Strafanzeige gegen Cattenom-Betreiber: Umweltnetzwerk spricht von Vertuschung
Cattenom/Thionville · Eine Umweltgruppierung aus Frankreich hat einem Bericht des Luxemburger Tageblatts zufolge Strafanzeige gegen den französischen Energiekonzern EDF und die Leitung des Atomkraftwerks Cattenom erstattet. Die Staatanwaltschaft Thionville prüft nun, ob möglicherweise ein technischer Fehler im Kraftwerk vertuscht wurde.
(red) Das französische Netzwerk Sortir du Nucléaire (Raus aus der Kernkraft) hat nach Recherchen von tageblatt.lu bei der Staatsanwaltschaft Thionville Strafanzeige gegen den französischen Energiekonzern EDF und die Leitung des Nuklearparks Cattenom erstattet. Es bestehe der Verdacht der Vertuschung eines technischen Fehlers.
Bei jedem der vier Raktorblöcke in Cattenom befinden mit Wasser gefüllte Kühlbecken als Zwischenlager für die abgebrannten nuklearen Brennstäbe. Die ständige Versorgung dieser Becken mit Wasser erfolgt von unten über Rohrleitungen. Um im Fall einer eventuellen falschen Bedienung des Systems einen Sog zu vermeiden, müssen diese Leitungen mit bestimmten Ventilen ausgestattet sein. Am 18. Januar, so damals der Betreiber, wurde bei einer Kontrolle entdeckt, dass je ein Zwei-Euro-Stück großes Ventil an den Zu- und Ablaufröhren der Lagerbecken fehlte - und das vermutlich schon seit Inbetriebnahme der Reaktorblöcke zwei und drei, also seit mindestens 21 Jahren.
Dieser Störfall war von Experten als sehr schwerwiegend eingestuft worden , der Fehler hätte im schlimmsten Fall zu einer Wasserstoffexplosion wie im havarierten Kernkraftwerk Fukushima (Japan) führen können (volksfreund.de berichtete).
Das Netzwerk Sortir du Nucléaire behauptet nun, dieser technische Fehler sei vom AKW-Betreiber aber schon im Jahr 2011 entdeckt worden sein.
Das Netzwerk hat bei der Staatsanwaltschaft in Thionville Anzeige erstattet, weil die französische Gesetzgebung verlangt, dass Zwischenfälle und Unregelmäßigkeiten sofort gemeldet werden müssen. Das Netzwerk gibt zu verstehen, dass es den Verdacht der Vertuschung hat.
Die Staatsanwaltschaft Thionville hat ein Vor-Ermittlungsverfahren eingeleitet, in dem die Gendarmerie Berichte erstellen soll und in dem auch Stellungnahmen der Kraftwerksleitung und der EDF erwartet werden.
Der Kraftwerksbetreiber EDF hatte im Januar das Fehlen des Ventils der Atomausfsichtsbehörde ASN gemeldet, versicherte aber auf seiner Internetseite, dass dadurch keine Gefahr bestanden habe. Auch sei das fehlende Ventil nicht sicherheitsrelevant. Das sah die Atombehörde anders. Sie schickte sechs Tage später Inspektoren nach Cattenom, dem Betreiber zehn Tage Zeit gaben, den Fehler zu beheben. Spezialtaucher setzten daraufhin in dem radioaktiv verstrahlten Kühlwasser die Ventile auf die Röhren auf.
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