Städtetags-Vize: Flüchtlings-Integration bedarf großer Anstrengungen

Ludwigshafen · Viele Städte und Gemeinden nehmen Flüchtlinge auf. Das wird die Kommunen auch 2015 kräftig fordern, sagt Städtetags-Vizepräsidentin Lohse. Wie wollen sich Gemeinden aus ihrer Finanznot befreien?

Die Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern wird nach Ansicht von Städtetags-Vizepräsidentin Eva Lohse 2015 zur großen Herausforderung für die Kommunen. "Es wird großer Anstrengungen bedürfen, die Menschen, die wahrscheinlich länger als wir denken bei uns bleiben werden, unterzubringen, zu versorgen und zu integrieren", sagte die CDU-Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Wie geht es denn den Kommunen jetzt?
Eva Lohse: Auf diese Frage muss man differenziert antworten. Im Grunde haben wir eine hervorragende wirtschaftliche Ausgangslage. Die Kommunen haben insgesamt eine gute Einnahmesituation. Es gibt aber große Unterschiede - zwischen Kommunen, denen es recht gut geht, und Kommunen, bei denen die Krise der kommunalen Finanzen anhält. Diese Unterschiedlichkeit ist schon ein Problem in der kommunalen Familie.

Worin zeigt sich die Finanznot der betroffenen Kommunen?
Lohse: Das ist ein sich selbst verstärkender Teufelskreis. Bei den betroffenen Kommunen reicht die finanzielle Ausstattung schon für die laufende Aufgabenerfüllung nicht aus. Sie müssen Kredite aufnehmen, um Pflichtaufgaben bezahlen zu können. Und das führt dazu, dass die Schulden dieser Kommunen kontinuierlich wachsen.
Wann hat denn die erste Kommune wirklich kein Geld mehr?
Lohse: Kommunen können nicht insolvent werden. Sie sind im Staatsgefüge Teil der Länder. Es muss Ausgleichssysteme geben, damit die Kommunen ihre Aufgaben für die Menschen erfüllen können.

Wie sehen die heftigsten Sparmaßnahmen aus?
Lohse: In den finanzschwachen Kommunen hat die Haushaltskonsolidierung natürlich höchste Priorität. Nach vielen Sparrunden haben wir in letzter Zeit versucht, Einsparungen beim Personal zu vermeiden, denn wir brauchen motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Vordergrund stehen vor allem die Effektivität und die Effizienz bei der Pflichtaufgabenerfüllung. Aber es kommt auch vor, dass beispielsweise kommunale Bäder geschlossen oder notwendige Investitionen verschoben werden. An der Infrastruktur kann man erkennen, ob eine Kommune Geld hat.

Seit Kurzem gibt es ein länderübergreifendes Bündnis von hoch verschuldeten Städten, die von Bund und Ländern mehr Geld für übertragene Leistungen fordern. Wie wollen Sie das erreichen?
Lohse: Wir hoffen, dass bei der Diskussion um die föderalen Finanzbeziehungen der Blick auf diese Problematik gelenkt wird. Wir brauchen eine deutliche Entlastung. Es sind vor allem die stetig steigenden Kosten für die Aufgaben im sozialen Bereich, die zu unseren großen Kassenkrediten führen. Hier fordern wir eine Entlastung von Bund und Land. Und wir brauchen innerhalb der Länder einen gerechten interkommunalen Finanzausgleich. Das Bündnis und der Städtetag ziehen da an einem Strang. Das Bündnis betont dabei noch einmal die besondere Problematik der strukturschwachen, hoch verschuldeten Kommunen. Bund und Länder müssen Maßnahmen ergreifen, damit die verfassungsmäßig garantierte Gleichheit der Lebensverhältnisse gewahrt bleibt.
Und was passiert, wenn das Geld nicht kommt?
Lohse: Ich glaube, dass wir hier schon Verbesserungen erzielen werden. Bund und Länder erkennen die Überforderung der strukturschwachen Städte, denn es ist ja schon einiges passiert. Es gibt die Entlastung bei der Grundsicherung im Alter vonseiten des Bundes, es gibt die Zusage, uns bei der Unterbringung von Asylbewerbern zu helfen, es gibt die Zusage, Infrastrukturmaßnahmen von Bundesseite aus zu fördern. Auf Länderseite existieren interkommunale Ausgleichssysteme, die entsprechend ausgestaltet sein müssen, und es wurden erste Entschuldungsfonds geschaffen. Aber das alles reicht noch nicht aus. Ich denke, wir müssen noch deutlicher fordern, dass man diesen Weg weitergeht.

Welche Herausforderungen warten 2015 auf die Kommunen?
Lohse: Wir werden uns vor allem der großen Herausforderung zu stellen haben, Asylbewerber und Flüchtlinge aufzunehmen. Ich glaube, dass diese Flüchtlingsströme nicht abreißen werden. Wir nehmen derzeit viele Flüchtlinge auf, das ist von uns gewollt, die Bevölkerung unterstützt uns auch dabei. Es wird großer Anstrengungen bedürfen, die Menschen, die wahrscheinlich länger, als wir denken, bei uns bleiben werden, unterzubringen, zu versorgen und zu integrieren. Dazu zählen Sprachangebote, aber auch psychosoziale Leistungen. Das wird eine große Herausforderung werden im nächsten Jahr, da bin ich ziemlich sicher.

Das Interview führte dpa-Mitarbeiter Jasper Rothfels.
Extra


Zur Person: Die promovierte Juristin Eva Lohse (58) ist seit Januar 2002 Oberbürgermeisterin ihrer Heimatstadt Ludwigshafen und seit April 2013 Vize-Präsidentin des Deutschen Städtetags. In Ludwigshafen übernahm sie als erste Frau und erstes CDU-Stadtoberhaupt das Ruder. Sie ist mit einem Hautarzt verheiratet und hat zwei Töchter.

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