Shiraz und Douglasie statt Riesling und Fichte

Trier · Hitzetage mit Temperaturen bis 41 Grad, trockene Sommer und nasse, warme Winter: Was der Klimawandel für Forstwirtschaft und Weinbau in der Region bedeutet, darum ging es gestern unter anderem beim ersten Trierer Waldforum.

 Walderbe trifft Welterbe: Unter diesem Motto macht zurzeit die bundesweite Ausstellungstournee zum Internationalen Jahr der Wälder Station auf dem Vorplatz der Porta Nigra. Noch bis Montag wird die Fassade von Triers Wahrzeichen abends in ein Lichtkunstwerk mit Waldbildern und tiefsinnigen Gedanken zum Naturschutz verwandelt. Tafeln informieren über Funktionen und Wert der Ressource Wald. TV-Foto: Friedemann Vetter

Walderbe trifft Welterbe: Unter diesem Motto macht zurzeit die bundesweite Ausstellungstournee zum Internationalen Jahr der Wälder Station auf dem Vorplatz der Porta Nigra. Noch bis Montag wird die Fassade von Triers Wahrzeichen abends in ein Lichtkunstwerk mit Waldbildern und tiefsinnigen Gedanken zum Naturschutz verwandelt. Tafeln informieren über Funktionen und Wert der Ressource Wald. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Bitterkalt ist es gewesen. Wochenlang bedeckten Schneemassen im vorigen Winter Straßen und Felder. Und auch, dass die gerade zurückliegenden Sommermonate eher kühl waren, scheint Professor Günther Heinemanns These von der Klimaerwärmung zu widersprechen. "Tatsächlich sah es bei uns zuletzt anders aus. Aber global und über einen langen Zeitraum gesehen, erwärmt sich das Klima." Auch in der Region Trier. Um vier bis fünf Grad Celsius werde bis zum Jahr 2100 im Moseltal und auch auf den umliegenden Höhenzügen die Jahresdurchschnittstemperatur von gut neun Grad auf etwa 13 bis 14 Grad steigen, berichtet der Trierer Professor auf dem ersten Waldforum in Trier vor Förstern, Naturschützern und Politikern. Während in den 1960er Jahren die wärmsten Sommertage 35 bis 37 Grad warm waren, sollen im kommenden Jahrzehnt im Moseltal Höchsttemperaturen von 39 bis 41 Grad erreicht werden. Zudem soll es im Sommer deutlich mehr und längere Trockenperioden geben. Statt der in der Region Trier im Sommerquartal bislang üblichen 200 Milliliter Regen pro Quadratmeter wird die Menge auf nur noch 50 bis 100 Milliliter sinken, erklärte Heinemann.
"Eine Temperatursteigerung von vier bis fünf Grad - das wäre schon eine Hausnummer", sagt Wilfried Zipse, Leiter der Fachgruppe Weinbau beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bernkastel-Kues. Die Winzer im Moseltal müssten dann wohl auf eine andere Unterlage umsteigen. Die Unterlage ist der Teil der Weinrebe, der im Boden wurzelt und auf dessen oberes Ende das Edelgehölz, zum Beispiel eine Riesling-Rebe, aufgepfropft wird. "Kommt die Erwärmung und gleichzeitig längere Trockenperioden, müssten Unterlagen gepflanzt werden, die damit zurechtkommen und die zum Beispiel den Riesling dann später reifen lassen", sagt Zipse. In Steillagen, die schlecht Regen speichern, könnte man zudem über Bewässerungsanlagen nachdenken. Der Anbau anderer Rebsorten wie Shiraz, der in trockenen, heißen Gebieten wächst, könnte laut Zipse ebenfalls sinnvoll sein.
Auch die Forstwirtschaft richtet sich auf andere Umweltbedingungen ein. Als gefährdet gilt die Fichte. Sie zählt zu den Flachwurzlern, die sich bei längeren Trockenperioden nicht mit Wasser aus tieferen Erdschichten versorgen können. Ist die Fichte durch Trockenheit geschwächt, ist sie zudem anfällig für den zerstörerischen Borkenkäfer.
Die vermehrt aufgeforsteten Buchen sind für die Fortwirtschaft allerdings kein Ersatz für die viel schneller wachsenden Fichten. "In der Holzindustrie wird die Fichte durch die Douglasie ersetzt, die wir bereits seit 20 Jahren verstärkt anbauen", sagt der Trierer Forstamtsdirektor Gundolf Bartmann. Die aus Nordamerika stammende Douglasie wurzelt tiefer als die Fichte und verträgt dadurch Trockenperioden besser. Fast die Hälfte der 834 000 Hektar rheinland-pfälzischer Wald - umgerechnet immerhin rund 1,4 Millionen Fußballfelder - ist im Besitz von rund 2000 Kommunen. Weitere 25 Prozent der Waldfläche gehören dem Land. Und auch bei der Pflege und Bewirtschaft der Privatwälder stehen die 45 Forstämter des Landes beratend zur Seite. Die Politik hat es also weitgehend in der Hand, wie und wozu der Wald genutzt wird.
In ihrer ersten großen Rede zur Forstpolitik stellte Landesministerin Ulrike Höfken (Die Grünen) am Freitag beim ersten Trierer Waldforum zwei ihrer Hauptthemen vor:
Der Forst soll in den nächsten Jahren verstärkt als Standort für Windkraftanlagen genutzt, die Strommenge aus Wind bis 2020 verfünffacht werden.
Neben Baden-Württemberg ist Rheinland-Pfalz das einzige Bundesland ohne Nationalpark. Das soll sich ändern - was bislang wenig Begeisterung erntet: In einem Nationalpark dürfte der Wald nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden.Beim vom Trierer Forstamt und der Stadt Trier organisierten Waldforum referierten in der Europäischen Rechtsakademie neben Umweltministerin Höfken sechs Experten zu Umweltschutz, Forstwirtschaft und Klimawandel und tauschten sich bei einer von TV-Redakteur Dieter Lintz moderierten Diskussion aus. Die zentrale Veranstaltung in Rheinland-Pfalz zum Internationalen Jahr der Wälder soll sich als Expertenforum etablieren. woc

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