Signal gegen den US-Protektionismus

Brüssel · Kurz vor dem G-20-Treffen einigen sich Japan und die Europäische Union auf ein Freihandelsabkommen.

Brüssel. Europas Bauern und die Produzenten von hochwertigen Lebensmitteln könnten die großen Profiteure sein, wenn das Freihandelsabkommen der EU mit Japan 2019 oder später in Kraft tritt. Japans Premierminister Shinzo Abe und die Spitzen der EU, Ratspräsident Donald Tusk sowie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, verkündeten gestern die Grundsatzeinigung bei den seit vier Jahren laufenden Verhandlungen für ein ökonomisches Partnerschaftsabkommen.
Während Details noch bis Ende des Jahres verhandelt werden müssen, steht schon jetzt fest: Importzölle in Japan auf Käse von bis zu 40 Prozent, Rindfleisch (38,5), Wein (15), Teigwaren (bis 24) und Schokolade (bis 30 Prozent) sollen weitestgehend unmittelbar mit Inkrafttreten des Abkommens gestrichen werden. Bei einigen Produkten sind allerdings Übergangsregelungen vorgesehen.
Schon heute exportiert die EU 20 -mal mehr Lebensmittel nach Japan als umgekehrt. Noch gibt es aber hohe Zölle, Steuern und andere Handelshemmnisse, die demnächst abgebaut werden sollen.
Auch 200 geographische Bezeichnungen für Marken-Produkte wie Münchener Bier oder Österreichischer Speck werden dann in Japan geschützt sein. Markenpiraterie soll staatlich verfolgt werden.
Vor allem europäische Automobilhersteller und Maschinenbauer könnten zu den Verlierern des Abkommens zählen. Die japanische Industrie ist in diesen Branchen sehr wettbewerbsfähig und wird derzeit auf dem EU-Markt durch Importzölle - etwa bei Autos - von zehn Prozent behindert. Die Autoindustrie hatte daher Übergangsfristen von sieben Jahren gefordert, bevor der EU-Markt komplett für Autos aus Japan geöffnet wird. Ein EU-Beamter deutet an, dass sie sich damit durchsetzen konnten.
Der deutsche Branchenverband VDA mahnt aber: "Sorgen bereiten uns nach wie vor Handelshemmnisse wie Steuervorteile für bestimmte einheimische Modelle oder spezielle technische Vorgaben." Hier seien verbindliche Zusagen seitens Japans nötig, wie und wann diese Hürden abgebaut werden.
Als positiv gilt jedoch, dass die Hürden für den Export von Autos mit Brennstoffzelle mit dem ersten Tag beseitigt wären. "Wasserstoff-Fahrzeuge, die in der EU die Typzulassung haben, haben damit automatisch die Typzulassung auch in Japan."
Japan und die EU haben mit der Grundsatzeinigung unmittelbar vor dem G-20-Gipfel in Hamburg eine Punktlandung hinbekommen.
Nachdem US-Präsident Donald Trump das transpazifische Handelsabkommen TPP im Januar hatte platzen lassen, ging es den Europäern und Japanern darum, ein Signal gegen den Protektionismus zu setzen. Juncker sagte: "Was uns betrifft: Es gibt keinen Schutz durch Protektionismus." Nur indem man zusammenarbeite, könne man global Standards setzen. Ohne Trump explizit zu erwähnen, sagte Tusk, es gehe darum zu zeigen, dass die Welt sich nicht auf dem Rückzug in die Zeit vor 100 Jahren befinde. "Eher das Gegenteil ist der Fall", so Tusk weiter.
Abe betonte die große Bedeutung des Abkommens: "Japan und die EU machen zehn Prozent der Weltbevölkerung sowie 30 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus und wickeln 40 Prozent des Welthandels ab."
Das Abkommen lehnt sich in weiten Teilen an das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta) an. Es handelt sich um ein umfassendes Handelsabkommen, bei dem man sich nicht nur um die weitgehende Beseitigung von Zöllen und Handelsschranken bemüht, sondern auch um die Angleichung von Standards und Normen quer durch die Volkswirtschaften. Im Fall von Japan hat man sich etwa darauf geeinigt, in Zukunft auch die gleichen Regeln für Zubehörteile bei Autos entwickeln zu wollen. Man wolle sich auch bei Regulierungsfragen etwa beim Schadstoffausstoß von Autos sowie bei Verbrauchsobergrenzen verständigen, heißt es aus Verhandlungskreisen.
Es bleiben noch einige Nüsse zu knacken, bis die Verhandlungen endgültig abgeschlossen sind. Etwa beim Thema Investorenschutz. Die EU will keine privaten Schiedsgerichte, sondern ein staatlich kontrolliertes Investitionsschiedsgericht. Fernziel sei ein Multilaterales Schiedsgericht.
Die europäischen Ausfuhren nach Japan beliefen sich 2016 auf 80 Milliarden Euro, ebenso wie die Einfuhren japanischer Firmen Richtung EU. In der EU hängen rund 600 000 Jobs von Japan-Exporten ab. Zugleich beschäftigen japanische Firmen in Europa mehr als eine halbe Million Menschen.

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