Staatsanwaltschaft kann Vater nicht belangen

Ein zehn Monate alter Junge aus der Eifel stirbt - vermutlich, weil seine Eltern ihn über eine längere Zeit misshandelt haben. Doch selbst wenn sich der Verdacht nach der für heute angesetzten Obduktion bestätigt: Die Eltern, ein amerikanisches Ehepaar, werden sich vermutlich nicht gemeinsam vor einem deutschen Gericht zu verantworten haben.

Trier/Bitburg. Einem Ehepaar wird vorgeworfen, den Sohn gemeinsam gequält, ihn über Wochen derart misshandelt zu haben, dass er in seinem jungen und kurzen Leben nicht nur mehrere Knochenbrüche aufzuweisen hatte, sondern auch die schweren Hirnverletzungen, die am Samstag zu dem Tod des zehn Monate alten Jungen führten. Doch während die Mutter direkt nach Bekanntwerden des Misshandlungsverdachts Anfang September festgenommen wurde und nun bereits seit zwei Monaten in Untersuchungshaft sitzt, ist ihr Ehemann, wenn auch unter besonderer Beobachtung, bislang auf freiem Fuß und kann weiterhin seiner Arbeit nachgehen.

Grund für die unterschiedliche Behandlung der beiden Ehepartner ist die Tatsache, dass es sich bei dem Mann um einen auf der Airbase Spangdahlem stationierten amerikanischen Soldaten handelt - und dieser als Mitglied der Streitkräfte nicht der deutschen Strafverfolgung unterliegt. Sprich: Die Staatsanwaltschaft Trier, die gegen die 22-jährige Mutter wegen des Verdachts auf gemeinschaftlichen Totschlag ermittelt, darf den Ehemann nicht belangen. "Wir haben in seinem Fall überhaupt keine Handhabe", erklärt Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer.

Der Ehefrau drohen mehrere Jahre Gefängnis



In einem völkerrechtlichen Vertrag, dem sogenannten Nato-Truppenstatut, den die Bundesrepublik mit den USA und weiteren Nato-Mitgliedstaaten geschlossen habe, sei klar geregelt, wer bei welcher Straftat zuständig sei. Danach unterliegt der amerikanische Soldat im vorliegenden Fall der amerikanischen Militärgerichtsbarkeit, während zivile US-Angehörige - wie eben auch die 22-jährige Beschuldigte - grundsätzlich unter die deutsche Strafgerichtsbarkeit fallen. Zwar hat die Staatsanwaltschaft Trier inzwischen Kontakt zum Bundesamt für Justiz aufgenommen - mit dem Ziel, möglicherweise auf diplomatischem Wege auch das Verfahren gegen die Ehefrau an amerikanische Behörden abzugeben. Doch Oberstaatsanwalt Brauer geht derzeit nicht davon aus, dass dieses Ersuchen erfolgreich sein wird: "Die amerikanischen Behörden sehen wohl keine Möglichkeit, die Ehefrau im Wege einer Auslieferung in die USA zu überführen." Damit ist es nicht unwahrscheinlich, dass die beiden Eheleute, obwohl sie mutmaßlich für die Verletzungen ihres Sohnes gemeinsam verantwortlich sind, unterschiedlich zur Verantwortung gezogen werden: Nach deutschem Strafrecht droht der Mutter bei einer Verurteilung wegen Totschlags eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren. Welche Strafe dem Vater durch das Militärgericht winkt, sollte er dort überhaupt angeklagt werden, dazu will sich die Airbase Spangdahlem bis zum Abschluss der Ermittlungen nicht äußern. Bis dahin darf der Mann weiterhin seiner Arbeit auf dem Militärstützpunkt nachgehen - einer Aufgabe, die laut Auskunft der Airbase "notwendig ist für die Erfüllung der Mission seiner Einheit." EXTRA Keine neuen Erkenntnisse gibt es im Fall des neun Wochen alten Säuglings aus der Eifel, der vor drei Wochen an den Folgen akuter Unterernährung und Austrocknung im Brüderkrankenhaus Trier gestorben ist (der TV berichtete). Die Eltern werden der Kindesvernachlässigung verdächtigt, allerdings hatte eine Obduktion ergeben, dass der Junge an einem genetischen Defekt litt. Ein Gutachten soll klären, inwiefern dieser am Tod des Babys mitverantwortlich war. Die Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor. (neb)