Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe Oberbürgermeister Leibe zur Flut: „Die Menschen haben kein Gefühl mehr für Gefahren“

Mainz/Trier · Der Untersuchungsausschuss Flut sucht nach Fehlern bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz im Juli 2021. Am Freitag war die Stadt Trier dort Thema - als positives Beispiel für ihr Krisenmanagement. Oberbürgermeister Leibe hatte aber einen Appell für die Bevölkerung mitgebracht.

 Das überflutete Trier-Ehrang aus der Vogelperspektive.

Das überflutete Trier-Ehrang aus der Vogelperspektive.

Foto: Portaflug Föhren

Der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe hat am Freitag in Mainz dazu aufgerufen, die Menschen stärker für Hochwasser- und Starkregenereignisse zu sensibilisieren. „Sie haben kein Gefühl mehr für Gefahren“, sagte Leibe. Dieser Satz solle aber nicht als Vorwurf verstanden werden, fügte er hinzu. Leibes Appell war eher als eine seiner Lehren aus der Flutkatastrophe in Ehrang im Juli 2021 zu lesen. Der Trierer OB war in den Untersuchungssausschuss Flut eingeladen worden, um die Perspektive der Stadt während der Katastrophe in mehreren rheinland-pfälzischen Städten und Kreisen zu schildern.

Nahm niemand die Vorwarnung ernst?

Trier diente dabei im Ausschuss gewissermaßen als Vorbild für ein funktionierendes Krisenmanagement bei der Flut. In der Nacht des 15. Juli habe man in Ehrang um 1.57 Uhr mit 20 Feuerwehrfahrzeugen per Lautsprecher Warnmeldungen verbreitet. Die Menschen sollten sich auf mögliche Evakuierungen vorbereiten. Diese Form der Alarmierung sei so wichtig, weil die Bewohner sich nachts nicht über die sozialen Medien informieren oder etwa die Meldungen von Katwarn registrieren würden, sagte Leibe. In der Nacht sei jedoch niemand mit Koffer oder Tasche infolge der Warnung draußen erschienen.

„Jetzt müssen Sie ihre Häuser verlassen“

 Wolfram Leibe, Oberbürgermeister der Stadt Trier.

Wolfram Leibe, Oberbürgermeister der Stadt Trier.

Foto: Roland Morgen

Als in Trier am Morgen des 15. Juli dann klar war, welche Ausmaße die Flut annehmen könnten, sei Leibe selbst und die Feuerwehrleute von Tür zu Tür gegangen, um die Menschen persönlich zu überzeugen. „Bitte, jetzt müssen Sie ihre Häuser verlassen“, habe er damals gesagt. Offenbar hatte auch das nicht alle überzeugt. Einige haben ihre Haustiere nicht alleine zurücklassen wollen, erklärte Leibe. Und immer wieder habe er das Argument gehört: Schon die Großeltern hätten gesagt, dass das Wasser nicht zu ihnen komme. Tatsächlich sei historisch nicht zu erwarten gewesen, dass das Krankenhaus überschwemmt werde.

Der Krisenstab traf aber die Entscheidung zur Evakuierung und verhinderte so womöglich Schlimmeres. Die Flut hatte die Infrastruktur im Kellergeschosses des Ehranger Krankenhauses zerstört. Bis heute ist die Einrichtung nicht wieder eröffnet worden. Bei der Flutkatastrophe wurden allerdings weder Menschen verletzt noch getötet - anders als im Kreis Ahrweiler.

Um 8.49 Uhr wurde Evakuierung eingeleitet

Allerdings habe die Feuerwehr - aufgrund des Zögerns der Bewohner - Menschen mit Radladern aus dem Dachgeschoss evakuiert, sagte Leibe. Um 8.49 Uhr wurde die Evakuierung eingeleitet, ab diesem Zeitpunkt hatte man eine Stunde und zehn Minuten Zeit, bis das Wasser gekommen ist. „Viele Menschen haben diese Warnung nicht ernst genommen“, sagte Leibe.

Auch in der Eifel nahm man die Warnung nicht ernst

Ähnlich schilderte es im Ausschuss auch der stellvertretende Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Eifelkreises Bitburg-Prüm, Willy Schlöder. Die Bewohner hätten auf die Warnungen hin gesagt, man kenne sich aus und man sehe ja schon, wenn etwas komme. Aber das Wasser sei dann schneller gekommen, als die Bewohner die Häuser verlassen konnten, sagte Schlöder.

Pegelstand der Kyll war noch einmal gefallen

In der Stadt Trier war noch am 14. Juli unklar, woher das Wasser genau kommen könnte. „Mit Mosel, Saar, Ruwer, Kyll und Sauer kommen auf einem kleinen Stadtgebiet unglaublich viele Flüsse zusammen, deshalb war die Komplexität bei uns hoch“, sagte Leibe. Und auch am nächsten Morgen war nicht sofort klar, wie schlimm es werden würde. Denn zwischenzeitlich war der Pegelstand noch einmal gefallen, bevor er dann wieder anstieg. Man habe das Problem aber im wahrsten Sinne des Wortes gerochen, sagte Leibe. „Das Wasser bestand aus Heizöl und Scheiße.

Vorteil Berufsfeuerwehr

Der OB nannte im Ausschuss weitere Gründe, warum das Krisenmanagement in Trier gut funktioniert habe. Sein Krisenstab sei sehr erfahren und erprobt durch die Corona-Pandemie und auch die Amokfahrt. Vorsichtig könne man sagen: „Falls diese Krisen einen Vorteil hatten, dann dass wir eingeübt sind“. Ebenso wichtig sei aber die Erfahrung der Menschen vor Ort gewesen - etwa Ortsvorsteher Bertrand Adams und die Freiwilligen Feuerwehr. Im Gegensatz zu den anderen Kreisen verfügt Trier zusätzlich auch über eine Berufsfeuerwehr.

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