Wie es nach dem Rücktritt weitergeht 75.000 Euro für fünf Monate als Ministerin – Kritik am hohen Übergangsgeld für Anne Spiegel

Auch am Tag nach dem Rücktritt von Anne Spiegel bleibt die Ex-Familienministerin weiter Thema: Es gibt Kritik an ihrem Übergangsgeld – aber auch Zustimmung: So fallen die Reaktionen aus. Unterdessen läuft längst die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger.

 Die zurückgetretene Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Bündnis 90/Grüne).

Die zurückgetretene Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Bündnis 90/Grüne).

Foto: dpa/Annette Riedl

Die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, hält eine Entscheidung über die Nachfolge der zurückgetretenen Bundesfamilienministerin Anne Spiegel noch in dieser Woche für wahrscheinlich. Die Partei werde sich die notwendige Zeit nehmen. „Trotzdem gibt es jetzt auch ein Bedürfnis, diese Frage schnell zu klären“, sagte Lang in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv am Dienstag, 12. April. „Das heißt, ich denke nicht, dass wir noch über Ostern hinweg uns mit dieser Frage beschäftigen werden.“ Man sei jetzt in Gesprächen innerhalb der Partei, „und das ist der Stand dazu“.

Grüne wollen Nachfolgerin, weil paritätische Besetzung

Lang deutete an, dass erneut eine Frau den Posten im Familienministerium übernehmen werde. Damals habe die Partei gesagt, man besetze die Posten paritätisch. „Bei diesem Grundsatz bleiben wir natürlich auch“, sagte sie. Die wichtigste Anforderung sei, dass die Person Verantwortung für Familien, Kinder und die offene Gesellschaft übernehme. „Die Person muss vor allem eine Eigenschaft mitbringen: Das ist, geeignet für dieses Amt zu sein.“

Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, betonte, dass es „sehr schnell“ eine Entscheidung über die Neubesetzung geben werde. Im Deutschlandfunk sagte sie am Dienstag: „Es wird zeitnah dazu Entscheidungen geben, die stehen jetzt als nächstes an.“ Zur Frage, ob Anton Hofreiter auf den Posten nachrücken könnte, sagte sie: „Jede und jeder, der die Grünen kennt, weiß, wie wichtig uns die Quotierung ist und wie wichtig, dass Frauen repräsentiert sind in Spitzenfunktionen. Auch das werden wir in der Frage der Entscheidung berücksichtigen.“ Der frühere Fraktionschef Hofreiter ist derzeit Vorsitzender des Europa-Ausschusses im Bundestag.

Bund der Steuerzahler kritisiert Übergangsgeld für Anne Spiegel

Unterdessen erhält Spiegel nach ihrem Rücktritt ein Übergangsgeld. Der stellvertretende Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Michael Jäger, sagte der Bild-Zeitung: „Wer das Kabinett verlässt, bekommt nach einem Tag Amtszeit als Ministerin 75 600 Euro Übergangsgeld. Diese Versorgung ist total überdimensioniert." Die Höhe des Übergangsgeldes ergibt sich aus Paragraf 14 des Bundesministergesetzes. Laut Bild erhält Spiegel 4,5 Monatsgehälter, nachdem sie seit Anfang Dezember das Familienministerium geführt hatte.

Verständnis für die Summe von Ex-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder

Die ehemalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) verteidigte indes die Höhe des Übergangsgeldes. „Sie bekommt drei Monate ihr volles Gehalt, drei Monate ihr halbes. Das ist wirklich nicht überdimensioniert“, schrieb Schröder am Dienstag bei Twitter. „Sie braucht ja etwas Zeit, um sich einen neuen Beruf zu suchen. Und von irgendwas muss die sechsköpfige Familie ja leben“, fügte sie hinzu.

Übergangsgeld: um diese Summe geht es

Die „Bild“-Zeitung hatte unter Berufung auf den Bund der Steuerzahler berichtet, dass Spiegel 75 600 Euro Übergangsgeld erhalte. Übergangsgeld wird laut Bundesministergesetz für die gleiche Anzahl von Monaten gezahlt, die ein ausgeschiedener Minister oder eine Ministerin Amtsbezüge erhalten hat, „jedoch mindestens für sechs Monate und höchstens für zwei Jahre“.

Für die ersten drei Monate gibt es demnach das volle Amtsgehalt und „für den Rest der Bezugsdauer die Hälfte dieser Bezüge“. Anne Spiegel hatte das Ministerium am 9. Dezember übernommen und war seitdem vier Monate im Amt.

Spiegel hatte am Montag „aufgrund politischen Drucks“ ihren Rücktritt erklärt. Die 41-Jährige zog damit die Konsequenzen nach ihrem umstrittenen Frankreich-Urlaub, den sie als rheinland-pfälzische Umweltministerin im Sommer 2021 kurz nach der Flutkatastrophe an der Ahr angetreten hatte. Diesen begründete Spiegel in ihrer öffentlichen Entschuldigung vom Sonntagabend, also wenige Stunden vor ihrem Rücktritt, unter anderem mit der angeschlagenen Gesundheit ihres Mannes.

Anne Spiegel zur Begründung, warum sie in Urlaub fuhr

„Es war wirklich an einem Punkt, zum ersten Mal für uns als Familie, wo wir Urlaub gebraucht haben – weil mein Mann nicht mehr konnte“, sagte sie vor laufender Kamera. Während der Pressekonferenz brach mehrmals ihre Stimme. Im März 2019 hatte ihr Mann Daniel Spiegel einen Schlaganfall erlitten. Zudem habe die Corona-Pandemie ihre Familie mit vier kleinen Kindern belastet.

Zuvor hatte es bereits harte Kritik gegeben. Nach Bekanntwerden von Chatverläufen war ihr vorgeworfen worden, sich mehr um ihre eigene Außendarstellung zu kümmern als um die dramatische Lage in dem von der Flutkatastrophe heimgesuchten Region in Rheinland-Pfalz. Allein in diesem Gebiet starben damals 134 Menschen.

(dpa)
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