Wegen Wissing-Aussage Thüringen-Wahl sorgt für Koalitionskrach in Rheinland-Pfalz

Mainz/Trier · Grüne werfen FDP-Landeschef Wissing „halbgare Distanzierung“ vor. Regierungschefin Dreyer versucht, die Wogen zu glätten.

 Die umstrittene Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen spaltet auch die Ampelkoalitionäre in Rheinland-Pfalz.  Foto: dpa

Die umstrittene Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen spaltet auch die Ampelkoalitionäre in Rheinland-Pfalz. Foto: dpa

Foto: dpa/Andreas Arnold

Die umstrittene Wahl von FDP-Mann Thomas Kemmerich durch CDU und AfD zum Thüringer Ministerpräsidenten brachte am Mittwochabend auch die rot-gelb-grüne Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz zum Beben – und zwar mächtig. Josef Winkler und Misbah Khan, Landeschefs der Grünen, attackierten den FDP-Vorsitzenden und Wirtschaftsminister Volker Wissing in einer Mitteilung scharf. Kemmerich sei einen unwürdigen Pakt mit Rechtsextremen eingegangen. „Umso mehr erschüttert uns die halbgare Distanzierung des rheinland-pfälzischen FDP-Chefs Volker Wissing“, monierten sie. Wolle die FDP Verantwortung übernehmen, gebe es für alle Demokraten nur einen richtigen Weg. „Thomas Kemmerich tritt umgehend zurück und der Thüringer Landtag ermöglicht rasch Neuwahlen. Das muss auch Herr Wissing unmissverständlich klar machen“, forderten Winkler und Khan vom Liberalen.

Für massiven Gegenwind bei den Koalitionspartnern SPD und Grünen sorgte die erste Reaktion von Volker Wissing, die dieser am Mittwochnachmittag vor Journalisten abgab. Der rheinland-pfälzische FDP-Chef Volker Wissing sagte da, es sei „honorig“, dass Kemmerich sich in schwieriger Situation in die Verantwortung habe nehmen lassen und bezeichnete ihn als „Mann der Mitte“. Wissing sagte weiter zu den Folgen für Thüringen, es habe „keine Gespräche mit der AfD“ gegeben und es werde auch keine Zusammenarbeit mit der AfD geben.

Bei Koalitionspartnern heißt es, die Basis sei entsetzt gewesen über die dünne Distanzierung. Der Trierer SPD-Landtagsabgeordnete Sven Teuber war auf Twitter außer sich. „Honorig? Ich glaub’, ich platze. Erstmals nach 1945 durften Rassisten einer Regierung zur Macht verhelfen. Das ist nicht honorig, sondern gefährlich“, kritisierte Teuber scharf. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) war bemüht, die Wogen zu glätten. Sie wisse genau, dass die FDP in Rheinland-Pfalz so aufgestellt sei, dass so etwas im Land nie passieren würde, sagte die Triererin.

Die Liberalen präsentierten sich dennoch so tapsig wie ein Elefant im Porzellanladen, änderten mehrfach ihre Kommunikationsstrategie. Auf Twitter gratulierte die Landes-FDP Kemmerich erst – und löschte den Post später. Wissing, der kurz vor der Pressekonferenz zum Mobilitätskonsens in Rheinland-Pfalz von der politischen Lage in Thüringen überrumpelt wurde, sah sich später zu einer schärferen Abgrenzung genötigt. „Grenzen und Wertvorstellungen“ dürften nicht einfach außer Acht gelassen werden, hieß es in einer Mitteilung, in der er nochmal klar betonte, die AfD „mit ihrem unklaren Verhältnis zum Rechtsextremismus“ könne keine Verantwortung übernehmen. Grünen-Landeschefin Khan pochte aber bei Wissing darauf, sich deutlich von der Thüringer FDP zu distanzieren.

Für Schadenfreude sorgte die Wahl von Kemmerich beim rheinland-pfälzischen AfD-Fraktionschef Uwe Junge. Er verwies darauf, dass es auch in Rheinland-Pfalz eine „bürgerlich-konservative Mehrheit“ aus CDU, AfD und FDP gebe. CDU-Landeschefin Julia Klöckner und Spitzenkandidat Christian Baldauf stellten wiederum klar: „Für die CDU in Rheinland-Pfalz kommen eine Zusammenarbeit oder eine Koalition mit der AfD nicht in Frage. Das schließen wir aus.“

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