Ständig auf Jagd nach dem günstigen Geld

MAINZ. "Information ist alles, vor allem Geld." Der das sagt, muss es wissen, denn Georg Schwarz ist der Schuldenmanager des Landes. Damit die Zinsen für die bedrohlich gestiegene Schuldenlast nicht den Haushalt auffressen, versucht er, sie mit günstiger Kapitalbeschaffung im Zaum zu halten. 5,8 Milliarden Euro setzt Schwarz in diesem Jahr um.

Immer auf dem Laufenden sein, heißt die Devise, denn es gilt, den besten Preis zu treffen. Nicht nur für Börsianer, Banker oder Unternehmer zählt dieses Motto. Wenn Ministerialrat Georg Schwarz frühmorgens in sein Büro im Mainzer Finanzministerium kommt, ist er über die Lage an den internationalen Finanzmärkten in den USA und Fernost bereits über die eigens zu Hause installierte Satelliten-Anlage per Nachrichtenkanälebestens informiert. Für den Rest des Tages wird das Reuters Informationssystem mit seinen internen Seiten zum aktuellen Kapitalmarkt-Barometer. Verändern sich Konditionen, ist Schwarz unmittelbar dabei. Günstiges Geld aufnehmen und Zinsrisiken langfristig absichern, heißt seine Vorgabe. Geschäfte zwischen fünf und 500 Millionen Euro wickelt der Kreditreferent mit seinen Kollegen ab, handelt mit Schuldscheinen, kauft und verkauft Wertpapiere. Insgesamt 5,8 Milliarden Euro setzt er in diesem Jahr um: Gut eine Milliarde Euro an neuem Kapital muss beschafft werden, 4,8 Milliarden sollen durch Umschuldung weiterhin zu einem möglichst geringen Zinsniveau gehalten werden, schließlich ist insgesamt ein Schuldenberg von 22 Milliarden Euro unter Kontrolle zu halten. "Da zählen 0,1 Prozent schon verdammt viel", sagt Schwarz, kommen bei den aktuell bewegten Geldern doch gleich fünf Millionen Euro mehr oder weniger heraus. Bereits über ein Hundertstel Prozent wird lange diskutiert, bevor Geschäfte abgeschlossen werden. Online informiert gerade ein Kollege aus einem Nachbar-Bundesland darüber, dass er einen Schuldschein über 100 Millionen zu einem Prozentsatz von 4,33 verkauft hat, also Geld aufgenommen hat. Jede Woche tauschen sich die Schuldenmanager der Länder und des Bundes in einer Telefonkonferenz aus, hecheln aktuelle Konditionen durch und stimmen sich ab, damit nicht die Preise am Kapitalmarkt durch eine unkoordinierte zu große Nachfrage verdorben werden."Gier frisst Hirn"

Dass er mit Staats-Milliarden jongliere, das hört der promovierte Verwaltungswissenschaftler mit dem Faible für Zahlen gar nicht gern. "Ich bin ein rationaler Mensch", sagt der 57-jährige überzeugte Landesbeamte. Sich von Emotionen leiten zu lassen, mit Millionen zu jonglieren oder gar auf Schnäppchenjagd am Finanzmarkt zu gehen, ist absolut nicht sein Fall. Und mit Aktien zu spekulieren, scheidet grundsätzlich aus. "Gier frisst Hirn", ist er überzeugt. Aus seiner Sicht braucht ein Kreditmanager ein fundiertes Wissen über den Markt und eine Entscheidungstheorie, in der Zinsniveau und andere Margen eine gravierende Rolle spielen. Zwar sind die Zinsen im Moment noch günstig, doch Schwarz, seit fast 20 Jahren im Geschäft, zieht seit langem alle Register, um das niedrige Niveau zu sichern: Optionen werden gekauft, etwa im nächsten März 500 Millionen Euro mit einem Satz von vier Prozent auf fünf Jahre zu beziehen, Zinsobergrenzen werden quasi versichert, variable gegen feste Zinssätze getauscht oder umgekehrt. Es ist ein reger Handel. Dass ihm mit steigender Schuldenlast die Probleme über den Kopf wachsen könnten, fürchtet er nicht, sondern fasst es wohl als Herausforderung auf. Privat lässt den gebürtigen Moselaner der Wertpapierhandel kalt. Von Aktien lässt er sich erst gar nicht "verrückt machen". Da gilt wohl die auf Börsenjongleure gemünzte Erkenntnis an der Pin-Wand in seinem Büro: "Auch Profis machen Fehler." Und die kosten dann Geld. Schwarz managt lieber als Beamter ohne Gratifikation mit seiner Entscheidungstheorie die Schulden des Landes- "möglichst bis 67" .

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