Streit um Busverkehr in der Region verschärft sich

Trier · Im Streit über die Zukunft des Busverkehrs in der Region legt der Bitburg-Prümer Landrat Joachim Streit nach. Es sei eine Frechheit, wenn das Land den Verkehrsverbund Region Trier auffordere, seine Hausaufgaben zu machen, statt diesen finanziell zu unterstützen, sagt er. Unterdessen meldet das Busunternehmen Moselbahn rote Zahlen für einige Linien.

Trier. Der Ton zwischen dem für den Nahverkehr zuständigen Zweckverband Verkehrsverbund Region Trier (VRT) und dem Land wird schärfer. Der VRT-Vorsitzende und Bitburg-Prümer Landrat Joachim Streit reagiert auf die unverhohlene Kritik aus dem rheinland-pfälzischen Verkehrsministerium, der Verkehrsverbund müsse erst einmal seine Hausaufgaben machen, bevor er Geld von der Landesregierung fordern könne (der TV berichtete). "Eine Frechheit. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", sagt Streit. Er hatte damit gedroht, im nächsten Jahr bis auf reine Schülertransporte den kompletten öffentlichen Busverkehr in der Region einzustellen, wenn das Land den VRT nicht finanziell unterstütze.
Höhere Preise, weniger Kunden


Das Land hatte daraufhin vom VRT gefordert, unrentable Buslinien einzustellen oder zusammenzulegen. Streit: "Wir haben diese Linien bereits geschlossen. Wir fahren jetzt noch eigenwirtschaftlich, weil wir dauernd die Preise erhöhen. Dann springen uns aber immer mehr Kunden ab." Wenn die "sozial-ökologische Wende" der neuen Landesregierung bedeute, den Öffentlichen Personennahverkehr "platt zu machen, soll man es offen sagen, aber nicht dem VRT die Schuld geben" ereifert sich Streit.
Unterstützung erhält der VRT-Vorsitzende unter anderem von dem Busunternehmen Moselbahn, das im Auftrag der VRT 17 Linien an der Mosel, in der Eifel und auf dem Saargau bedient. Aus wirtschaftlichen Gründen wird das Unternehmen Ende kommenden Jahres die dann auslaufende Konzession für das Betreiben von sechs Busverbindungen rund um Saarburg nicht verlängern. "Als eigenwirtschaftliches Unternehmen, das ohne Zuschüsse der öffentlichen Hand von den Erlösen der verkauften Fahrkarten leben muss, schreibt die Moselbahn bereits seit einigen Jahren im Saargau rote Zahlen", begründet Moselbahn-Geschäftsführer Rolf Tödtmann den Schritt. Bisher habe man mit gut laufenden Linien die schlechten subventioniert. Da die Moselbahn auf dem Saargau zu über 80 Prozent Schüler befördere und deren Anzahl wegen der demografischen Entwicklung ständig abnehme, sei eine solche "Quersubventionierung" nicht mehr möglich. Auch die vom Land eingeleitete Schulreform erhöhe die Kosten für die Unternehmen. Als Beispiel nennt Tödtmann Schulen, an denen sowohl Ganztags- als auch Halbtagsunterricht angeboten wird. Diese müssten dreimal statt zweimal am Tag angefahren werden, ohne dass es dafür mehr Geld vom Auftraggeber, also dem VRT, gebe. Das gleiche gelte, wenn neben den bisherigen Schulstandorten neue geschaffen würden. Die Unternehmen müssten dann zusätzliche Busse einsetzen. "Auch dafür gibt es nicht mehr Geld", sagt Tödtmann.
Ohne ausreichende Finanzierung sei ÖPNV nicht zu leisten, sagt der Trierer Verkehrsplaner Karl-Georg Schroll. Für ihn ist es "ein Skandal", dass die Landesregierung den VRT auffordert, unwirtschaftliche Linien einzustellen. ÖPNV sei eine gesetzlich vorgegebene Aufgabe der Daseinsvorsorge. Schroll schlägt daher als Alternative beim Nahverkehr ein Bürgerticket vor: Jede Person über 16 Jahren bezahlt 16 Euro im Monat (dieser Betrag entspricht der für Hartz-IV-Empfänger vorgesehenen Mittel für Mobilität); das ergebe pro Person 192 Euro im Jahr. Laut Schroll kommen im Land 3,2 Millionen Bürger dafür infrage; das bedeute, es stünden neben den ohnehin vom Land veranschlagten 462 Millionen Euro für den ÖPNV in Rheinland-Pfalz noch zusätzlich rund 614 Millionen Euro aus dem Einnahmen des Bürgertickets zur Verfügung. Die Bürger könnten dafür alle Busse und Bahnen im Land benutzen und die öffentliche Hand könnte, so Schroll, ein kundenorientiertes und umfassendes ÖPNV-Angebot machen.Meinung

 Landrat Joachim Streit, Vorsitzender des VRT. TV-Foto: Archiv/Willi Speicher

Landrat Joachim Streit, Vorsitzender des VRT. TV-Foto: Archiv/Willi Speicher

Papiertiger und heiße Luft
Der Bitburg-Prümer Landrat hat mit seiner Drohung, den öffentlichen Busverkehr in der Region einzustellen, weil er nicht mehr finanzierbar ist, den Finger in die Wunde gelegt. In der Tat muss das Land endlich Farbe bekennen. Wie ernst meint es die seit Mai amtierende rot-grüne Regierung tatsächlich mit dem Öffentlichen Personennahverkehr? Von "Erhalt und Erweiterung des Angebotes" und einem "leistungsfähigen ÖPNV" ist im Koalitionsvertrag die Rede. Mit keinem Wort wird aber erwähnt, wie viel das dem Land wert ist. Im Mainzer Verkehrsministerium gibt man unverhohlen zu, dass eigentlich kein Geld da ist für eine über das bisherige Maß hinausgehende Förderung des Nahverkehrs. Das bedeutet aber, dass in Regionen wie der hiesigen, wo es auf großer Fläche mit relativ wenigen Einwohnern keinen rentablen ÖPNV gibt, schon bald auf dem Land kein Linienbus mehr fahren wird. Bereits jetzt schon schreiben einige Busunternehmen rote Zahlen. Und es werden noch mehr werden. Doch die Kunden können die Verluste nicht alleine tragen. Noch höhere Fahrkartenpreise sind nicht mehr zumutbar. Insofern scheinen die rot-grünen ÖPNV-Versprechungen nicht mehr als ein Papiertiger zu sein, ein Zugeständnis der Sozialdemokraten an den grünen Koalitionspartner. Oder einfach nur heiße Luft. b.wientjes@volksfreund.de "Wir wollen ein Verkehrssystem, das die Mobilität aller Menschen flächendeckend, umweltverträglich, sozialverträglich und barrierefrei gewährleistet. Für uns ist der Öffentliche Personennahverkehr ein wesentlicher Bestandteil eines solchen nachhaltigen Verkehrssystems. Der Erhalt und die Erweiterung des Angebotes (… ) stehen daher im Zentrum unserer Politik (…) Unser Ziel ist es, den ÖPNV sowohl in den Ballungsräumen als auch in der Fläche zu erhalten." wie

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort