Schleichfahrt mit dem Ring: CDU-Opposition will Prüfbericht langsam im Landtag aufarbeiten

Mainz · Keine Rücktrittsforderungen an die Landesregierung, vorerst kein Untersuchungsausschuss: Die CDU-Opposition will das Thema Nürburgring im Landtag auf kleiner Dauerflamme köcheln. Rot-Grün macht mit - um die Vorwürfe nacheinander zu entkräften.

Mainz. In der Politik bedeuten kleine, versteckte Zeichen oft viel mehr als große Worte. Sie verraten die Strategien der Parteien.
Zeichen 1: Am Mittwoch wird aufgrund des neuen Rechnungshof-Gutachtens zum Nürburgring ein Generalangriff der Union im Landtag erwartet, zu dem es aber nicht kommt. Die CDU hat sich für eine andere Vorgehensweise entschieden. Sie will die Erkenntnisse der Prüfer in den kommenden Monaten in vier Ausschüssen langsam aufarbeiten: Innen, Wirtschaft, Recht, Finanzen.
Sichtbaren Ausdruck findet das darin, dass Oppositionsführerin Julia Klöckner anderen das Reden überlässt. Fraktionsvize Adolf Weiland ergreift im Wesentlichen das Wort, unterstützt von Alexander Licht.
Zeichen 2: Ministerpräsidentin Malu Dreyer schweigt. Sie lässt sich von den CDU-Forderungen, öffentlich Stellung zu nehmen, nicht aus der Reserve locken. Die Sozialdemokraten wollen die Regierungschefin offensichtlich schützen. Ebenso wie Innenminister und SPD-Chef Roger Lewentz, der ebenfalls nichts sagt.
Verteidigen dürfen - oder müssen - sich diejenigen, die ohnehin schon im Kreuzfeuer der Kritik stehen: SPD-Fraktionschef Hendrik Hering und Finanzminister Carsten Kühl. Beide sind die Architekten des "Zukunftskonzeptes 2010" zum Ring, das der Rechnungshof angeprangert hat.
Zeichen 3: Für die Grünen tritt Fraktionschef Daniel Köbler ans Rednerpult und begründet ausführlich die Position seiner Partei. Offenbar haben die Grünen mit Blick auf den schwierigen Spagat zwischen Regieren und Kritisieren (der SPD) Erklärungsbedarf.
Die Vorwürfe der Opposition sind hart: Adolf Weiland spricht von "bewussten Entscheidungen gegen die Wirklichkeit und für die gezielte Irreführung".
Es habe in Sachen Nürburgring "ein Netzwerk von Personen" gegeben, jede habe sich ganz individuell verhalten. Der gesamte Regierungsapparat habe dann "bewusst und gezielt zusammengewirkt", um sich mit dem gescheiterten Zukunftskonzept "irgendwie über die Landtagswahl 2011 zu retten". Weiland: "Das ist das eigentliche Epizentrum dieses Skandals." Der CDU-Politiker unterstreicht, die von der Landesregierung ins Feld geführte Expertise der Berater sei hinfällig. "Berater sind keine Entscheider und keine Bäume, hinter denen man sich verstecken kann." Weiland stellt klar, die Union wolle das Thema seriös abarbeiten und erhebe deshalb keine Rücktrittsforderungen. Einen Untersuchungsausschuss schließe man nicht aus, lasse das bewusst offen.
SPD-Fraktionschef Hendrik Hering, damals Wirtschaftsminister, betont, 2010 bei den Rettungsversuchen des Rings "nach bestem Wissen und Gewissen" gehandelt zu haben. Den Vorwurf der Wählertäuschung "weise ich mit aller Deutlichkeit zurück". Die Expertise der Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young stehe gegen die des Rechnungshofs. Das werde man in den Ausschüssen im Detail belegen. Damals sei der Kurs am Ring umfänglich korrigiert worden. Das Geld, also 330 Millionen Euro für den Ausbau der Eifel-Rennstrecke, sei längst ausgegeben gewesen. Dass die Landesförderbank ISB ein Darlehen bereitstellte, sei nur eine Umfinanzierung gewesen. Das Land habe dafür bereits zuvor gehaftet. Hering: "Ich habe es als meine Pflicht empfunden, die Empfehlungen umzusetzen, weil es die beste Möglichkeit war."
Finanzminister Carsten Kühl hebt hervor, das Zukunftskonzept sei erfolgversprechender gewesen als die vorherige Konzeption seines Vorgängers Ingolf Deubel. Die ISB habe den Kreditauftrag erledigt, wobei der Kredit rechtlich zulässig gewesen sei. Erst mit der Insolvenz des Nürburgrings 2012 sei das Konzept endgültig gescheitert. Kühl: "Unsere Aufgabe ist, Probleme zu lösen. Da gehört die Möglichkeit des Scheiterns dazu."
Gegen den Vorwurf von CDU-Fraktionsvize Alexander Licht, die Insolvenz des Rings schon 2010 im Kopf gehabt zu haben, sich jedoch nach einer Risikoabschätzung zu einer Wählertäuschung entschieden zu haben, verwahrt sich der Minister. Die Unterstellung einer Insolvenzverschleppung sei "höchst unanständig" sagt Kühl. Fortführungsprognosen zweier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften jeweils von 2007 bis 2010 seien der Beweis, dass eine Insolvenz damals nicht gedroht habe.
Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler zieht den Schluss, man habe seit dem Regierungsantritt 2011 viel bewegt. "Wir sind noch nicht am Ziel, aber auf dem richtigen Weg." Der CDU seien "Ruinen in der Eifel lieber, als dass die Landesregierung Erfolg hat".

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