So sehen Sieger aus

Im dritten Anlauf hat es FDP-Chef Guido Westerwelle geschafft. Seit seiner Wahl zum Parteivorsitzenden vor acht Jahren hatte der Rechtsanwalt aus Bonn nur ein Ziel vor Augen: Die Freien Demokraten wieder an die Regierung zu bringen.

Berlin. Welch eine Symbolik. Strahlend und rot im Gesicht betritt Guido Westerwelle die Bühne. Neben ihm Hans-Dietrich Genscher, der Ehrenvorsitzende, das überlebensgroße Vorbild als Außenminister. Beide geben sich die Hand. Hier, das ist die Botschaft, wird eine historische Staffel übergeben. Dann erscheint Westerwelles Lebensgefährte im Rampenlicht. Der FDP-Vorsitzende herzt ihn vor allen Kameras, vor tausend Leuten, die "Guido, Guido" rufen. Noch nie hat Westerwelle Michael Mronz so gezeigt. Schließlich steigen all die anderen aufs Podest, die Landeschefs und stellvertretenden Vorsitzenden, und bilden um den Vorsitzenden herum ein großes, strahlendes Gruppenbild. Ein Mann, ein Team, ein Traum. Tausend Kehlen singen "So sehen Sieger aus".

Westerwelle erscheint an diesem Sonntagabend als letzter von allen Spitzenkandidaten vor den Kameras. Und das, obwohl das Ergebnis früh klar ist. Aber der 47-Jährige will der Kanzlerin mit ihrem Auftritt bei der CDU den Vortritt lassen. Erst als Merkel kurz nach 19 Uhr bei der Union ihr Bekenntnis zur neuen Koalition mit der FDP abgegeben hat, kommt Westerwelle aus dem vierten Stock nach unten in das überfüllte Atrium der "Römischen Höfe" in Berlins Mitte und ruft feierlich: "Wir wollen jetzt Deutschland mitregieren".

Liberale liebäugeln mit vier Minister-Posten



Nie haben die Liberalen so gefeiert. Kurzfristig haben sie die Räumlichkeiten gemietet, weil nach den Voranmeldungen der Andrang für das Parteihaus zu groß geworden wäre. Und trotzdem ist es brechend voll. Sieger ziehen an. Es gibt das beste Wahlergebnis seit Kriegsende zu bejubeln, wie Westerwelle gleich in seinem ersten Satz stolz sagt. Und, für die Liberalen fast genauso wichtig: Das schlechteste der SPD. Jedenfalls ist der Beifall bei der Bekanntgabe der Zahlen der Sozialdemokraten fast genauso groß wie bei den eigenen Werten. Spätestens diese Reaktion zeigt, dass eine Ampel-Koalition mit diesen Liberalen wohl tatsächlich nicht funktioniert hätte. Noch bei einem dritten Fakt gibt es Applaus: Als ein Moderator darauf hinweist, dass die CSU nur halb so stark sei wie die FDP.

Westerwelle wie auch die anderen aus der Parteispitze mühen sich dennoch, den Triumph nicht allzu offen zu zeigen. "Wir bleiben auf dem Teppich", sagt der FDP-Chef, und sein Vize Rainer Brüderle meint, das Ergebnis bedeute ein "hohes Maß an Verantwortung".

Doch inhaltlich, das macht Westerwelle auch gleich klar, wird die FDP von der Union ihren Preis dafür fordern, dass sie das schwarz-gelbe Projekt gerettet hat, während die Christdemokraten wieder einmal schwächelten. Ein faires Steuersystem, mehr Bildungsausgaben und bessere Bürgerrechte seien die Ziele, sagt Westerwelle. In Posten umgerechnet sind das schon mal drei Ministerien, Finanzen, Bildung und Inneres oder Justiz. Dazu käme das mit Westerwelle als gesetzt geltende Außenministerium. Aber um Posten, das betonen alle Spitzen-Liberalen an diesem Abend, gehe es noch nicht. Erst mal werde gefeiert.

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