Saubere Autos und eine stabile EU: Auf welche Themen der mögliche grüne Spitzenkandidat Anton Hofreiter setzt

Trier · Er will die Autoindustrie dazu bewegen, saubere Autos zu bauen, die EU verteidigen und raus aus der Kohle. Im Redaktionsgespräch erläutert der grüne Fraktionschef Anton Hofreiter, womit er im Bundestagswahlkampf punkten will.

Ein gemütlicher bayrischer Akzent, langes blondes Haar und biologischer Sachverstand sind die Markenzeichen jenes Mannes, der bei der Bundestagswahl 2017 als Spitzenkandidat der Grünen antreten will.
Anton Hofreiter, einer der beiden Vorsitzenden der grünen Bundestagsfraktion, ist am Mittwoch (mit dem Zug) nach Trier gereist, um aus seinem Buch "Fleischfabrik Deutschland" zu lesen.

Zuvor zeigte sich im Redaktionsgespräch beim Volksfreund, dass die Wahlvorbereitungen in vollem Gange sind. In zehn Landesregierungen und 15 Parlamenten sind die Grünen aktuell vertreten. Auf Rot-Rot-Grün bereite sich seine Fraktion ebenso vor wie auf Schwarz-Grün. Wunschpartner ist aber die SPD. Als Koalitionspartner scheide völlig aus, wer zu rassistischen Ausfällen oder rechtspopulistischen Angriffen auf die EU und die weltoffene Gesellschaft neige. Wenn das Bundestagswahlergebnis den Umfragewerten, die zwischen elf und 13 Prozent liegen, entspräche, wäre Hofreiter höchst zufrieden.

Kein Wunder: 2013 kamen die Grünen auf 8,4 Prozent. Folgende Themen spielen für ihn eine zentrale Rolle. Industriegesellschaft umbauen: "Wir sind dabei, unsere Lebensgrundlagen ernsthaft zu gefährden", sagt der promovierte Botaniker in Bezug auf Klimakrise und Artensterben. Mit dem steigenden Meeresspiegel lasse sich schwer verhandeln. Keiner wisse, wie die Weltgemeinschaft es stemmen solle, wenn ganze Länder im Meer verschwinden. Manche glaubten, das sei weit weg. "Aber das dachte man bei anderen Krisen auch", betont Hofreiter. Krisen, die nun massiven Druck auf die EU ausübten. "Es ist für uns ganz wichtig, dass wir die Industriegesellschaft so umbauen, dass wir unseren Wohlstand erhalten, ohne unsere Lebensgrundlagen zu zerstören."
Er bedauere, dass "Deutschland, das bei den erneuerbaren Energien technologisch führend war, den Mut verloren hat". Hofreiter will "raus aus der Kohle" und einen naturschutzfachlich gut geplanten Ausbau der Windenergie. Der Rotmilan sei sehr gefährdet, aber plötzlich gebe es ihn überall. Daran glaube er nicht.

Eine weitere wichtige Aufgabe für die Grünen sei es, die Europäische Union gegen rechtspopulistische Angriffe zu verteidigen. Die EU sei so im Stress wie schon lange nicht mehr. Wegen vermeintlich ferner Krisen.
Hofreiter fürchtet aber auch, was geschehen könnte, wenn Marine Le Pen die französischen Präsidentschaftswahlen gewinnt. "Die EU ist der Rahmen, der uns Wohlstand, Frieden und Demokratie ermöglicht", sagt er.

Verkehr: "Locken und Schieben" ist aus Hofreiters Sicht die Strategie um die Autoindustrie so weit zu bringen, dass ab 2030 nur noch Null-Emissionsautos zugelassen werden. Ein Ziel, das viel realistischer sei, "als die Autoindustrie glaubt". Diese solle nicht so fortschrittsfeindlich und technologiefeige sein. Es gelte, Ladestationen zu bauen, Kaufprämien zu zahlen und in Batterienforschung zu investieren. In Hofreiters Vision vom Verkehr der Zukunft sind Bahnhöfe Mobilitätsdrehscheiben, an denen der Bus tatsächlich wartet, wenn der Zug kommt. Da alle Unternehmen digital zusammenarbeiten, ist nur noch eine Fahrkarte nötig. Und auf dem Dorf, wo kein Zug hält und kein Bus fährt? "Es ist mir bewusst, dass es viele Regionen gibt, in denen Sie ohne Auto nicht zurechtkommen", sagt er. Aber die sind in Zukunft ja sauber.

Landwirtschaft: Ziel sei es, die lokale Landwirtschaft zu stärken und binnen 20 Jahren aus der Massentierhaltung auszusteigen. Dazu will Hofreiter Steuergeld anders verteilen und die Standards so verändern, dass kleine Betriebe eine Chance haben.

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