Tattoo, tata - Sichtbare Körperbemalung bei der Polizei?

Trier/Wittlich/Mainz · Soll das Land Polizisten erlauben, Körperbemalung sichtbar zu tragen? Bei Gewerkschaften und Parteien bröckelt der Widerstand.

Trier/Wittlich/Mainz Für Polizisten in Rheinland-Pfalz gelten Regeln, wie sie zum Dienst erscheinen müssen. Auswahl gefällig? Also gut: Die Kleidung soll gepflegt sein, Irokesenschnitt ist verboten, genauso wie Rastalocken und Piercings, pro Ohr ist höchstens ein bis zu zehn Millimeter großer Ohrring erlaubt.

All das steht in einem Rundschreiben vom Innenministerium aus dem Jahre 2014, das als Modeknigge der Landespolizei dient. Nun traut sich eine Arbeitsgruppe an einen Satz heran, wonach Tätowierungen im Dienst "grundsätzlich nicht sichtbar sein" dürfen. Bis Ende des Jahres will das Land eine Antwort auf die Frage haben, ob es den Satz löscht, abwandelt oder behält. Sind Tattoos plötzlich auch bei der Polizei in, weil sie fast überall in sind?

Bislang dürfen Landespolizisten nur Tattoos tragen, wenn Motive nicht gegen den guten Geschmack verstoßen und mit der Dienstkleidung zu verdecken sind. Katja Sorgen aus Klausen (Kreis Bernkastel-Wittlich) ist dafür, sichtbare Tattoos zu erlauben. Die Landesvorsitzende der Jungen Polizei sagt: "Von uns Polizisten wird erwartet, dass wir tolerant sind, nicht vorverurteilen, nicht nach Äußerlichkeiten gehen. Das sind Eigenschaften, die wir auch im Umgang gegenüber Polizisten erwarten dürfen."

Tätowierungen seien inzwischen alltäglich, ob bei Fußballern oder Musikstars. Benno Langenberger mahnt hingegen an, dass Bewerber sichtbare Tattoos auf eigene Kosten entfernen lassen müssen, wenn ihr Traum von der Polizei nicht platzen soll. Das schmerze im Geldbeutel und auf der Haut, sagt der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft. Eine Kollegin habe mehr als 1000 Euro gezahlt, um ihr Geburtsdatum vom Unterarm beseitigen zu lassen. "Die Haut war so verbrannt, man hätte das Tattoo gleich belassen können", sagt er.

Auch die innenpolitischen Sprecher der Regierungsfraktionen im Mainzer Landtag sperren sich nicht gegen neue Regeln. Pia Schellhammer (Grüne) ist für sichtbare Tattoos. "Polizisten sollten den Querschnitt der Bevölkerung darstellen." Motive mit politischen Statements, Diskriminierungen, Gesetzesverboten müssten freilich verboten bleiben. Die Neutralität der Polizei müsse gewahrt bleiben, fordert Monika Becker (FDP), zeigt sich ansonsten aber offen: "Wir verschließen uns einer maßvollen Lockerung der Vorschriften zum äußeren Erscheinungsbild der Polizei nicht." Tattoos hätten gesellschaftlich an Akzeptanz gewonnen, meint Hans Jürgen Noss (SPD). Er mahnt aber zur Polizei-Uniformierung auch den Grundgedanken an, gegenüber den Bürgern möglichst einheitlich aufzutreten.

Ein Kritiker sichtbarer Tattoos ist Ernst Scharbach, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. Er fragt, wo die Grenze ist. "Irgendwann ist der ganze Unterarm tätowiert, das Gesicht oder der Hals." Polizisten könnten an Akzeptanz verlieren, besonders auf dem Land, bei älteren Menschen. "Klare Kante, nein", sagt er. Sabrina Kunz - seine Stellvertreterin und tätowiert - wartet hingegen auf neue Urteile von Gerichten. Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf gab im August einem Polizei-Bewerber recht, der trotz eines großen Löwen-Tattoos ins Auswahlverfahren kam.

Es fehlten belastbare Erkenntnisse, ob einem großflächig tätowierten Polizisten nicht das nötige Vertrauen entgegengebracht werde, hieß es im Urteil. Die Lücke will Rheinland-Pfalz nun füllen. Der Rechtsstreit in Düsseldorf geht dagegen weiter. Nach Aussagen der NRW-Landespolizei klagt der Mann mit dem Tattoo nun auf vollumfängliche Einstellung.

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(flor) Klar ist: Motive, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung anzweifeln und Menschen diskriminieren, sind bei der Polizei verboten. Bei sichtbaren Tattoos gilt sonst: Andere Länder, andere Sitten. Baden-Württemberg erlaubt sichtbare Tattoos, sofern Größe und Motiv dezent sind. Hessen oder Thüringen sehen unauffällige, mindere Größen nicht als Eignungsmangel an. Nordrhein-Westfalen gestattet sichtbare Tätowierungen bis zur Größe eines durchschnittlichen Handtellers, wie auch Sachsen-Anhalt. Kopf, Hände, Hals sind dort tabu. Waren Tätowierungen vor dem Erlass vorhanden, müssen Polizisten sie abkleben oder mit Make-up abschminken. Mecklenburg-Vorpommern oder Niedersachsen entscheiden in Einzelfällen, Bayern untersagt sichtbare Tattoos im Dienst.

Mehr zum Thema: Von der Polizei bis zur Bank: Wo das Tattoo zur Jobfalle wird

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