Schüsse auf Polizisten in Bleialf: Staatsanwaltschaft fordert hohe Haftstrafen wegen versuchten Mordes

Trier · Nach fast achtmonatigem Prozess vor dem Trierer Landgericht sieht es die Staatsanwaltschaft als erwiesen an, dass die drei Angeklagten im vergangenen Jahr bei der Flucht nach einem geplanten Banküberfall auf Polizisten geschossen und in Kauf genommen haben, diese zu töten. Die Anklagebehörde fordert hohe Haftstrafen für die Männer im Alter von 25 bis 39 Jahren.

Eric Samel hat sich die vergangenen fast acht Monate zeitweise wie in einem Märchen gefühlt. Jedenfalls wirft der Staatsanwalt den drei Angeklagten vor, ihm und seiner Kollegin Stefanie Wöste jede Menge Lügengeschichten während des seit Ende Januar laufenden Prozesses vor dem Trierer Landgericht aufgetischt zu haben. Auf der Anklagebank sitzen die drei Männer, die im April vorigen Jahres in Bleialf (Eifelkreis Bitburg-Prüm) auf Polizisten geschossen haben, als diese das Trio verfolgten. Ein Schuss hat einen Polizeiwagen getroffen und einen Polizisten nur knapp verfehlt.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Männern vor, von Brüssel aus in die Eifel gekommen zu sein, um dort eine Bank zu überfallen. Als sie in Bleialf dann von Polizisten in Zivil beobachtet worden seien, sollen die drei Männer filmreif über enge Eifelstraßen geflohen sein, verfolgt von mehreren Polizeiwagen, bis ins nahe Belgien, wo sie dann schließlich festgenommen wurden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem versuchten Mord vor, weil sie es billigend in Kauf genommen hätten, dass durch die Schüsse auf Polizeiautos Menschen hätten getötet werden können.
Bei den drei Männern handele es sich jedenfalls nicht um "harmlose Touristen auf Kaffeefahrt in der Eifel", sondern "um Berufskriminelle, die durch Zufall auf frischer Tat ertappt worden seien", sagt Samel im Plädoyer der Staatsanwaltschaft.

Doch wie diese Tat aussehen sollte, darin haben sich die drei Angeklagten während des Prozesses immer wieder widersprochen. Der 39-Jährige, den Samel als Kopf des Trios und als besonders gefährlich bezeichnet, hat einmal vor Gericht gesagt, unbekannte Albaner hätten ihn in Brüssel mit einer Waffe gezwungen, in die Eifel zu fahren, um dort Geld zum Begleichen seiner Schulden zu beschaffen. Von einem Banküberfall habe er nichts gewusst. Und die beiden anderen Männer (25 und 27 Jahre alt ) habe er gar nicht gekannt.

Am nächsten Tag sei er dann zusammen mit den beiden Männern in den silbernen Kombi mit deutschem Kennzeichen gestiegen, der Albaner habe das Navigationsgerät programmiert und er sei dann den Routenanweisungen gefolgt. Wohin er fahren sollte, habe er nicht gewusst. Ein "Märchen aus Tausend und einer Nacht" wie Samel süffisant meint. Genau wie wohl die spätere Version, sie seien nach Bleialf gefahren, weil ein Albaner ihnen gesagt habe, dort lebe in einer Villa ein altes Ehepaar, das eine Million Euro Schwarzgeld habe, die seien leicht zu überfallen.

Den Vorwurf des versuchten Mordes begründet Samel damit, die drei Männer hätten mit den Schüssen auf die Polizisten verdecken wollen, dass sie mit gestohlenen Wagen, geklauten Kennzeichen, illegalen Waffen und falschen, bulgarischen Papieren unterwegs gewesen seien. Bei ihrer Flucht, bei der wohl der auf dem Beifahrersitz sitzende 27-Jährige aus dem Fenster auf ein hinter ihnen und einmal auf ein vor ihnen fahrendes Polizeiauto geschossen haben soll, hätten sie aus niedrigen Beweggründen mit den Schüssen versucht, sich einer Strafe zu entziehen. Das sei ein Mordmerkmal und rechtfertige die Verurteilung für versuchten Mord. Staatsanwältin Wöste fordert achteinhalb Jahre Haft für den Älteren, der das Auto gefahren haben soll, acht Jahre für den angeblichen Schützen und sechs Jahre für den 25-Jährigen, der hinten im Wagen gesessen haben soll.

Dessen Verteidigerin, Monika Kühne, sieht den Mann jedoch höchstens schuldig wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Einen versuchten Mord habe man ihrem Mandanten nicht nachweisen können. "Es ging ihm nicht darum zu töten, sondern um zu flüchten", argumentiert auch Anne Bosch, Verteidigerin des vermeintlichen Schützen auf dem Beifahrersitz. Er sei sicher ein "kleiner Gauner", der Internetbetrügereien begangen habe und sicher auch "Böses" bei der Fahrt nach Bleialf im Sinn gehabt habe, aber er habe niemanden töten wollen, sagt Bosch. Die Schüsse hätten nur die Reifen der Polizeifahrzeuge treffen sollen.

Die drei seien in Panik geflüchtet, hätten aber keine Tötungsabsicht gehabt, sagt auch die Verteidigerin des 39-Jährigen, Katrin Braun.

Alle Verteidiger fordern eine milde Strafe und einen Freispruch vom Vorwurf des versuchten Mordes. Am Dienstagvormittag will das Landgericht das Urteil fällen.

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