Rund 300 Menschen demonstrieren in Mainz gegen Kommunalreform

Mainz/Stadtkyll · Seit Monaten erhitzt die Kommunalreform die Gemüter. Bürger wehren sich gegen Gemeindezusammenschlüsse, die Regierung droht mit Zwangsfusionen. Nun demonstrierten rund 300 Menschen in Mainz, darunter auch viele aus der Region Trier, etwa aus Stadtkyll, Hallschlag, Neunkirchen und Malborn.

Rund 300 Menschen haben am Mittwoch in Mainz gegen die Kommunalreform protestiert. „Wir wünschen uns, dass die Landesregierung ihren Stolz beiseitelegt und die Opposition ihre Angriffslust“, sagte Ivonne Horbert, Sprecherin der Bürgerinitiative „Kommunalreform Nur Mit Uns“, die zu der Demonstration aufgerufen hatte. Beide Seiten sollten gemeinsam ein neues Konzept erarbeiten. Ziel der Reform ist es, die Gemeindestruktur im Land zu straffen. Vielerorts wehren sich Bürger aber gegen vorgesehene Fusionen. Nachdem eine Phase der Freiwilligkeit Ende Juni zu Ende ging, drohen nun Zwangszusammenschlüsse. Dagegen protestiert die Bürgerinitiative. Zuletzt hatten sich die Menschen etwa in Alsenz-Obermoschel im Donnersbergkreis mit einer deutlichen Mehrheit gegen ein Zusammengehen mit der Verbandsgemeinde Rockenhausen und für die Verbandsgemeinde Meisenheim im Landkreis Bad Kreuznach ausgesprochen. Fusionen über Landkreisgrenzen hinweg sind aber problematisch, weil sie Genehmigungen bis hin zum Landtag erfordern. Gesetzlich geregelt wurden laut Innenministerium bislang vier freiwillige Gebietsänderungen: der Zusammenschluss von Cochem und Cochem-Land, der Verbandsgemeinden Braubach und Loreley sowie von Otterbach und Otterberg. Die Demonstranten in Mainz machten mit Trillerpfeifen, Sirenen und Tröten auf ihr Anliegen aufmerksam. Auf Plakaten standen Parolen wie „Zwangsfusionen sind unsozial“ oder „Wo bleibt der Bürgerwille?“. Einige Protestler formierten sich auf einem Platz nahe des Landtags mit Klappstühlen zu einem Bürgerparlament. Der Ortsbürgermeister von Neunkirchen (Kreis Bernkastel-Wittlich), Richard Pestemer, sagte, die angedrohten Zwangsfusionen müssten vom Tisch. Die Verantwortlichen könnten sich nicht einfach über den Willen der Bürger hinwegsetzen. „Die Politik wollte Bürgerbeteiligung - jetzt hat sie sie.“ Die CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner sprach sich vor den Demonstranten gegen Zwangsfusionen aus. „Ohne eine Kreisgrenzenreform macht auch eine Verbandsgemeindereform keinen Sinn“, sagte sie.
"Wer Bürger quält, wird nicht gewählt"

"Beck, wir kommen!" - Mit dieser Parole auf den Lippen stiegen in Stadtkyll am Mittwoch gegen 12 Uhr mehr als 70 Bürger in den Reisebus nach Mainz ein. Sie kommen aus den sechs Dörfern Hallschlag, Kerschenbach, Ormont, Reuth, Scheid und Stadtkyll. In diesen Gemeinden haben sich große Wählermehrheiten dafür ausgesprochen, im Rahmen der Kommunalreform zur Verbandsgemeinde Prüm zu wechseln und den Kreis Vulkaneifel zu verlassen.

Am Nachmittag demonstrierten sie mit weiteren Bürgern in Mainz - und drückten Landtagspräsident Joachim Mertes eine Liste ihrer Forderungen in die Hand. Viele von ihnen hatten Schilder dabei - mit den Namen ihrer Dörfer, mit ironischen oder zornigen Sprüchen: "Bürgerwille - schwere Pille" oder "Wer Bürger quält wird nicht gewählt."

"Wir wollen Herrn Beck an seine Regierungserklärung erinnern", sagte der Stadtkyller Ortsbürgermeister Harald Schmitz vor der Abfahrt. Der Ministerpräsident habe bei seinem Amtsantritt im vorigen Jahr das Bürgerengagement und die Beteiligung der Rheinland-Pfälzer an politischen Entscheidungen als "ein entscheidendes Element" der Demokratie bezeichnet. Zitat aus seiner Rede: "Unsere Demokratie lebt vom Engagement und der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Die entscheidende Frage aber ist, wie ernst wir die Förderung des Engagements nehmen. Das bürgerschaftliche Engagement zu fördern und die Bürgerbeteiligung zu stärken, habe ich mir zu einem persönlichen Anliegen gemacht."

Zu der Demonstration hat die Bürgerinitiative "Kommunalreform - nur mit uns" aufgerufen. Sie ist ein Zusammenschluss mehrerer Einzelinitiativen und Gemeinden im Land, die mit dem Verlauf der Reform unzufrieden sind und fürchten, im Zuge von Zwangsfusionen den falschen Partnern zugeschlagen zu werden. Mit dabei sind: die Initiativen "pro Kastellaun", "pro Schweich ", die Verbandsgemeinden Maikammer, Guntersblum, Wallhalben, die Ortsgemeinden Lahr, Mörsdorf, Zilshausen, Neunkirchen, Malborn-Thiergarten und Breit. Aus dem Vulkaneifelkreis sind dabei: der Arbeitskreis "VG Kelberg muss bleiben", die Gemeinden Reuth, Scheid, Ormont, Hallschlag, Kerschenbach und Stadtkyll.

Die Mitglieder lehnen Zwangsfusionen ab, wie sie nach Ablauf der Phase für freiwillige kommunale Zusammenschlüsse nun drohen. Sie erwarten, dass die Bürgerentscheide in ihren Kommunen berücksichtigt werden.

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