Trierer Historiker auf den Spuren der Nazi-Polizei

Trier · Zwischen Bahnhof und Dom liegt am Balduinbrunnen Triers größtes Bürohaus - die ehemalige Bahndirektion. Dort residiert seit kurzem auch die Staatsanwaltschaft. Sie lässt nun ein dunkles Kapitel Trie rer Geschichte erforschen.

Trier. Thomas Grotum geht raschen Schrittes voran: Wenn der Trierer Historiker durch die weitverzweigten Gänge in den Untergeschossen der ehemaligen Reichsbahndirektion geht, merkt man, dass Grotum hier schon etliche Male gewesen sein muss. "Da vorne", sagt er und zeigt mit dem Finger auf einen wenige Meter entfernten Raum, "war der Luftschutzkeller für die Gestapo, die Geheime Staatspolizei der Nazis." Der Schriftzug steht auch heute noch gut lesbar auf der massiven Eingangstür.
Zehn Jahre lang, von 1935 bis 1945, hatte die zur Bekämpfung politischer Gegner eingesetzte Nazi-Polizei in dem Anfang der 20er Jahre errichteten Bahngebäude ihren Sitz. Was genau in dieser Zeit hinter den dicken Mauern geschah, ist noch weitgehend unerforscht. Der Wissenschaftler Thomas Grotum soll nun im Auftrag der Staatsanwaltschaft Licht in dieses dunkle Kapitel Trierer Geschichte bringen.
"Ich stehe noch ganz am Anfang", sagt der promovierte Historiker, mit ersten Ergebnissen sei frühestens im zweiten Halbjahr 2012 zu rechnen.
Hauptgrund für die aufwendige Recherche: Die einzelnen "Puzz leteile" (Grotum) über die Gestapo-Aktivitäten muss der Wissenschaftler erst einmal finden, bevor es ans Auswerten geht. Grotum durchforstet Archive und sucht nach noch lebenden Zeitzeugen. Das ein oder andere Puzz leteil hat der Historiker schon entdeckt: "Es gibt Berichte von Folteropfern der Trierer Gestapo", sagt er, oder die Aufzeichnung über einen versuchten Handtaschendiebstahl Ende der 30er Jahre. "Der Hauptangeklagte wurde damals nach der Volksschädlingsverordnung zum Tod verurteilt."
Um die Gestapo-Opfer in das Gebäude zu bringen, gab es unterirdische Verbindungen zum damaligen Gefängnis nahe dem Dom und zum Bahnhof. Zumindest ein Stück weit ist der Tunnel noch heute begehbar.
Auf die Ergebnisse von Grotums Forschungsprojekt ist nicht nur der Leitende Trierer Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer gespannt. "Ich bin froh, dass wir uns der Geschichte dieses Gebäudes widmen", sagte gestern auch der neue Mainzer Justizminister Jochen Hartloff (SPD). Er war zum Antrittsbesuch bei der Trie rer Staatsanwaltschaft und sichtlich angetan von dem seit fünf Jahren dem einheimischen Projektentwickler Triwo AG gehörenden Gebäude. Es wurde mit Millionenaufwand saniert, beherbergt neben der Staatsanwaltschaft unter anderem auch ein Mehrgenerationenhaus mit dem Verein Nestwärme und die SPD-Geschäftsstelle.
An die braune Vergangenheit des Gebäudes soll nach Fertigstellung der Außenfassade eine Gedenktafel erinnern, kündigte Triwo-Vorstand Peter Adrian an.

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