Schwierige Suche nach Altersarmut

MAINZ. "Versteckte Altersarmut" soll die 2003 eingeführte Grundsicherung beseitigen. Doch der Erfolg der neuen Sozialleistung, die im vergangenen Jahr 23 400 Menschen in Rheinland-Pfalz zugute kam, wird sehr unterschiedlich bewertet.

Nicht nur Senioren über 65, auch dauerhaft erwerbsunfähige Menschen wie Behinderte oder Invaliden, die früher den Gang zum Sozialamt scheuten, kann die Grundsicherung aus einer möglichen verschämten Armut herausholen - ohne, dass die nächsten Angehörigen befürchten müssen, als Unterhaltspflichtige zur Kasse gebeten zu werden. Ein Großteil der 23 400 Menschen, die im Jahr 2003 Leistungen nach dem Gesetz bezogen, erhielten allerdings vorher bereits Sozialhilfe. Fast zwei Jahre nach Start der Grundsicherung, deren Regelsatz 15 Prozent über der Sozialhilfe liegt, fallen daher die Bilanzen unterschiedlich aus.VdK will stärkere Absicherung über die Rente

Die versteckte Armut im Land gibt es offensichtlich nicht in dem befürchteten Umfang, sagt die Sprecherin des Mainzer Sozialministeriums, Beate Fasbender-Döring, auf Nachfrage. Dennoch macht nach ihrer Auffassung die Grundsicherung Sinn, um Unterstützung zu leisten. Der Sozialverband VdK stand der Neuerung von Anfang an skeptisch gegenüber, forderte stattdessen eine stärkere Absicherung der Betroffenen über das Rentensystem. Eine Verbesserung der finanziellen Lage junger Erwerbsunfähiger räumt der Verband zwar ein. Doch bereits Monate nach Einführung zeigte sich laut VdK, dass die Hilfe nicht greife wie erhofft, weil etwa Wohneigentum manchem Kleinrentern einen Anspruch verbaute. Zwar gingen die rheinland-pfälzischen Kommunen davon aus, dass die Bundesgelder in Höhe von rund 13 Millionen Euro bei weitem nicht reichten, um den zusätzlichen Bedarf finanziell abzudecken. Doch scheint sich zumindest für 2003 keine deutliche Deckungslücke auf zu tun. Der Großteil der Brutto-Ausgaben von knapp 75 Millionen Euro landesweit wäre ohnehin als Sozialhilfe fällig geworden. Im Kreis Bitburg-Prüm kamen die bewilligten 548 Anträge auf Grundsicherung nach Angaben von Pressesprecher Rudolf Müller weitgehend von Sozialhilfeempfängern. Auch gab es nach Einrechnung des Bundeszuschusses bei Ausgaben von 1,3 Millionen Euro keine Mehrbelastungen für den Kreis. Die Dunkelziffer bei der versteckten Armut ist offenbar so groß nicht, sagt auch Müller. In Trier meldet dagegen das Sozialdezernat, dass 2003 in nahezu 170 der 1276 Fälle Grundsicherung gezahlt wurde, ohne dass vorher Sozialhilfe floss. Auch hier heißt es, dass die zusätzliche finanzielle Belastung der Stadt angesichts der Bundesgelder von 443 000 Euro weniger dramatisch war als befürchtet. Die Dunkelziffer verschämter Armut wurde zwar gesenkt, aber es gibt sie durchaus noch, ist man in der Sozialverwaltung sicher.

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