Streit um die Schuldenbremse: Rheinland-pfälzische Finanzministerin sieht das Land auf Kurs - CDU sagt das Gegenteil

Mainz · Finanzministerin Doris Ahnen sieht das Land auf dem richtigen Weg, um ab 2020 die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft behauptet dagegen, Rheinland-Pfalz sei einer von sechs Sanierungsfällen.

Rollt auf die Bürger in Rheinland-Pfalz eine neue Sparwelle zu? Folgt man den Ausführungen einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW), müsste das Land jedenfalls drastisch Ausgaben reduzieren. In Rheinland-Pfalz, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bremen und dem Saarland seien die Defizite so hoch, dass diese Länder als Sanierungsfälle gelten müssten.

Die IW-Experten haben bei ihren Betrachtungen die konjunkturellen Effekte herausgerechnet, die zu erwartende Entwicklung der Einnahmen kalkuliert und das mit den Haushaltsdefiziten abgeglichen. Ihr Fazit ist ernüchternd: Obwohl bis 2020 alle Länderhaushalte ausgeglichen sein müssen, da ab dann keine neuen Schulden mehr gemacht werden dürfen, sind die genannten Länder laut IW noch weit von der Zielmarge entfernt.

Das höchste Pro-Kopf-Defizit verzeichnet der Studie zufolge das Saarland mit 765 Euro, gefolgt von Bremen (672 Euro), Rheinland-Pfalz (214 Euro), NRW (176 Euro), Hessen (117 Euro) und Niedersachsen (75 Euro). Einige Bundesländer erzielten aktuell sogar schon Überschüsse. So hielten Brandenburg und Thüringen die Schuldenbremse bereits ein, heißt es. Allerdings profitierten die Ostländer auch von Fördermitteln des Solidarpakts II, die 2019 auslaufen.

Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) bewertet die Berechnungen zurückhaltend. Sie verweist auf den offiziellen Stabilitätsbericht von Bund und Ländern, demzufolge Rheinland-Pfalz ein strukturelles Saldo von 66 Euro pro Einwohner habe. Der Saldo bezieht sich auf den Landeshaushalt in Einnahmen und Ausgaben. Werden Überschüsse erzielt, ist der Saldo positiv, bei Defiziten ist er negativ. Strukturell heißt, dass der Haushalt ohne konjunkturelle Einflüsse betrachtet wird.

"Die amtliche Einschätzung der Lage bestätigt uns", sagt Ahnen dem Volksfreund. Der Ländervergleich mache Mut. Rheinland-Pfalz werde bescheinigt, auf dem richtigen Weg zu sein. Ahnen ergänzt: "Tatsächlich zahlen wir sogar Konsolidierungshilfen an andere Länder, jährlich sind es 19 Millionen Euro."

Zu den derzeitigen Diskussionen in Bezug auf die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs sagt die Finanzministerin: "Ich begrüße, dass der Stabilitätsrat mit unserer Einschätzung übereinstimmt, dass sich reiche Länder nicht aus der gemeinsamen Verantwortung stehlen dürfen, indem sie eine Entlastung beim Finanzausgleich anstreben."

Die CDU-Opposition im Landtag sieht sich durch die IW-Studie in ihrer seit langem geäußerten Kritik bestätigt. "SPD-geführte Regierungen haben Rheinland-Pfalz in eine Schuldenkrise geführt. Dadurch ist hier der Weg zu einem Haushalt ohne neue Schulden weiter als für fast alle anderen Flächenländer", sagt der haushaltspolitische Sprecher Gerd Schreiner. Nur das Saarland und Nordrhein-Westfalen hätten eine noch schlechtere Ausgangsbasis.

Ohne eine neue Haushaltspolitik werde das Land die Schuldenbremse 2020 nicht schaffen, urteilt Schreiner. Dabei lasse die IW-Studie noch außer Acht, dass in Rheinland-Pfalz die Kreditaufnahme für den Pensionsfonds, also die Altersrückstellungen für die Landesbediensteten, nicht zur Neuverschuldung gezählt werde. Die CDU hat hiergegen eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof angekündigt.

Die außerparlamentarischen Liberalen werfen der rot-grünen Landesregierung in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen und -beschäftigung eine "desaströse Wirtschafts- und Finanzpolitik" vor. Die Überschuldung des Landes sei Folgewirkung eines beispiellosen Versagens. "Egal ob am Flughafen Hahn, am Nürburgring, beim Schlosshotel oder in Zweibrücken - Rot-Grün hat es nirgends geschafft, Probleme zu lösen", kritisiert FDP-Landeschef Volker Wissing.

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