Fürs Wochenende Ein Serriger im Weinkeller und ein Ritter, der Trier belagerte: Das gibt es im Naheland zu entdecken

Bad Kreuznach · Noch eine Idee gesucht für einen Tagestrip oder einen Kurzurlaub im Herbst? Die Region um Bad Kreuznach empfiehlt sich aus vielen Gründen als Ziel – und die Anreise klappt auch mit Bus und Bahn.

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Das gibt es im Nahetal zu entdecken

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Foto: Roland Morgen

An einem Tag zu Fuß von Rüdesheim nach Oberhausen – geht nicht? Geht doch! Denn Rüdesheim und Oberhausen liegen ganz nahe beieinander – und im Nahe-Land. Während die Städte Rüdesheim (am Rhein) und Oberhausen (NRW) je nach Fahrtroute zwischen 225 und knapp 270 Kilometer voneinander entfernt liegen, sind es bei den gleichnamigen Nahe-Orten im Umland von Bad Kreuznach gerade mal zehn.

So ist das Naheland von der Region Trier aus mit dem Nahverkehr zu erreichen

Überhaupt ist das Naheland seit der Einführung der „Hochwald-Schnellbus-Linie“ 800 im August 2022 für Nutzer des Öffentlichen Personennahverkehrs ziemlich nahe an den Raum Trier herangerückt. Die 800 (meist ein doppelstöckiger Bus) verbindet Trier und Idar-Oberstein werktags im Stundentakt und am Wochenende alle zwei Stunden bei einer Fahrzeit von rund 90 Minuten.

Ein paar Minuten später geht es per Zug (Regionalexpress 3) weiter Richtung Mainz. Zweidreiviertelstunden nach der Abfahrt in Trier ist Bad Kreuznach erreicht. Für einen Tagesausflug solle man sich fünfeinhalb Stunden Zug- und Busfahrt nicht unbedingt antun, zumal das Naheland jede Menge zu bieten hat und es sich für einen Kurzurlaub empfiehlt.

Das gibt es im Naheland alles zu sehen

Schauwerte gibt es reichlich. Wenn die berühmten Brückenhäuser im Herzen von Bad Kreuznach als „Muss“ gelten, dann ist es die Ebernburg im Stadtteil Bad Münster am Stein-Ebernburg aus Trierer Sicht erst recht. Das stolze mittelalterliche Gemäuer gehörte einst Franz von Sickingen (1581-1523), der anno 1522 Trier vergeblich belagerte, aber dennoch im Stadtbild noch präsent ist. Sein mutmaßlicher Feldherrenhügel auf dem Petrisberg wurde nach ihm benannt („Franzensknüppchen“), die Straße, die dorthin führt, heißt Sickingenstraße.

Die Gaststätte Zum Sickinger in Trier-Heiligkreuz gibt es leider nicht mehr. Dafür beherbergt die Ebernburg heute ein Restaurant – zum Andenken an den unbeugsamen und streitbaren „letzten Ritter“ und Reformations-Sympathisanten Franz von Sickingen „Freigeist“ benannt.

Der Burg gegenüber liegt der Rotenfels, ein gewaltiges, 260 Millionen Jahre altes Massiv aus dem vulkanischen Gestein Rhyolith. Darauf (200 Meter über dem Nahetal) und drumherum: ein Paradies für Wanderer und, weil es auch einige leicht begehbare Wege gibt, auch für Spaziergänger.

Viele Einheimische bezeichnen den Rotenfels gerne als „unseren Ayers Rock“, was gar nicht mal so anmaßend ist, wie es zunächst den Anschein haben mag. Mit 1200 Metern Länge bildet er die größte zusammenhängende Steilwand zwischen Alpen und Skandinavien.

Auch Wein gibt es im Naheland reichlich

Das Naheland ist aber nicht nur für allerlei Naturschönheiten und seine bisweilen mystisch wirkende Landschaft bekannt, sondern selbstverständlich auch für seinen Wein. 320 Betriebe bewirtschaften 4200 Hektar.

Unbedingt empfehlenswert ist ein Besuch bei „Tullius – die Rebmeisterei“, eine Weinkellerei mit praktischerweise angeschlossenem Hotel im Bad Sobernheimer Stadtteil Steinhardt. Praktischerweise, denn wenn man sich auf eine Weinprobe mit Kellermeister Otmar Loch-Binz (53) eingelassen hat, will man nicht mehr weg. Oder man kann nicht mehr weg, wenn man zu viel von dem extrem gut schmeckenden Shiraz von Loch-Binz, einem gebürtigen Serriger – genossen hat.

Spitzenriesling gefällig? Dann empfiehlt sich der Besuch von Gut Hermannsberg in Niederhausen, wie das Trierer Gut Avelsbach aus der Privatisierung einer staatlichen Weinbaudomäne (Schlossböckelheim-Niederhausen) hervorgegangen. Gut Hermannsberg verfügt über 30 Hektar Rebfläche in sieben Spitzenlagen, die vom Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) in der höchsten Qualitätsstufe als „VDP. Große Lage“ klassifiziert sind. Den im wildromantischen Nahetal gelegenen Gebäudekomplex aus Weingut, Vinothek und Gästehaus preist Kellermeister Karsten Peter als „Paradies am Nahe-liegenden Ende der Welt“ – und erntet null Widerspruch.

Schöne Landschaft und Historie im Naheland

Zurück zur Landschaft. Zu sanften Hügeln, schroffen Felsen, mediterranen Weinhängen und waldreichen Höhen gesellen sich malerische kleine Orte wie das mehrfach preisgekrönte Duchroth, das als „eines der schönsten Dörfer Deutschlands“ gilt. Die 550-Einwohner-Gemeinde ist von gepflegten Bauerngärten umgeben, die vom Faible der Duchrother für selbst erzeugtes Obst und Gemüse zeugen. Schmucke Fachwerkhäuser präsentieren sich mit reichem Blumenschmuck.

Die gesamte Pracht lässt sich vom Gangelsberg – auch der ein Wanderparadies – überblicken. Von dort aus erscheint Duchroth wie ein Dorf aus dem 19. Jahrhundert.

Noch mehr Historie lässt sich in Meisenheim atmen. Das Städtchen am Nahe-Nebenfluss hat im Lauf seiner langen Geschichte keine Zerstörungen über sich ergehen lassen müssen. Seine heute noch zu bewundernden Schätze stammen aus den Zeiten der Veldenzer (1154-1444), Wittelsbacher (1444-1797) und Hessen-Homburger (1815-1866): Wehrtürme, Stadtmauer, Gelbes Haus, Schlosskirche, Rathaus, Markthalle, Herzog-Wolfgang-Haus, Adelshöfe, Ritterherberge und Bürgerhäuser.

Meisenheim, eine Perle des Nahelands, liegt zwar nicht an der Nahe, sondern am Nebenfluss Glan, der hier einst die Grenze zwischen der bayerischen Rheinpfalz und der preußischen Rheinprovinz bildete. Davon zeugt ein renovierter Grenzstein an der Glanbrücke am Untertor.

 Australien? Nein, Naheland.Der Rotenfels bei Bad Münster am Stein-Ebernburg ist die größte Felswand zwischen den Alpen und Skandinavien.

Australien? Nein, Naheland.Der Rotenfels bei Bad Münster am Stein-Ebernburg ist die größte Felswand zwischen den Alpen und Skandinavien.

Foto: Roland Morgen

Noch mehr Naheland gefällig? Dann einfach wieder hinfahren. Denn die Nahe liegt tatsächlich nahe. Mehr Informationen online unter: www.naheland.net

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