Schluss mit Hinterzimmer-Politik: Gremien müssen öffentlich tagen - Neue Gemeindeordnung in Rheinland-Pfalz

Trier/Mainz · Für Politiker in Rheinland-Pfalz wird es schwieriger, heiße Themen hinter verschlossenen Türen zu besprechen. Mit der neuen Gemeindeordnung, die am 1. Juli in Kraft tritt, ist das nur noch in Ausnahmefällen möglich. Zudem wird es für Bürger leichter, ihre Sorgen und Wünsche einzubringen.

 Mit einer Videokamera wird eine Gemeinderatssitzung aufgenommen. Symbolfoto: dpa

Mit einer Videokamera wird eine Gemeinderatssitzung aufgenommen. Symbolfoto: dpa

Foto: Rolf Haid (dpa)

Fehlendes Geld, ein umstrittenes Baugebiet, ein neuer Windpark - über heikle Themen diskutieren kommunale Ausschüsse gern erst einmal unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das soll demnächst anders laufen. Denn am 1. Juli tritt in Rheinland-Pfalz eine neue Gemeindeordnung in Kraft, die zum einen für mehr politische Transparenz sorgen soll und zum anderen dafür, dass normale Bürger es leichter haben, sich am politischen Geschehen zu beteiligen.

Ratssitzungen und auch die vorbereitenden Sitzungen in den Ausschüssen sind ab Juli generell öffentlich. Nur wenn "Gründe des Gemeinwohls" oder "schutzwürdige Interessen Einzelner" (das ist zum Beispiel bei Personalangelegenheiten der Fall) dagegen sprechen, darf noch nicht-öffentlich verhandelt werden. Die Möglichkeit, Themen aus anderen Gründen hinter verschlossenen Türen zu besprechen, entfällt. Zudem ermöglicht es die neue Gemeindeordnung, Sitzungen zu filmen, auf Tonband aufzunehmen oder live im Internet zu übertragen. So können Trierer Sitzungen ihres Stadtrats bald live im offenen Kanal verfolgen.

Auch wenn es ums knappe Geld geht, bekommen Bürger mehr Mitspracherecht. Die neue Gemeindeordnung verpflichtet Kommunen, ihre Haushaltsentwürfe zwei Wochen lang auszulegen, damit Einwohner Zeit haben, diese zu begutachten und Vorschläge einzureichen. Erst wenn der Rat die Vorschläge gesichtet hat, darf er über den Haushaltsplan abstimmen.

Zudem sorgt das neue Gesetz dafür, dass die Hürden für Einwohneranträge, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide künftig deutlich niedriger sind.

Die Meinungen zu den Neuerungen gehen weit auseinander. Der Gemeinde- und Städtebund (GStb) fürchtet, dass sie das politische Alltagsgeschäft komplizierter machen. Muss demnächst doch abgestimmt werden, wenn ein Tagespunkt nichtöffentlich verhandelt werden soll. "Gerade in den Ausschuss-Sitzungen findet erst eine Annäherung an die Themen statt, und es ist nicht immer vorhersehbar, was diskutiert wird", sagt Agneta Psczolla vom Gemeindebund.

Unter den Politikern der Region freuen sich die einen über mehr Transparenz und direktdemokratische Beteiligung der Einwohner. Die anderen halten das Gesetz für überflüssig, da es in den überwiegend kleinen Kommunen ohnehin eine große Bürgernähe gebe. Zudem fürchten sie Schaufensterreden wie im Bundestag. Mehr zum Thema

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