Landespolitik SPD-Hüne will im Land Bürgerbusse und Dorfbüros fördern

Speicher/Mainz · Alexander Schweitzer tourte mit der Fraktion durch Rheinland-Pfalz. Im TV spricht er über Heimat, Eifeler Platt und Rezepte für die schwächelnden Genossen.

 2,06 Meter groß – und große Pläne für das Land: SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer.

2,06 Meter groß – und große Pläne für das Land: SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer.

Foto: vetter friedemann

Nico Steinbach bat im Eifel-Ort Speicher an fast jeder Haustür um Verzeihung, an die der SPD-Landtagsabgeordnete gemeinsam mit seinem Fraktionschef klopfte. Alexander Schweitzer muss lachen, wenn er die Geschichte dahinter erzählt. „Nico hat sich entschuldigt, dass er mit den Menschen nicht im Eifeler Platt spricht, sondern auf Hochdeutsch, damit der Fraktionsvorsitzende versteht, worüber geredet wird“, sagt der Pfälzer vergnügt. Es ist eines der Erlebnisse, das Schweitzer im vergangenen Jahr auf der Heimat-Tour gesammelt hat, bei der die Landtagsfraktion 1000 Häuser in Rheinland-Pfalz besuchte und mit 2500 Menschen sprach. Was nahm der 2,06-Meter-Hüne aus der Kampagne mit in die Landespolitik?

Das Ringen um ein Wort: Heimat? Schweitzer will das Wort beleben, das oft verstaubt und altmodisch klingt. „Mir ist bewusst, dass Heimat ein umkämpfter Begriff ist, den ich selbst aber als offen und einladend verstehe. Die Auseinandersetzung mit der politischen Rechten über die Deutungshoheit entmutigt mich nicht, sondern fordert mich eher heraus“, sagt der SPD-Mann. Schweitzer sagt, die Rheinland-Pfälzer gingen unverkrampft mit dem Begriff um. Und, so sein Eindruck aus den Gesprächen vom Hunsrück bis in die Pfalz: „Debatten sind nicht so schwarz-weiß, wie sie öffentlich oft gezeichnet werden.“

Bürgerbusse und Büros: Beim Reden auf Campingstühlen, in Dorfkneipen und Küchen will Schweitzer die Kampagne nicht belassen. In diesem Jahr will die Fraktion manche Idee aufgreifen, die Bürger vorgebracht haben. Bei Bürgerbussen sollen in den kommenden Jahren landesweit 100 in Betrieb sein. 67 sind es momentan. Die ehrenamtlich organisierten Busse – wie in Wittlich-Land – ergänzen für Schweitzer den Nahverkehr sinnvoll. „Es gibt keine Gegenden im ländlichen Rheinland-Pfalz, wo es den Bedarf nicht gibt“, sagt Schweitzer, der in Bürgerbussen viele Gewinner sieht.

„Es gibt viele rüstige Rentner, die die Busse gerne organisieren und fahren. Und die Fahrgäste kommen bequem in den Supermarkt, zum Arzt oder zum Amt“, sagt er. Das Land zahlt pro Bürgerbus 8500 Euro.

Fördern will Schweitzer auch Dorfbüros. Bürogemeinschaften und Mietschreibtische – sogenannte Coworking Spaces – gibt es bislang oft nur in hippen Großstadt-Teilen. Nach dem SPD-Mann soll das nicht so bleiben. „Dorfbüros kann ich mir im ländlichen Raum genauso vorstellen“, sagt er. „Auch auf dem Land gibt es Kreative, Start-ups und Menschen im Home-Office.“ Einen Ansporn sieht das Land im Projekt „Schreibtisch in Prüm“, wo Pendler, Selbstständige oder Fachkräfte sich einen Arbeitsplatz günstig mieten, auf weite Fahrten zum Büro verzichten können und nicht isoliert in den heimischen vier Wänden arbeiten müssen. Für Kommunen sieht Schweitzer die Chance, Leerstände mit Leben zu füllen. Im Doppelhaushalt 2019/20 stellt die rot-gelb-grüne Ampelkoalition der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz insgesamt 333 000 Euro zur Verfügung, um neue Büros zu schaffen.

Ein Rezept für die leidende SPD: In den eigenen Reihen stieß die Heimatkampagne des oft als Kronprinzen von Ministerpräsidentin Malu Dreyer gehandelten Politikers auf Lob. Denn die Frage, mit welchen Rezepten sich das bundesweite Leiden der SPD aufhalten lässt, beschäftigt auch die Genossen im Land. Helfen Hausbesuche da? Schweitzer verteidigt die eigene Politk: „Für die SPD in Rheinland-Pfalz lag es immer in ihrer DNA, Politik nicht vom Schreibtisch aus zu machen. Für uns ist es allerdings auch leichter, Vorschläge umzusetzen, weil wir im Land seit 1991 sozialdemokratisch geführte Regierungen gebildet haben“, findet er. Und doch sagt Schweitzer, die Partei solle es stark machen, Kontakt zu suchen und Stimmungen aufzunehmen. „Die SPD braucht spannende Ideen, die die Menschen mitreißen, emotional bewegen und nicht nur fachlich-rational überzeugen. Daraus kann etwas entstehen, das die SPD als Volkspartei wieder nach vorne bringt.“ Wenn es um das Wohnen in Städten und Dörfern geht, tüftelt die Fraktion an neuen Konzepten. Und wer weiß: Vielleicht klappt es beim nächsten Besuch in der Region sogar mit Eifeler Platt.

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