Schulpraxis statt Theorie

MAINZ. (win) Lehramtsstudenten sollen ein Jahr nach Ausbildungsbeginn in ihrer Eignung für den angestrebten Beruf bewertet werden. Die Beurteilung ist Teil einer verstärkt auf die Schulpraxis ausgerichteten neu organisierten Lehrerausbildung.

In der Lehrerausbildung soll künftig entschieden mehr Gewicht auf pädagogische Anforderungen gelegt werden. Und das Studium wird auf die Schulpraxis ausgerichtet. Als erstes Bundesland hat Rheinland-Pfalz verbindliche Vorgaben für den bildungswissenschaftlichen Teil der Studiengänge vorgelegt, die von einer Expertengruppe unter Leitung des Bildungswissenschaftlers Professor Jürgen Oelkers (Universität Zürich) erarbeitet wurden. Laut Oelkers gibt es keinen optimalen Unterricht, wenn nicht die Qualifikation der Lehrer verbessert wird. Doch über Jahrzehnte wurde nach seiner Einschätzung deren Ausbildung vernachlässigt. Beliebigkeit in den Vorgaben brachte aus seiner Sicht Wirkungslosigkeit in der Praxis hervor. Künftig sollen die pädagogische Qualifikation verbreitert und die Anforderungen der Schule verstärkt zur Richtschnur gemacht werden. Nicht die Zufälligkeit eines Lehrangebots werde die Ausbildung bestimmen, sondern die für einen guten Unterricht tatsächlich zu erwartende Qualifikation, so Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner (SPD). Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) verlangt vor allem, dass Stärken und Schwächen von Schülern erkannt werden, um Unterrichtsmethode und Förderung daran auszurichten. Da Lehramtsstudenten bald ab dem ersten Semester mit Schulpraxis in Berührung kommen, fordert Ahnen, dass sie künftig mit genauen Vorstellungen von Schule die Universität verlassen. Auf Vorschlag der Expertengruppe soll nach dem ersten Ausbildungsjahr die Eignung der Studenten für den Lehrerberuf abgeklärt werden. Danach könnte laut Oelkers auch die Empfehlung zu einem Studienwechsel folgen. Bis 2008 wird landesweit die organisatorische Neugliederung der Lehramtsausbildung in ein dreijähriges, weitgehend schulartübergreifendes Grundstudium, das mit dem Bachelor abgeschlossen werden kann, und ein weiterführendes Master-Studium umgesetzt werden. Mit der Reform soll auch teilweise die Ausbildungsdauer verkürzt werden, studieren doch die Gymnasiallehrer in Deutschland nach Oelkers Worten "weltmeisterlich lang".

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