"Stolz sein auf unser Land"

Die Landesregierung zieht zur Hälfte der Legislaturperiode ein positives Fazit. Ministerpräsident Kurt Beck betont wirtschaftliche Erfolge mit einer niedrigen Arbeitslosenquote und vielen neuen Arbeitsplätzen. Bei der Kinderbetreuung sei das Land bundesweit Spitzenreiter. Die Opposition verweist auf Affären, sieht eine "Arroganz der Macht" und kritisiert die hohe Verschuldung.

Mainz. In aktuellen Umfragen genießt Ministerpräsident Kurt Beck ein hohes Ansehen. Zwei Drittel der Befragten sind laut "Rheinland-Pfalz-Monitor 2008" mit seiner Arbeit zufrieden. 57 Prozent würden ihn wiederwählen, nur 18 Prozent seinen direkten Kontrahenten, CDU-Chef Christian Baldauf. Die SPD käme als Regierungspartei derzeit auf 39 Prozent, die CDU auf 35, die FDP auf 11 und die Grünen auf 7 Prozent. Vereinfacht ausgedrückt heißt das: Wären am Sonntag Wahlen, würde Kurt Beck im Amt bleiben. Aber mit der absoluten Mehrheit der Sozialdemokraten wäre es vorbei.

Doch der Regierungschef sieht das Land auf einem guten Weg. Beck verweist bei der Präsentation der Halbzeitbilanz am Montag in Mainz auf die Exportquote von 50 Prozent, Rheinland-Pfalz liege bundesweit auf Rang zwei. Seit 2006 sei zur Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen eine Milliarde Euro geflossen. Mit der Konversionspolitik seien 50 000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert worden.

Als besonderen Erfolg wertet der Ministerpräsident die Familien- und Bildungspolitik. Rheinland-Pfalz wende 5,3 Milliarden Euro für familienpolitische Leistungen auf und liege damit weit über dem Durchschnitt. Das Land biete ab 2010 Beitragsfreiheit bei Kindergartenplätzen sowie einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab zwei Jahren und sei damit bundesweit führend. Beck: "Wir können stolz sein auf unser Land."

Zum Thema Unterrichtsausfall an Schulen sagt Beck mit einem Seitenhieb auf die CDU, die 1000 neue Lehrer fordert: "98,3 Prozent Versorgung ist ein sehr guter Wert. Wenn jemand meint, wir könnten 100 Prozent erreichen, ist das eine Illusion."

Innenminister Karl-Peter Bruch streicht heraus, es gebe "mehr Polizisten als je zuvor", die Aufklärungsquote von Straftaten sei mit 61 Prozent hoch. Es werde kräftig in den Ausbau der Mobilität investiert und das Land verfüge in Sachen "Datenautobahn" bundesweit über das bestausgebaute Netz.

Das Erreichte soll stabilisiert werden



In der zweiten Hälfte der Legislaturperiode soll "das Erreichte stabilisiert werden", kündigt der Ministerpräsident an. Man werde alles daransetzen, "nicht so tief in die Rezession zu rutschen und schneller wieder herauszukommen". Beck will das Thema Weiter- und Fortbildung forcieren, bereits beschlossene Gesetze und die Kommunal- und Verwaltungsreform umsetzen.

Derweil prangert die Opposition im Landtag diverse Affären an: Ruanda-Versorgungsposten für den ehemaligen Lauterer Bundesliga-Vorstand Gerhard Herzog, Filmauftrag von Innenminister Karl-Peter Bruch an seinen Schwiegersohn, "Verfassungsverstoß" von Justizminister Heinz Georg Bamberger bei einem Richter-Ernennungsverfahren. Die CDU spricht diesbezüglich von "Arroganz der Macht", die FDP von "gewissen absolutistischen Zügen".

Auch inhaltlich gibt es Kritik: Die Union moniert, zu Lasten kommender Generationen habe "Beck eine Rekordverschuldung aufgehäuft". Trotz dieser überzogenen Ausgabenpolitik mangele es an dringend notwendigen Investitionen in zentrale Zukunftsaufgaben. Auch die FDP beklagt "den Abschied von einer soliden Finanzpolitik". Die Schulstrukturreform verschärfe die Probleme, statt sie zu lösen, die Unterfinanzierung der Hochschulen sei "weiterhin dramatisch".

Meinung

Der Faktor Beck bestimmt

Die Schwäche der größten Oppositionspartei ist zugleich die Stärke der Landesregierung. Die von internen Querelen gebeutelte CDU hat so viel mit sich selbst zu tun, dass sie derzeit in den Augen der Wähler keine ernsthafte Alternative darstellt. "König Kurt" regiert seit 14 Jahren - und er kann sich beruhigt zurücklehnen. Das Scheitern als SPD-Bundesvorsitzender hat man ihm hierzulande nicht übel genommen. Seine Botschaft "Ich bin wieder da" ist beim Wahlvolk angekommen. Der "Faktor Beck" wird auf lange Sicht die politischen Kräfteverhältnisse bestimmen, denn am Ministerpräsidenten und seiner Beliebtheit führt kein Weg vorbei. Aber das übertüncht manche Schwäche des Kabinetts. Es wird auf eine Weise regiert, die mitunter arrogant wirkt. Diverse Affären oder eine voreilige Werbekampagne zur Schulstrukturreform sprechen für sich. Mehr Selbstkritik stünde der Regierung gut zu Gesicht. Dass eine absolute Mehrheit der SPD bei der Wahl 2011 so unwahrscheinlich ist wie ein kapitalistisches China, treibt schon die Parteistrategen um. Hinter den Kulissen hat das Werben um den alten und präferierten neuen Koalitionspartner, die FDP, längst begonnen. f.giarra@volksfreund.de

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