Trierer Europa- und Innovationscentre: Führungstrio unter Betrugsverdacht

Trier · Mehr als eine halbe Million Euro öffentliches Fördergeld sollen sich die drei Ex-Chefs des Trierer Europa- und Innovationscentre durch falsche Angaben ergaunert haben. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat nun Anklage erhoben. Wohin das Geld geflossen ist, ist unklar.

 Den drei ehemaligen Chefs des Europa- und Innovationscentre in der Herzogenbuscher Straße in Trier wirft die Staatsanwaltschaft Subventionsbetrug vor. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Den drei ehemaligen Chefs des Europa- und Innovationscentre in der Herzogenbuscher Straße in Trier wirft die Staatsanwaltschaft Subventionsbetrug vor. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Die Anklage der Koblenzer Staatsanwaltschaft lautet auf Subventionsbetrug: Um an höhere öffentliche Zuschüsse - zum Beispiel von der Europäischen Union - zu kommen, hätten die drei Angeklagten "unrichtige oder unvollständige Angaben" über die Projekte des Europa- und Innovationscentre (EIC) gemacht. 540.000 Euro sollen sich die beiden ehemaligen Geschäftsführer des EIC und dessen langjährige Leiterin so erschlichen haben. Das EIC ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier sowie der Trierer Handwerkskammer (HWK). Vorrangig setzt das EIC von der Europäischen Union bezuschusste Projekte zur Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen um.

Die beiden ehemaligen Geschäftsführer des EIC, Lothar Philippi und Josef Adams, waren gleichzeitig Geschäftsführer von IHK und HWK. Von Adams hatte sich die Handwerkskammer allerdings bereits 2008 getrennt. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft hatte damals ein Ermittlungsverfahren gegen ihn und den damaligen Hauptgeschäftsführer der HWK eröffnet, ebenfalls wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug (siehe Extra).
Im Zuge dieser staatsanwaltlichen Untersuchungen im Umfeld der HWK waren auch die Machenschaften der Kammertochter EIC ins Visier der Ermittler geraten. Als die Staatsanwälte im Sommer 2010 auch gegen die EIC-Spitze ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Subventionsbetrugs eröffneten, trennte sich die IHK von ihrem Geschäftsführer Philippi und der langjährigen EIC-Leiterin Silke Brüggebors.

Leiterin räumt Vorwürfe ein

Laut Anklageschrift soll Brüggebors, die fast 20 Jahre lang das EIC leitete und nach dem Rauswurf Adams dessen Geschäftsführerstelle übernahm, zwischen 2003 und 2009 in 19 Fällen die öffentlichen Geldgeber betrogen haben. Adams und Philippi wirft die Staatsanwaltschaft Subventionsbetrug in je 17 Fällen vor, wobei sich die Tatbestände überschneiden. Zu weiteren Einzelheiten der Anklage, etwa wohin das Geld geflossen ist, will sich Alexander Walter, Richter am zuständigen Landgericht Koblenz, nicht äußern. Laut Paragraf 264 des Strafgesetzbuchs kann jeder Einzelfall von Subventionsbetrug mit bis zu fünf Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe geahndet werden.

Brüggebors hat die Betrugsvorwürfe der Koblenzer Staatsanwaltschaft eingeräumt. Der Ex-IHK-Geschäftsführer Lothar Philippi hat nach TV-Informationen eine der 17 ihm vorgeworfenen Taten gestanden. HWK-Geschäftsführer Adams bestreitet jegliche Beteiligung an den Delikten.

Als die für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Staatsanwaltschaft Koblenz das EIC-Ermittlungsverfahren im Sommer 2010 eröffnete (der TV berichtete), hatten IHK und HWK in einer gemeinsamen Erklärung bestätigt, dass "es im EIC Unregelmäßigkeiten" gegeben habe.

Noch kein Gerichtstermin

Die Klage gegen das EIC-Führungstrio wurde im Februar erhoben, wie der leitende Oberstaatsanwalt Harald Kruse jetzt auf TV-Nachfrage mitgeteilt hat. Einen Termin für den Beginn der Verhandlung hat das Landgericht Koblenz allerdings noch nicht festgelegt. "Vor Beginn des Hauptverfahrens haben die Angeschuldigten noch die Möglichkeit, sich im Zwischenverfahren zu der Anklage zu äußern", erklärt Richter Walter.

Gegenüber dem Trierischen Volksfreund wollte Ex-HWK-Geschäftsführer Josef Adams sich gestern nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußern. Nach seinem Rauswurf bei der HWK 2008 hat Adams bereits vor Längerem eine neue Stelle angetreten: Die Verwaltung der Verbandsgemeinde Thalfang hat ihn als Berater angestellt. Adams' Tätigkeitsfeld: Organisation, Finanzen, Wirtschaftsberatung..Extra: Ermittlungen gegen HWK laufen noch

2007 brachte der Trierische Volksfreund Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Fördergeldern im Umweltzentrum der Trierer Handwerkskammer ans Licht.
2008 eröffnete die Koblenzer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den HWK-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks und seinen Stellvertreter Josef Adams.
Seitdem ermittelt die Behörde wegen des Verdachts auf Subventionsbetrugs.
Jetzt scheint sich die Sache dem Ende zuzuneigen: Die Trierer Polizei hat ihre sämtlichen Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft vorgelegt. "Wir sichten und bewerten derzeit diese Akten", bestätigt Behördensprecher Harald Kruse auf TV-Anfrage. Es könnte allerdings sein, dass sich noch einzelne weitere Ermittlungsaufträge ergeben. Wann das Verfahren abgeschlossen werden kann, sei daher noch "nicht konkret absehbar". woc

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