So kämpfen die Arbeitskreise gegen Rausch und Sucht

Region · Im Eifelkreis scheinen die Probleme größer. Doch die Statistik zum Thema Vollrausch von Jugendlichen zeigt nicht die ganze Wahrheit. Das belegt eine Umfrage in den Kreisen der Region.

So kämpfen die Arbeitskreise gegen Rausch und Sucht
Foto: Redaktion
So kämpfen die Arbeitskreise gegen Rausch und Sucht
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Stadt Trier und Kreis Trier-Saarburg

Als Wendepunkt gilt Weiberfastnacht 2012, bei dem auch massenhaft betrunkene Jugendliche durch die Stadt Trier zogen und behandelt werden mussten. 60 Menschen wurden damals mit einer Alkoholvergiftung in ein Krankenhaus gebracht, elf von ihnen waren noch keine 18 Jahre alt. "Der Arbeitskreis (AK) Suchtprävention Region Trier, der Jugendschutz der Stadt und des Kreises haben sich danach vermehrt um das Thema Alkoholmissbrauch durch Jugendliche gekümmert und auch das Projekt HaLT in Trier eta?bliert", sagt AK-Sprecherin Heike Petermann.

Die Diplom-Psychologin der Fachambulanz beim Caritasverband Trier freut sich zwar über die scheinbar guten Statistikwerte für Trier und Trier-Saarburg. Ein Grund zur Entwarnung seien sie aber nicht. "Leider machen es die Erwachsenen den Jugendlichen vor, vor allem an Fastnacht. Die artet nur zu einer Gelegenheit aus, um über die Stränge zu schlagen und sich zu betrinken." Deshalb sei der seit 30 Jahren existierende Arbeitskreis besonders im Vorfeld von Karneval in der Stadt und im Kreis Trier-Saarburg aktiv. Grundsätzlich werde im kommenden Jahr mit dem Kiwi-Theater ein Schwerpunkt auf die Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen gelegt.

"Es geht aber grundsätzlich auch um die Frage, wie wir wieder eine wirkliche Feierkultur etablieren können." Vor allem auf dem Land sei die Situation für die Jugendlichen unbefriedigend: "Ich sehe mit Grauen, wie gering das Kultur- und Freizeitangebot dort ist. Da bleibt oft nur die Bushaltestelle als Treffpunkt."

Historie:
Der regionale Arbeitskreis ist 1987 aus einem Zusammenschluss von Institutionen der Suchtberatung, der Suchtselbsthilfe, der Jugendhilfe, des Jugendschutzes, einiger Schulen, der Stadt Trier und des Kreises Trier-Saarburg hervorgegangen.

Ziel des regionalen Arbeitskreises ist es Präventionsmaßnahmen in der Region zu koordinieren, zu planen und durchzuführen, um damit die Öffentlichkeit für die Problematik der Sucht und ihrer Folgen zu sensibilisieren. Seit 1995 arbeitet der Arbeitskreis unter der Rahmenkonzeption der Landeszentrale für Gesundheitsförderung (LZG). In Rheinland-Pfalz existieren derzeit 38 regionale Arbeitskreise.

Langfristige Ziele für die Suchtprävention in der Region
1. Frühzeitiger Kontakt mit dem Hilfesystem durch Informationsvermittlung und Auf-klärung. 2. Prävention durch Information von Jugendlichen und Multiplikatoren. 3. Sensibilisierung für Alltagssüchte. 4. Förderung kritischer Einstellungen gegenüber Suchtmitteln und eines selbstverantwortlichen Konsums. 5. Förderung der Vorbild-funktion von Eltern. 6. Absenkung der Schwellenangst vor der Kontaktaufnahme mit dem Hilfesystem. 7. Anregungen zur suchtpräventiven Arbeit für Multiplikatoren geben. 8. Stärkung des Gesundheitsbewusstseins insgesamt.

Vorläufige Planungen präventiver Veranstaltungen 2017:

Präventionsangebote des Arbeitskreises an verschiedenen Schulen der Stadt und des Landkreises, z.B. Präventionstag Meulenwaldschule Schweich; Aktivitätenwoche am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Schweich in der ersten Februarwoche.

Fortlaufende Präventionsangebote der drei Suchthilfeeinrichtungen zu verschiedenen Suchtthemen, wie Elternabende und Aktionstage in Schulen; Informations- und Projekttage zu Substanzkonsum und Abhängigkeit in bestimmten Lebenssituationen, wie "Sucht im Alter", "Suchtmittel in der Schwangerschaft", "Suchtmittel im Betrieb" oder "Konsum und Straßenverkehr".

Karneval in der Woche 20. bis 24. FEbruar: Klassenzimmertheater "Kiwi on the rocks" vom Jugendtheater in Hof in verschiedenen weiterführenden Schulen des Landkreises Trier-Saarburg zur Sensibilisierung von Jugendlichen zum Alkoholkonsum
13. bis 21. Mai Aktionswoche Alkohol der DHS (deutschen Hauptstelle für Suchtfragen) unter anderem mit folgenden Veranstaltungen:

17. Mai Thementag Sucht:Schwerpunktthema Alkohol Fachambulanz für Suchtkranke und Angehörige, Caritasverband Trier e.V.
u.a. wird überregional das Thema Alkohol und Schwangerschaft aufgegriffen (Caritassuchtberatungsstellen Trier, Wittlich und Bitburg)

18. Mai Aktionstag Alkohol weniger ist besser der Suchtberatungsstelle des diakonischen Werkes Trier

18. Mai Fachtagung der Suchtberatungsstelle "Die Tür", "Alkoholprävention zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen" Vortrages von Herrn Schlieckau: Stand der Alkohol-Prävention für Kinder und Jugendliche in Deutschland und kommunale Möglichkeiten (Neue Präventionsangebote) für die Stadt Trier.

25 bis 30. September Suchtpräventionswoche des ArbeitskreisesSuchtprävention Region Trier mit mehreren Aktionen zum Thema, unter anderem Eröffnung der Suchtpräventionswoche mit der Plakatausstellung Bunt statt Blau; Aktion der DAK und des regionalen Arbeitskreises Suchtprävention Region Trier.
Suchtparcours und Film für 8. Schulkassen zum Thema Suchtmittel
Theaterstück für Schüler zum Thema Sucht mit anschließender Diskussion
Verschiedene Aktionen zum Thema Suchtmittel an unterschiedlichen Orten der Stadt und des Landkreises in der laufenden Präventionswoche.

Oktober 2017 Wochen der seelischen Gesundheit: Beteiligung des AK Suchtprävention mit Angeboten

Eifelkreis Bitburg-Prüm:
Mark Spiekermann und Holger Stodulka, Streetworker der Caritas Westeifel für Bitburg und Prüm, bestätigen diese Einschätzung: "In der Eifel sind Freizeitangebote im Vergleich zu den Städten rar gesät." Alkohol sei also häufig eine Freizeitaktivität an sich. "Die legendären ,krassen Erlebnisse' in Volltrunkenheit stellen dann oft den Gesprächsstoff für Wochen."

Suchtberater Josef Fuchs spricht von einer "typischen Bier- und Schnapskultur", die durch viele Brennereien und die Brauerei begünstigt werde. "Die Hemmschwelle gegenüber Alkohol ist im Eifelkreis gesunken", ist er sicher. Allerdings werde vor diesem Hintergrund möglicherweise auch schneller der Krankenwagen gerufen als anderswo.

Vulkaneifelkreis:

Wie im Bitburg-Prümer Land, so gibt es auch im Vulkaneifelkreis einen Arbeitskreis Sucht- und Gewaltprävention. Warum hier die Zahlen besser sind als in den Nachbarkreisen, können sich die für die Suchtberatung zuständigen Karin Knötgen und Brigitte Pick (Caritas Westeifel) nicht erklären. "Die Schamgrenze, volltrunken in der Öffentlichkeit aufzutreten, ist stark gesunken, gerade bei jungen Frauen." Mit Ausnahme der eigenen Suchtberatungsstelle gebe es keine Auffangmöglichkeiten, Treffpunkte oder Einrichtungen wie das Café Haltepunkt in Trier.

Das sind nach Angaben von Petra Hockelmann vom Arbeitskreis Suchtprävention die westentlichen Eckpunkte der Prävention in der Eifel:

Sowohl im Eifelkreis wie im Landkreis Vulkaneifel gibt es einen Arbeitskreis Sucht - und Gewaltprävention.
Präventionskräfte inBitburg und Prüm sind Josef Fuchs und Franz Urfels.

Präventionsangebote: Party-MagNet (Gleichaltrige (Peergroup) besuchen Feste und sprechen mit den Jugendlichen über Konsumverhalten. Die normalen Präventionsangebote dienen aber ebenso dem gewünschten Zweck, wenn es um alternative Formen der Freizeitgestaltung geht.

Spielbar (wieder Gesellschaftspiele aktivieren), Waterworld (Badevergnügen im Schwimmbad oder die Waldschwärmer (die wildnispädagogischen Angebote zielen auf die Stärkung der Persönlichkeit der jungen Leute und auf die Erfahrung von Gemeinschaft.

Der AK Suchtprävention bietet außerdem die Möglichkeit, die alternative Freizeitgestaltung zu erleben und nicht nur darüber zu reden. Die wildnispädagogischen Angebote gibt Kindern und Jugendlichen in schwierigen Lebenssituationen die Möglichkeit, Resilienzen neu auszubilden und zu verstärken. Die Kraft der Gemeinschaft, die gemeinsam das Leben in der Natur bewältigt, soll Selbstwert, den Glauben an Selbstwirksamkeit und Konfliktfähigkeit fördern und Geborgenheit geben. Das sind Faktoren, die einer Suchtentwicklung vorbeugen.

Ab 2017 ist ein Präventionsprojekt mit Kollegen aus Holland, Belgien und NRW geplant. Projekttitel: Subjektive Bewertung schädlichen Konsums von Suchtmitteln durch Konsumenten im Kontrast zu objektiven Daten - "Social Norms Approach" als innovativer Ansatz der Suchtprävention. Das Projekt euPrevent SNA ist aus der bereits seit über 15 Jahren bestehenden Zusammenarbeit der Gruppe euPrevent Sucht entstanden.

In dieser existiert seit dieser Zeit eine konstante Arbeits- und Steuergruppe. Während eines euregionalen Klausurtags in 2014 wurde festgestellt, dass das heutige Präventionsangebot, die bestehenden Inhalte und Botschaften oft nicht mit der Wahrnehmung und der Erwartung der Zielgruppen übereinstimmen. So gehen beispielsweise Jugendliche von einem viel höheren Konsum innerhalb ihrer Altersgruppe aus, als dieser in Wirklichkeit ist. Kritisches Konsumverhalten von Suchtmitteln stellt eine erhebliche Barriere für die Teilhabe an gesellschaftlichem Leben und der sozialen Integration dar und führt zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität in der Euregio Maas-Rhein.

Kreis Bernkastel-Wittlich
Alkohol, insbesondere das "Rauschtrinken", sei eines der Hauptthemen im Jugendschutz des Kreises Bernkastel-Wittlich, versichert Manuel Follmann. Der Sprecher der Kreisverwaltung verweist auf insgesamt zurückgehende Zahlen. "Besorgniserregend sind die punktuellen Ereignisse, an denen sich Jugendliche in kurzer Zeit mit viel Alkohol - oft Hochprozentigem - in den Rausch trinken."

Die komplette Stellungnahme der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich zur Anfrage des Trierischen Volksfreunds:

Wie bewerten Sie diese Erhebung?
Im Landkreis Bernkastel-Wittlich wurden im Jahr 171 Menschen aufgrund akuter Alkoholintoxikation stationär im Krankenhaus behandelt. 42 Menschen davon (= 25 %) waren im Alter von 15 bis 19 Jahren. Für die Altersgruppe der 15- bis 19-jährigen ergibt sich demnach eine besondere Gefährdung, die einen hohen Präventionsbedarf signalisiert.

Der Kreis-Bernkastel-Wittlich gehört zu den Kreisen mit vergleichsweise hohen Behandlungszahlen. Was könnten die Ursachen dafür sein?
Nach Aussage des Statistischen Landesamtes erfolgt die Zuordnung der Fälle zu den Landkreisen anhand des Wohnortes der behandelten Personen. Eine Verzerrung der Statistik durch Zuordnung der Fälle aufgrund eines vom Wohnort abweichenden Behandlungsortes kann daher ausgeschlossen werden.

Zu beachten ist jedoch, dass die vergleichsweise hohe Behandlungszahl von 7 Behandlungsfällen je 1.000 Einwohner sich auf die Altersgruppe der 15- bis 19-jährigen Menschen bezieht. Bei der Betrachtung der Gesamtzahl aller Meldungen liegt der Wert im Landkreis Bernkastel-Wittlich bei 1,5 Behandlungsfällen je 1.000 Einwohner. Dieser Wert entspricht nahezu dem Landesdurchschnitt (1,6 Behandlungsfälle je 1.000 Einwohner).

Über die Ursachen der hohen Behandlungszahl bei der Gruppe der 15- bis 19-jährigen kann nur spekuliert werden. Eine Ursache könnte zum Beispiel sein, dass die Behandlungszahlen nur die stationären Behandlungsfälle erfasst. Nicht erfasst sind daher Fälle, die aufgrund einer Alkoholintoxikation nur ambulant behandelt wurden. Über die stationäre Aufnahme entscheiden die Krankenhäuser selbst, sodass die individuelle Behandlungs- bzw. Aufnahmepraxis in den Krankenhäusern maßgeblichen Einfluss auf diese Statistik hat.

Wie ist die Präventionsarbeit im Kreis Bernkastel-Wittlich aufgestellt?
Ganzjährig arbeiten Fachkräfte des Jugendamtes, der Suchtprävention, Polizeidienststellen, Ordnungsämtern, Lebensberatungsstellen, Schulsozialarbeit und der kommunalen Jugendpflege in einem Arbeitspreis "Jugendschutz/Suchtprävention" zusammen. Unter anderem organisieren sie Informationsveranstaltungen mit Themen zur Suchtvorbeugung, insbesondere Alkohol, Drogen und neue psychoaktive Substanzen.

In den weiterführenden Schulen im Landkreis Bernkastel-Wittlich ist die Suchtprävention ein Schwerpunktthema der Schulsozialarbeit.

Das Thema "Alkohol" ist eines der Hauptthemen im Jugendschutz des Landkreises Bernkastel-Wittlich, insbesondere das sog. "Rauschtrinken". Hier hat sich etwas insgesamt verändert: insgesamt gehen die Zahlen im Bereich Alkohol leicht zurück. Besorgniserregend sind die punktuellen Ereignisse, an denen sich Jugendliche in zu kurzer Zeit mit viel Alkohol - oft mit Hochprozentigem - in den Rausch trinken und es dabei auch zu extremen Rauschzuständen kommt.

Darüber hinaus bestehen im Landkreis Bernkastel-Wittlich folgende Präventionsangebote:

Schulferienkalender und Jugendschutztabellen (jährlich)
Jährlich erhalten alle weiterführenden Schulen im Landkreis einen Schulferienkalender im Scheckkarten-Format, auf dessen Rückseite eine Jugendschutztabelle aufgedruckt ist. So können Kinder und Jugendlich sich sehr schnell im Jugendschutz orientieren.

Aktion "Närrische Selbstverpflichtung zum Jugendschutz" im Karneval
Mit der Aktion "Närrische Selbstverpflichtung zum Jugendschutz" wurde intensiv für einen aktiven Jugendschutz im Landkreis Bernkastel-Wittlich geworben. Ziel war es, Kinder und Jugendliche vor schädlichem Alkoholkonsum zu schützen und die Erwachsenen auch in der bunten "5. Jahreszeit" zu sensibilisieren. Weitere Informationen zur "Närrischen Selbstverpflichtung zum Jugendschutz" im Karneval, unter anderem die teilnehmenden Vereine,

Jugendschutzkontrollen
Ganzjährig finden Jugendschutzkontrollen statt. Hier geht es darum Veranstalter und Gewerbetreibende für den Jugendschutz zu sensibilisieren. Bei Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz können Bußgelder verhängt werden.

#FREE - Start in die Sommerferien 2015 - Information und Sensibilisierung # FREE letzter Schultag vor den Sommerferien 2015 (24.07.2015)
Im vergangenen Jahrorganisierte der AK Jugendschutz/Suchtprävention die Veranstaltung am letzten Schultag "#FREE - Start in die Sommerferien". Mit Musik, Sport, Döner und Getränken sowie einem Stand mit Give-aways startete der Arbeitskreis mit den Schülerinnen und Schülern in die Sommerferien. Ziel der Aktion war es, Schülerinnen und Schüler mit Präventionsangeboten und Anregungen für eine sinnvolle Freizeitgestaltung zu erreichen. Informationsmaterial der Kampagnen "Null Alkohol - voll Power" und "Alkohol? - kenn dein Limit" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wurde unterstützend eingesetzt, um mit den Besucherinnen und Besuchern der Aktion ins Gespräch zu kommen.

Aktion BOB - eine Aktion gegen Alkohol im Straßenverkehr
Besonders eignet sich das Präventionsangebot "BOB" der Polizei. Hier erhalten Fahrerinnen und Fahrer einer Gruppe antialkoholische Getränke bei teilnehmenden Veranstaltern und Gastronomiebetrieben besonders günstig oder sogar gratis, wenn Sie sich als "BOB"-Fahrerin oder -Fahrer mit dem BOB-Logo und Autoschlüssel zu erkennen geben.

Aktionswoche Alkohol 2017
Hier beteiligt sich der Arbeitskreis "Jugendschutz / Suchtprävention im Landkreis Bernkastel-Wittlich" mit einer Fahrsimulator-Aktion am 17. Mai 2017.

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