Schwierige Grauzone

TRIER. (DiL) Die Erhebung von "Fangprämien" bei ertappten Ladendieben ist eine rechtlich komplizierte Grauzone. Berechtigte Notwehr und unzulässige Selbstjustiz liegen nahe beieinander, und oft stehen Ladendetektive und –inhaber schneller mit einem Bein im Gefängnis als die Diebe.

In immer mehr Geschäften ist der Hinweis auf die "Fangprämie", die meistens als "Aufwandsentschädigung" oder "Kostenpauschale" firmiert, unübersehbar. Jeder ertappte Ladendieb müsse sie entrichten, verkünden großflächige Plakate. Das Bundesverfassungsgericht hat 1979 eine solche Möglichkeit grundsätzlich bejaht. Allerdings geht es dabei "nur" um einen zivilrechtlichen Schadenersatz-Anspruch, Strafen darf allein die Justiz verhängen. Also kann das Geschäft nur die Erstattung einer Prämie verlangen, wenn durch das Fangen des Ladendiebs im konkreten Einzelfall auch entsprechende Kosten entstehen. Die allgemeinen Ausgaben für Sicherheitsvorkehrungen dürfen dabei nicht angerechnet werden. Zudem hat das Verfassungsgericht festgehalten, dass die Summe "angemessen" sein muss und darauf hingewiesen, dass die Erhebung in "Bagatellfällen unzulässig" sein kann. Seinerzeit betrachtete man 50 D-Mark als Höchstgrenze für eine Pauschale, heute dürfen es nach Auffassung etwa der Trierer Staatsanwaltschaft maximal 50 Euro sein. Allerdings ist es keine Seltenheit, dass zur Abschreckung 100 Euro und mehr verlangt werden - ein riskantes Spiel für die Geschäfts-Inhaber. Aber selbst die Erhebung von 50 Euro ist problematisch, wenn es etwa um geklaute Ware im Cent-Bereich geht. Ebenso, wenn Kinder und Jugendliche - ein erheblicher Teil der Diebstahls-Klientel - die Täter sind. Noch komplizierter ist die Frage des Umgangs mit einem ertappten Dieb. Kann er sich ausweisen, dürfen Ladenbesitzer oder -detektiv lediglich seine Personalien feststellen und eine Anzeige bei der Polizei erstatten. Weigert er sich, seinen Ausweis zu zeigen oder bestreitet er den Diebstahl und verweigert beispielsweise das Öffnen seiner Taschen, dann darf er bei klaren Verdachtsmomenten bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten werden. Durchsuchen darf ihn nur die Polizei. Weder Detektiv noch Ladeninhaber haben das Recht, einen Ladendieb festzuhalten, nur weil er die Zahlung einer Fangprämie verweigert. Sie müssen ihren zivilrechtlichen Anspruch gegebenenfalls später auf dem Rechtsweg einklagen. Ebenso ist es unzulässig, die Erstattung oder Nicht-Erstattung einer Anzeige mit der Zahlung der Prämie zu koppeln. Eine Aussage nach dem Motto "Wenn Sie zahlen, verzichten wir auf eine Anzeige" würde womöglich - wie im Trierer Fall - als Erpressung angeklagt. Den Anspruch auf die Erstattung einer Fangprämie durch den Dieb hat nur der Geschädigte, also das betroffene Geschäft - nicht der Detektiv. Seriöse Unternehmen bezahlen deshalb ihre Sicherheits-Leute aus der eigenen Kasse und behalten die vom Dieb gezahlte Prämie ein. Im Trierer Fall hatte der Detektiv im Einvernehmen mit dem Laden persönlich kassiert. Ein rechtlich zumindest fragwürdiges Verfahren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort