Schweitzer mit Überblick

Mainz · Tagtäglich sieht er die Welt von oben, aber die SPD will er von unten stark machen. Der neue SPD-Generalsekretär Alexander Schweitzer soll künftig zum augenfälligen Garanten dafür werden, dass an der rheinland-pfälzischen Sozialdemokratie so schnell keine andere politische Kraft vorbeikommt. Der Hüne aus der Pfalz schafft es immerhin auf stolze 2,06 Meter.

Mainz. Der neue Generalsekretär der rheinland-pfälzischen Sozialdemokraten, Alexander Schweitzer, gilt als eines der großen jungen Talente in der SPD: zupackend, basisnah, ideenreich. Mit 35 wurde er bereits Staatssekretär, mit 37 hat ihn die Partei mit überwältigender Mehrheit zum Generalsekretär gewählt. Er löst die Moselanerin Heike Raab ab, die trotz Fleiß und Einsatzwillen nie unumstritten war. Die 46-jährige Cochemerin macht nun den umgekehrten Weg wie Schweitzer und tauscht das Amt der Generalsekretärin gegen einen Platz in der Regierung ein. Sie wird Staatssekretärin im Innen- und Infrastrukturministerium.
Schweitzer weiß, dass viel von ihm erwartet wird. Die Partei wünscht sich einen angriffslustigen "General", der die politische Konkurrenz mit rhetorischer Treffsicherheit in die Schranken weist. Seine Mission sind die Attacke, das plakative Zuspitzen, das argumentative Duell. Und dabei muss Schweitzer zugleich sympathisch rüberkommen. Die höfliche, verbindliche Art des Wirtschaftsstaatssekretärs wird ihm dabei helfen. Doch ein Generalsekretär wirkt nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. Er mobilisiert seine Partei für Kampagnen, wirbt um Mitglieder, hält den organisatorischen Apparat am Laufen. Schweitzer, der als Generalsekretär und SPD-Landesgeschäftsführer in Personalunion amtiert, wird die ersten Wochen viel reisen müssen. "Wichtig ist, dass ich das Ohr an der Basis habe", sagt er.
Einer seiner ersten Wege führt ihn demnächst dorthin, wo der rot-grüne Koalitionsvertrag für Unmut sorgt. Bei den Genossen am Mittelrhein etwa ist der Ärger noch immer groß, dass die SPD den Bau der Rheinbrücke nicht durchsetzte. "Zudem werde ich mit Kritikern der OLG-Pläne reden", verspricht der scheidende Staatssekretär, der auf Beamtenstatus und Dienstwagen mit Fahrer verzichtet. In Koblenz wehren sich Richter und Justizangestellte dagegen, dass der Sitz des Oberlandesgerichts und ein Teil des Personals nach Zweibrücken verlagert werden sollen.
Heimorgel statt Bass


In der tagtäglichen Arbeit will Schweitzer vor allem die SPD-Basis unterstützen. "Dort sind Ehrenamtliche im Einsatz. Ihnen müssen wir die Arbeit so leicht wie möglich machen", so der "General". Trotz schrumpfender Bevölkerung will Schweitzer das dichte Netz an SPD-Geschäftsstellen erhalten. Schweitzer weiß aus langjähriger Erfahrung, wie sich Kärrnerarbeit anfühlt.
Der SPD-Politiker ist internet-affin. Zu Kommunikationsdiensten wie Twitter pflegt er ein inniges Verhältnis. Er wird ein Generalsekretär sein, den man auf vielerlei Weise erreichen kann. Und er kann sich vorstellen, die Meinung der Parteibasis künftig stärker zu gewichten. Eine andere Idee: Schweitzer will offene Tagungen nach dem "BarCamp-Modell" organisieren. Hier wird beispielsweise ein bildungs- oder wirtschaftspolitisches Thema in einer Art Gruppenmoderation diskutiert: offen, kreativ, unhierarchisch. Der Vordenker ist überzeugt, dass sich seine Partei erneuern muss, wenn sie stark bleiben will.
In die SPD fand der gebürtige Landauer über den Kampf gegen den Rechtsextremismus. Später reifte in ihm die Erkenntnis, "dass es per se keinen Interessenausgleich in der Gesellschaft gibt. Schwächere brauchen Stärkere, um sich durchzusetzen." Und wenn er kein Politiker geworden wäre? "Vielleicht Bassist in einer Erfolgsband", sagt er. Doch dafür wurden die Weichen wahrlich falsch gestellt. Schweitzer lernte Heimorgel.
Heute bestimmt die SPD-Fraktion ihre neue Führung. Dabei läuft es vermutlich auf folgende Zusammensetzung hinaus: Hendrik Hering (Fraktionschef), Barbara Schleicher-Rothmund (Parlamentarische Geschäftsführerin). Fraktionsvize werden Günther Ramsauer, Alexander Fuhr, Carsten Pörksen (alle bisher bereits in dieser Funktion). Neu als Stellvertreter amtieren künftig Astrid Schmitt (Vulkaneifel) und die Mainzerin Ulla Brede-Hoffmann. DB

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