Sturmlauf gegen den Daten-Transport
Mainz · Die Opposition im Landtag bekämpft das „betriebsrätliche Schnell-Informationssystem“, bei dem Betriebsräte wöchentlich Firmen-Daten an die gewerkschaftsnahe TBS gGmbH melden, und fordert dessen sofortige Einstellung. Arbeitsministerin Malu Dreyer (SPD) verwahrt sich jedoch „gegen den Versuch zu verunglimpfen“
Nur selten prallen die Meinungen im Landtag so hart aufeinander wie bei dem mit Landesmitteln unterstützten Projekt, das seit Jahresbeginn läuft und zur schnelleren Bewältigung der Wirtschaftskrise dienen soll (der TV berichtete). Stoppen Sie die Bespitzelung!, verlangt auf der einen Seite der Brauneberger CDUAbgeordnete Alexander Licht. Wenn Betriebsräte über mangelnde Infos ihrer Unternehmen klagten, könne das Sytem der Landesregierung mit dem Sammeln betriebsinterner Daten nicht die Lösung sein. Ähnlich argumentiert FDPFraktionschef Herbert Mertin. Beschaffen Sie die Infos bei denen, die die Verfügungsbefugnis haben, bei den Firmenleitungen, verlangt er von der Landesregierung. Der Eifeler Michael Billen (CDU), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, lässt nach eigenem Bekunden prüfen, ob eine Einstweilige Verfügung erwirkt werden kann, um die Förderung der Betriebsspionage zu stoppen. Nach TV-Informationen laufen auch die Unternehmensverbände im Land Sturm. Die Vereinigung Trierer Unternehmer (VTU) hat ein Sonderrundschreiben an ihre Mitgliedsbetriebe geschickt, um zu informieren und zum Protest aufzurufen. Zahlreiche Beschwerdebriefe von Firmen der Region sollen auf dem Weg zu Ministerpräsident Kurt Beck sein. Arbeitsministerin Malu Dreyer reagiert wütend. Was ich lese und höre, hat nichts mit einer ernsthaften Auseinandersetzung zu tun. Hier werde von der Opposition ein übles parteipolitisches Süppchen gekocht. Es gehe nicht um Details oder Interna aus den Firmen, sondern um allgemeine Informationen und Einschätzungen der Betriebsräte. Das Schnell-Informationssystem sei nur eines von sieben Modulen des Projektes, das insgesamt mit 323 000 Euro gefördert werde. Jens Guth (SPD) zürnt: Betriebsräte und den DGB in eine Schmuddelecke zu stellen, ist eine Frechheit! Ungehört verhallt die Kritik offenbar aber nicht. Laut Dreyer setzen sich die Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU) und der DGB zusammen, um Irritationen auszuräumen und das Projekt weiterzuentwickeln.
Meinung
Malu Dreyers Kardinalfehler
Von Frank Giarra
Arbeitsministerin Malu Dreyer hat einen politischen Kardinalfehler begangen und damit der Landesregierung eine weitere Baustelle beschert. Anstatt vorab die Verbände und die Kammern zu informieren und ihre Meinung einzuholen, wie es bei anderen Ministerien (zum Beispiel bei neuen Schulprojekten) üblich ist, hat Dreyer in Sachen Schnell-Informationssystem geschwiegen. Es ist keineswegs eine Holschuld der Betroffenen, bei der Landesregierung um Informationen zu betteln, sondern eine Bringschuld der Ministerien, sie zu übermitteln. Im Landtag hat Dreyer zur Gesichtswahrung polemisiert, dabei rudert sie bereits teilweise zurück.
f.giarra@volksfreund.de