Späte Genugtuung für Hering und Kühl

Mainz/Koblenz · Die Staatsanwaltschaft Koblenz sieht keine Hinweise auf strafrechtliches Verhalten von Mitgliedern der Landesregierung beim Zukunftskonzept für den Nürburgring. Ex-Wirtschaftsminister Hendrik Hering und Ex-Finanzminister Carsten Kühl (beide SPD) fühlen sich bestätigt - und greifen den Landesrechnungshof an.

Mainz/Koblenz. Akten gewälzt und den Deckel geschlossen: Nach Auswertung eines Gutachtens des Landesrechnungshofes zum Zukunftskonzept 2010 für den Nürburgring sowie eines Beschlusses der EU-Kommission kommt die Staatsanwaltschaft Koblenz zu dem Schluss, dass rechtlich an der damaligen Rettungsaktion für die Eifel-Rennstrecke nichts zu beanstanden ist. Es gebe keine Ermittlungen, teilt Behördenchef Harald Kruse mit.
Kruse führt an, die Landesregierung - federführend waren damals Wirtschaftsminister Hendrik Hering, der später zum SPD-Fraktionschef avancierte, und Finanzminister Carsten Kühl - habe sich in allen Belangen auf die Empfehlungen von Wirtschaftsprüfern verlassen, die plausibel gewesen seien. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Annahmen von 2009/2010 für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Rings erkennbar zu optimistisch gewesen seien.
Diese Erkenntnisse stehen in krassem Gegensatz zu denen des Landesrechnungshofes. Der hatte in seinem Gutachten im Oktober festgestellt, schon 2010 sei die erst zwei Jahre später erfolgte Insolvenz des Nürburgrings klar erkennbar gewesen. Die Finanzierung sei unrechtmäßig erfolgt.
Hendrik Hering und Carsten Kühl, die im Zuge einer Kabinettsumbildung ihre Posten verloren, fühlen sich bestätigt. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen, daran hat die Staatsanwaltschaft keinen Zweifel gelassen", sagt Hering. Der Rechnungshof müsse sich hinterfragen. Kühl sagt: "Ich stelle fest, dass unsere Einschätzungen zum Rechnungshof-Bericht und die Bewertungen der Staatsanwaltschaft in weiten Teilen übereinstimmen."
Kühl kritisiert den Rechnungshof mit Sitz in Speyer scharf: "Der Rechnungshof hatte seinen Bericht so abgefasst, dass der Eindruck strafrechtlicher Relevanz entstehen musste. Seine Motive kann ich nicht nachvollziehen." Innenminister und SPD-Chef Roger Lewentz sagt süffisant: "Viele werden jetzt eine Bewertung vornehmen - auch Speyer."
Während Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler folgert, die Vergangenheitsbewältigung sei abgeschlossen, kommentiert CDU-Fraktionsvize Alexander Licht: "Die rechtliche Entscheidung der Staatsanwaltschaft ändert nichts am Prüfbericht des Landesrechnungshofs. Die unabhängige Prüfbehörde hat der SPD-geführten Landesregierung gravierende Fehler bescheinigt."Meinung

Malu Dreyers Bauernopfer
Ein guter Chef hält nach außen seine schützende Hand über seine Mitarbeiter. Das hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei Hendrik Hering und Carsten Kühl nicht getan. Sie hat zwar ihre langjährigen SPD-Mitstreiter verteidigt, aber beiden den Stuhl vor die Tür gesetzt. Dreyer hat damit dem großen Druck, der nach dem Rechnungshofbericht in der Nürburgring-Affäre entstanden war, aus rein machtpolitischen Erwägungen nachgegeben. Beide hätten eine Frist verdient gehabt, denn es war klar, dass die Staatsanwaltschaft nicht lange für ihre Prüfung brauchen würde. Das Ergebnis entlastet Hering und Kühl nun eindeutig, hilft ihnen aber wenig: Sie sind und bleiben Malu Dreyers Bauernopfer. Auch der Landesrechnungshof steht nicht gut da. Er hat Hering Fehler und Kühl sogar zwei schwere Rechtsverstöße unterstellt, was von der Staatsanwaltschaft klar widerlegt wird. f.giarra@volksfreund.de

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