„Sie haben ein Problem, Frau Klöckner“: CDU-Spendenaffäre erreicht neue Dimension

Mainz · Statt Fragen zum sich ausweitenden Spendenskandal der rheinland-pfälzischen CDU zu beantworten, lässt sich Parteichefin Julia Klöckner auf der Klausurtagung im Wallfahrtsort Maria Laach feiern. Sehr zur Häme der gegnerischen Parteien.

Während ihr Generalsekretär Patrick Schnieder in Mainz davon spricht, dass die Situation für die CDU "vor allem politisch sehr ungemütlich ist", strahlt seine Parteichefin Julia Klöckner zeitgleich im Wallfahrtsort Maria Laach in die Kamera. "Mitreden. Mitmachen. @JuliaKloeckner eröffnet die Klausurtagung", teilte die rheinland-pfälzische CDU per Twitter mit. Kein Wort darüber, dass zu diesem Zeitpunkt quasi die Hütte brennt in der Parteizentrale am Mainzer Rheinufer.

"Mitgeredet. Mitgemacht. Maussfalle", twittert SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer umgehend - und spielt damit auf den Spendenskandal der CDU an, der gestern eine neue Dimension erreicht hat. Seit 1968 hat der ehemalige Top-Agent Werner Mauss über eine Anwaltskanzlei oder unter seinem bekannten Tarnnamen Richard Nelson dem CDU-Kreisverband Cochem-Zell und auch der Landes-CDU Geld überwiesen.

Schnieder gibt zu, dass der Name Nelson, "der offensichtlich personenidentisch ist mit Herrn Mauss", dem Kreisverband bekannt gewesen ist. Nelson ist in der Tat kein Unbekannter im Kreis Cochem-Zell. Seit 1968 lebt er in dem Ort Altstrimmig, nachdem er sich dort - unter dem Namen Nelson - eine Luxusvilla gekauft hat. Schon damals wurde gemunkelt, dass er die Kreisverwaltung möglicherweise geschmiert habe, um die Baugenehmigung für sein riesiges Anwesen zu erhalten. Warum er der CDU seit dieser Zeit regelmäßig Geld überwiesen hat, das bleibt zunächst genauso unklar wie die Frage, welche Summen der zurzeit wegen Steuerhinterziehung in Bochum vor Gericht stehende Mauss der Partei überwiesen hat.

Ob die Spenden, die namentlich von Nelson an den Cochem-Zeller CDU-Kreisverband geflossen sind, illegal gewesen sind, das könne er nicht sagen, teilt Schnieder mit. Das müsse die Bundestagsverwaltung prüfen. Drohende Strafe Die CDU hat der Bundestagsverwaltung gestern die neuesten Erkenntnisse mitgeteilt. Anonyme Partei-Spenden über 500 Euro sind illegal. Daher droht der Landes-CDU und dem Kreisverband eine Strafe. Noch vergangene Woche hatte die rheinland-pfälzische CDU mitgeteilt, sie könne nicht nachvollziehen, ob vor 2006 Geld von Mauss an sie geflossen sei. Es gebe keine entsprechenden Unterlagen mehr.

Gestern nun teilt Schnieder mit, man habe sich an Banken und an die Bundespartei gewendet. Dabei ist dann herausgekommen, dass Mauss mindestens seit 1999 gespendet hat.

Gestern Morgen dann teilt Mauss-Anwalt Gero Himmelsbach der Vorsitzenden des CDU-Kreisverbandes Cochem-Zell, Anke Beilstein, per Fax mit, dass Richard Nelson seit 1968 Geld überwiesen habe. Das könnte auch Folgen für Beilsteins Vorgänger haben. Von 1992 bis 2006 war Peter Bleser Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes. Bleser ist heute nicht nur Schatzmeister der Landes-CDU, er sitzt auch im Bundestag und ist Parlamentarischer Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium. Die anderen Parteien reagieren zum Teil mit Häme auf die Affäre. Noch während Schnieder sich den Fragen der Journalisten stellt, twittert Schweitzer: "Sie haben ein Problem, Frau Klöckner." SPD-Generalsekretär Daniel Stich spricht von der Methode Klöckner und von einem Skandal. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Daniel Köbler witzelt: "Die CDU-Parteispendenaffäre weitet sich aus, und die CDU Rheinland-Pfalz informiert nach Salami-Taktik in Mauss-gerechten Häppchen."

Und Pia Schellhammer, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Landtagsfraktion, fragt sich: "Ungeklärte Parteispenden dieser Dimension - ist das keine ,Chefinnensache'? Mal wieder stellt sich die Frage: Wo ist Klöckner?" Weiter in Maria Laach, wie sie per Twitter mitteilt. Noch immer kein Wort zur Parteispendenaffäre. Wie schon Anfang des Monats, als CDU-Geschäftsführer Jan Zimmer ohne die Parteispitzen verkünden musste, dass es illegale Spenden von Mauss gegeben hat. Erst eine Woche später hatte sich Klöckner im Landtag erstmals dazu geäußert. Zum Auftakt der Klausurtagung gestern Abend hat der ?Trierer Politikwissenschaftler Uwe Jun einen Vortrag gehalten über die Zukunft der Parteien und die Entwicklung der Mitgliederstruktur. Ein Thema, das für die rheinland-pfälzische CDU brandaktuell ist.

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