Stühlerücken bei den Liberalen: Ehemaliger Ampelkritiker Alexander Buda entthront Justizminister Herbert Mertin als Koblenzer FDP-Bezirkschef

Trier · Schlappe für das rheinland-pfälzische FDP-Urgestein Herbert Mertin: Bei den Vorstandswahlen im FDP-Bezirk Koblenz unterlag der Vorsitzende seinem Herausforderer Alexander Buda. Der neue Parteichef war zuletzt als Ampelgegner aufgefallen. Ist die Wahl Budas auch eine Niederlage für FDP-Landeschef Volker Wissing?

Vor der entscheidenden Abstimmung ließ der Vorsitzende des FDP-Kreisverbands Neuwied seinem Unmut noch einmal freien Lauf. "Das ist für uns ein rot-grüner Vertragsentwurf mit gelben Sprenkeln", rief Alexander Buda Anfang Mai den 200 nach Mainz angereisten Delegierten zu und empfahl ihnen, den von SPD, FDP und Grünen ausgehandelten Koalitionsvertrag abzulehnen. Budas Appell lief weitgehend ins Leere: Mit großer Mehrheit stimmten die Delegierten dem Ampelbündnis zu. Das hat inzwischen seine Arbeit aufgenommen, zwei liberale Minister sitzen mit am Kabinettstisch.

Parteichef Wissing wiegelt ab

Für Herbert Mertin ist es schon das zweite Mal. Der 58-Jährige war in der sozialliberalen Koalition von 1999 bis 2006 schon einmal Justizminister. Jetzt ist er neben FDP-Landeschef Volker Wissing wieder mit an Bord.

Doch kaum im Amt, muss Mertin ausgerechnet in seinem Heimatberitt schon die erste Schlappe einstecken. Seit vergangenem Wochenende ist Mertin nicht mehr Vorsitzender des FDP-Bezirksverbands Koblenz. In einer Kampfabstimmung unterlag Mertin mit 37 zu 40 Stimmen seinem Herausforderer Alexander Bude.

Weil sich Bude vor Wochen gegen die Ampel ausgesprochen hatte, in der sein Parteifreund Mertin nun als Minister sitzt, wurde das Ergebnis der Bezirksvorstandswahl auch überregional registriert. "Ein ganz normaler parteiinterner Konkurrenzkampf", kommentierte am Montag der scheidende FDP-Vorsitzende des Bezirks Eifel-Hunsrück, Thomas Auler (siehe Extra), die Abstimmung im Nachbarbezirk. Ähnlich formulierte es auch Aulers Vize Tobias Schneider: "Die Konfliktlinien in Koblenz waren doch vorher bekannt", sagt der Trierer Freidemokrat, "mir war klar, dass es knapp werden würde."

Fakt ist, dass die Ampelkritiker tatsächlich überwiegend im Koblenzer Beritt zu finden sind. Dazu gehören auch prominente Namen wie der ehemalige rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage. Fakt ist aber auch: Der parteiinterne Rückenwind für den Koblenzer Juristen Mertin hält sich in Grenzen. Schon bei seiner letzten Wiederwahl als Bezirkschef soll Mertin nach Angaben aus Parteikreisen ein schlechtes Ergebnis eingefahren haben - und das ohne Gegenkandidat.

Sein Bezwinger Alexander Buda wiegelt Fragen nach möglichen innerparteilichen Differenzen allerdings ab. Seine Kandidatur habe sich nicht gegen Mertin gerichtet, sagte der 48-jährige Unternehmer unserer Zeitung, es gehe vielmehr darum, den Bezirksverband zu erneuern und zu verändern. Versuche, seine Kandidatur zu verhindern, habe es nicht gegeben, sagt Buda. Warum auch? Er werde die neue Landesregierung "wo ich kann, stützen", auch wenn der neue Koblenzer Bezirkschef einräumt, ein guter Freund müsse nicht zu allem Ja sagen, sondern auch auf drohende Risiken aufmerksam machen.

Auch FDP-Landeschef Volker Wissing gibt sich gelassen, auch wenn enge Parteifreunde meinen, die Sache habe der Spitze ganz und gar nicht gefallen. Die Entscheidung der Delegierten sei keine Entscheidung gegen die Koalition gewesen und schon gar nicht gegen die Politik der Landespartei, so Wissing im Gespräch mit unserer Zeitung, "sondern eine für Alexander Buda als Vorsitzenden des FDP-Bezirksverbands Koblenz".

Möglicherweise lag Budas Stärke auch in der parteiintern umstrittenen Person seines Gegners. Nicht wenige in der Landes-FDP machen Herbert Mertin mitverantwortlich für den inzwischen fünf Jahre zurückliegenden Canossagang der Liberalen in die außerparlamentarische Opposition, hätten lieber ein jüngeres FDP-Gesicht auf einem Mainzer Ministersessel gesehen.

Allerdings wurde schon im Vorfeld der neuerlichen Berufung Mertins gemutmaßt, Parteichef Volker Wissing müsse bei der Erstellung seines Personaltableaus auch "die alte Garde" berücksichtigen.Extra

Das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel bei den rheinland-pfälzischen Liberalen geht weiter: Nach dem Bezirk Koblenz dreht sich am Samstag auch beim FDP-Bezirksverband Eifel-Hunsrück das Personalkarussell. Der seit März 2013 amtierende Vorsitzende Thomas Auler wird auf dem Parteitag in Bitburg nicht mehr kandidieren, wie der 57-Jährige gestern unserer Zeitung sagte. Ausschlaggebend seien "persönliche Gründe".

Um Aulers Nachfolge bahnt sich möglicherweise eine Kampfkandidatur an: zwischen seinem Vize Marco Weber (Vulkaneifel) und dem Bad Kreuznacher Juristen Philipp Fernis. Weber sitzt für die FDP im Landtag, ist Parlamentarischer Geschäftsführer, Fernis ist Staatssekretär im Mainzer Justizministerium. Ob der Trie8rer Tobias Schneider noch einmal als Bezirksvize kandidiert, ist offen. Schneider will dies davon abhängig machen, wer Vorsitzender wird. Unter Marco Weber will er offenbar kein Stellvertreter sein.

Zum FDP-Bezirksverband Eifel-Hunsrück gehören der komplette ehemalige Regierungsbezirk Trier sowie die Kreise Cochem-Zell, Bad-Kreuznach und der Rhein-Hunsrück-Kreis. sey

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