Terrorverfahren: Bundesanwaltschaft sucht dringend Ermittler - Rheinland-Pfalz stellt sieben Staatsanwälte ab
Trier · Wenn die innere oder äußere Sicherheit des Landes bedroht sein könnte, übernimmt die Karlsruher Bundesanwaltschaft die Federführung bei den Ermittlungen. Im vergangenen Jahr wurden allein 200 Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder von terroristischen Vereinigungen mit islamistischem Hintergrund eingeleitet.
In den meisten Fällen ging es um Angehörige des sogenannten Islamischen Staats (IS). Einer der Hauptvorwürfe: Die Beschuldigten sollen an diversen IS-Kampfeinsätzen teilgenommen und dabei auch Menschen verletzt oder getötet haben.
Seit Anfang vergangenen Jahres ließ die Bundesanwaltschaft auch vier Afghanen festnehmen, bei denen es sich um ehemalige Taliban-Kämpfer handeln soll. Zuletzt wurde am Donnerstag vor eineinhalb Wochen im Altkreis Prüm ein 21-jähriger Afghane festgenommen, wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte. Noch sitzen alle vier in Untersuchungshaft.
Bis über eine mögliche Anklage entschieden ist, dürften einige Monate vergehen. Die Bundesanwaltschaft leidet derzeit unter der stark angestiegenen Zahl an Terrorverfahren. Generalbundesanwalt Peter Frank hat deshalb die Länderminister in einer Art Brandbrief darum gebeten, mehr Staatsanwälte und Richter nach Karlsruhe zu entsenden.
"Wir fühlen uns da nicht als Erste angesprochen", sagte am Montag Christoph Burmeister, Sprecher des Mainzer Justizministers Herbert Mertin, unserer Zeitung. Rheinland-Pfalz stelle mit derzeit sieben Juristen schon jetzt verhältnismäßig viele Staatsanwälte für die Bundesanwaltschaft ab. Laut Burmeister sind bei der Karlsruher Behörde etwa 90 Staatsanwälte tätig. Knapp die Hälfte davon komme aus den Ländern. Bezogen auf die Einwohnerzahl habe Rheinland-Pfalz seine Verpflichtung mit sieben Staatsanwälten daher mehr als erfüllt. Dennoch werde man das Schreiben des Generalbundesanwalts an alle Staatsanwaltschaften weiterleiten, damit diese mögliche Interessenten gezielt ansprechen könnten.
Ein Sprecher des saarländischen Justizministeriums kündigte an, nach Möglichkeit weitere Juristen für die Arbeit bei der Bundesanwaltschaft abzuordnen. Derzeit arbeiteten zwei Juristen aus dem Saarland in Karlsruhe.
Die in der Regel dreijährige Abordnung nach Karlsruhe gilt unter Juristen als Karrieresprungbrett. So war etwa der heutige Chef der Justizvollzugsanstalt Wittlich, Oberstaatsanwalt Jörn Patzak, von 2004 bis 2007 nach Karlsruhe abgeordnet.Festnahmen als Indiz für Wachsamkeit
(sey) Rheinland-pfälzische Sicherheitsbehörden erhielten seit Anfang 2015 insgesamt 82 Hinweise auf mutmaßliche Kämpfer, Unterstützer oder Sympathisanten terroristischer Vereinigungen im Ausland sowie mutmaßliche islamistisch-motivierte Kriegsverbrecher, die mit dem Flüchtlingsstrom nach Rheinland-Pfalz gelangt seien. Das sagte ein Sprecher des Mainzer Innenministeriums unserer Zeitung. In 32 Fällen seien die Ermittlungen abgeschlossen, ohne dass sich die Hinweise bestätigt hätten. In den übrigen Fällen dauerten die Ermittlungen an. Laut dem Sprecher von Innenminister Roger Lewentz belegen die jüngsten Festnahmen, dass die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern äußerst wachsam seien. Ein Rückschluss auf die Sicherheitslage in Rheinland-Pfalz könne aus den Festnahmen nur bedingt gezogen werden.