entspreche den Vorstellungen ihres Verbandes.
Für weniger relevant hält sie die Tatsache, dass die bisherige rot-grüne Zeitvorgabe für die 100-prozentige Deckung des Strombedarfs aus regenerativer Energie bis zum Jahr 2030 nicht im Koalitionsvertrag zu lesen ist. "Wichtig ist letztlich, wie die definierten Dinge umgesetzt werden. Eine noch stärkere Steuerung durch das Land und noch klarere Formulierungen, zum Beispiel für einen klaren Ausschluss von historischen Kulturlandschaften, würden wir allerdings gerne sehen."
Yacoub erinnert daran, dass es bei erneuerbaren Energien nicht nur um Windkraft gehe. "Wir müssen auch Strategien entwickeln, wie wir Energie einsparen und effizienter nutzen können."
volksfreund.de
Extra

Im neuen Koalitionsvertrag der rot-gelb-grünen Landesregierung werden für Windkraftanlagen folgende Ausschlusskriterien genannt: Kernzonen der Naturparke und das Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald. Natura 2000-Flächen, für die die staatliche Vogelschutzwarte eine Ausschlussempfehlung aufgrund eines sehr hohen Konfliktes ausgesprochen hat. Der bisherige Grundsatz, alte Laubholzbestände zu schützen, wird zu einem Ziel in der Landesplanung. Wasserschutzgebiete der Zone I. Im Welterbegebiet und im Rahmengebiet des Welterbes sind keine Ausnahmemöglichkeiten mehr vorgesehen. Historische Kulturlandschaften der Bewertungsstufe 1-2. Der Grundsatz, dass bei der Ausweisung von Standorten für Windkraftanlagen mindestens drei Anlagen zu konzentrieren sind, wird zu einem Ziel der Raumordnung. Im Landesentwicklungsprogramm wird ein Mindestabstandvon Windkraftanlagen von 1000 Metern zu allgemeinen Wohn-, Misch-, Kern- und Dorfgebieten festgeschrieben. Bei Anlagen über 200 Meter Gesamthöhe werden 1100 Meter festgeschrieben. redExtra

Wasser, Sonne, Biogas: Die 1700 Kilowattstunden pro Kopf, die in Rheinland-Pfalz im Jahr 2014 aus erneuerbaren Energieträgern in das Stromnetz eingespeist wurden, kamen nur zur Hälfte aus Windkraftanlagen. Nach Erhebungen des Statistischen Landesamtes folgte mit 23 Prozent die Sonnenenergie vor der Wasserkraft (15 Prozent) und der Stromerzeugung aus Biomasse. In der Statistik der Städte, bei der Trier auf Platz eins liegt, ist allerdings zu bedenken, dass der dort aufgelistete Wasserstrom zu einem großen Teil zum Beispiel in Österreich gewonnen wurde. Einen besonders hohen Anteil haben Biomassenanlagen im Eifelkreis Bitburg-Prüm, der im Vergleich der Landkreise bei erneuerbaren Energien auf Platz zwei steht. Fast 17 Prozent der landesweiten Stromeinspeisung aus Biogas finden dort statt. r.n.

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