Finanzen Trier bleibt eines der größten Armenhäuser der Republik

Trier · Kommunen in Rheinland-Pfalz ächzen besonders unter hohen Schulden. Nun deutet sich eine spektakuläre Wende an: Der Bund scheint bereit, beim Abtragen der Lasten zu helfen.

Trier bleibt eines der größten Armenhäuser der Republik
Foto: Roland Morgen

Nirgendwo ächzen Städte und Kreise so unter hohen Schulden wie in Rheinland-Pfalz – was Investitionen in marode Schulen, Schwimmbäder, Straßen und zu kleine Kitas hemmt. Laut dem Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung liegen unter den 20 am höchsten verschuldeten Kommunen alleine zehn aus Rheinland-Pfalz. Auch Trier bleibt eins der Armenhäuser der Republik, ist von hohen Kassenkrediten geplagt, vergleichbar mit dem Dispo eines privaten Bankkontos. Mit Schulden von 4178 Euro pro Einwohner liegt Trier deutschlandweit auf dem zehnten Rang.

Doch nun bahnt sich eine spektakuläre Wende für die Kommunen an, die über Jahrzehnte hohe Lasten aufgetürmt haben. Die Bundesregierung scheint erstmals bereit, beim Abtragen von Altschulden gezielt zu helfen, wie es in der Vorlage der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ heißt, die unserer Zeitung vorliegt und heute verabschiedet werden soll. Dazu sei „ein breiter politischer Konsens in den gesetzgebenden Körperschaften und zwischen den Ländern nötig, an einer nachhaltigen Lösung solidarisch mitzuwirken, so dass der Bund gezielt dort bei Zins- und Tilgungslasten helfen kann, wo andere Hilfe alleine nicht ausreichend ist“.

Voraussetzung sei, dass sich Kommunen über Kassenkredite nicht weiter verschulden. Das „Handelsblatt“ hatte zuerst über die Wende berichtet.

Bertelsmann-Experte René Geißler sagt auf TV-Anfrage: „Wenn das so käme, wäre das ein historischer Beschluss, eine komplette Überraschung.“ Besonders hoch verschuldete rheinland-pfälzische Kommunen könnten Nutznießer sein. Der Finanzforscher sieht zugleich die Landesregierung gefordert, ein Altschuldenprogramm für mehrere Hundert Millionen Euro aufzulegen. „Rheinland-Pfalz gehört – anders als Hessen – zu den Ländern, die keinen Weg aus dem Tief gefunden haben“, sagt Geißler. Die kommunalen Spitzenverbände klagen, es werde immer schwerer, Bürgern ein lebenswertes Umfeld mit ausreichend Schwimmbädern, Vereinsförderung und bedarfsgerechtem ÖPNV zu bieten. Ein Bündnis von 70 Kommunen protestiert in diesen Tagen für eine Entlastung von Altschulden und hohen Sozialausgaben. Sie verschicken Bierdeckel mit der Aufschrift „Wer bestellt, bezahlt!“ an Hunderte Politiker. Zu dem Bündnis gehört auch Trier. Hohe Pro-Kopf-Schulden drücken ebenso den Vulkaneifelkreis (1448 Euro), Bitburg-Prüm (1067 Euro), Bernkastel-Wittlich (789 Euro) und Trier-Saarburg (579 Euro).

Um den ländlichen Raum zu stärken, will der Bund weitere Schritte einleiten. Behörden, Unternehmen und Universitäten sollen sich gezielt in strukturschwachen Gebieten ansiedeln.

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