Trügerische Ruhe an der Mittelmosel

Trier · Auch in der Region Trier machen immer mal wieder rechtsextreme Gruppierungen von sich reden. Zuletzt war es die Chaos Crew, die an der Mittelmosel mit Skinhead-Konzerten für Großeinsätze der Polizei sorgte. Seit die Führungs riege im Gefängnis sitzt, "ist Ruhe", sagt ein Staatsschützer.

Trier. Ende September vor drei Jahren lösen 300 Polizisten in Wittlich-Bombogen ein als private Feier getarntes Skinhead-Konzert auf. 120 Rechtsextreme bekommen Platzverweise und werden erkennungsdienstlich behandelt, die Polizei beschlagnahmt eine Hakenkreuzfahne und diverse rechtsradikale Musik-CDs.
Anderthalb Jahre später verhindert die Polizei im nur knapp 20 Kilometer entfernten Andel bei Bernkastel-Kues ein rechtsextremistisches Konzert, zu dem rund 100 Skinheads angereist sind. Die Beamten beschlagnahmen Schlagstöcke und Messer sowie T-Shirts mit Hakenkreuzen und Hitlermotiven.
Zwei Beispiele, die deutlich machen: Auch in der Region Trier sind rechtsextremistische Gruppierungen aktiv, auch wenn der zuständige Kommissariatsleiter im Trierer Polizeipräsidium meint: "Im Vergleich zu Ostdeutschland haben wir bei uns kein Problem mit Rechtsex tremismus."
Ab und an aber offenbar schon. Etwa wenn die an der Mittelmosel vor einigen Jahren gegründete Chaos Crew die rechtsextreme Szene zu Konzerten in die Region lockt. "Über die rechtsextreme Musik sollen jüngere Leute geködert und die Botschaften an den Mann gebracht werden", sagt der Trierer Staatsschützer, der lieber unerkannt bleiben möchte.
Er macht den Job, politisch motivierte Kriminalität zu bekämpfen, seit vielen Jahren, kennt sich aus in der rechtsextremen Szene. Bevor die Chaos Crew ins Leben gerufen wurde, gab es die Kameradschaft Moselland, die Offensive Moselland und im Norden das Nationale Aktionsbündnis Eifel. "Das waren zwischen zehn und 20 Leuten, die meisten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren und fast alle männlich."
Wurde strafrechtlich gegen einzelne Anhänger ermittelt, ging es meist um das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole. "Man musste ein Auge drauf haben", meint der Kriminalbeamte, "aber es war nicht weiter besorgniserregend."
Während Mosellandkameradschaft und Aktionsbündnis Eifel mit eigenen Seiten im Internet aktiv waren, sucht man die bei der Chaos Crew vergeblich. Die Gruppe versuche, sich vom Licht der Öffentlichkeit fernzuhalten und organisiere ihre Konzerte konspirativ, heißt es in einem Artikel der in Nordrhein-Westfalen erscheinenden "Antifaschistischen Zeitung Lotta", die auch der Trierer Staatsschützer lobt: "Die sind bestens informiert, die Infos über die Chaos Crew stimmen."
Danach orientiert sich die Chaos Crew an dem in Deutschland seit 2000 verbotenen internationalen Rechtsextremisten-Netzwerk "Blood and Honour". Ziel von "Blood and Honour" ist es, die Skinhead-Szene durch neonazistische Musik politisch zu beeinflussen. Nach Ansicht des Trie rer Staatsschützers sind die führenden Köpfe der von ihm auf 50 bis 60 Anhänger geschätzten Chaos Crew international gut vernetzt und haben auch schon Skinhead-Konzerte in ganz Deutschland und im europäischen Ausland organisiert.
Seit einem Jahr aber ist Funkstille. Denn die drei Hauptakteure der Chaos Crew, darunter ein 22-jähriger Wittlicher und ein 32-Jähriger aus Osann-Monzel (Kreis Bernkastel-Wittlich),
sind im Gefängnis. Der eine sitzt wegen Volksverhetzung, der andere wegen seiner Beteiligung an einem Überfall auf einen Neonazi-Aussteiger im Westerwald, bei dem das Opfer vor einem Jahr schwer verletzt wurde. "Die Spitze ist damit zumindest vorerst gekappt", sagt der Staatsschützer.
Interessant ist, dass es zwischen der Chaos Crew und dem wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe verurteilten Trierer NPD-Landesvize Safet Babic gute Kontakte zu geben scheint. "Babic will am Personal der Chaos Crew und an deren Logistik andocken", sagt der Staatsschützer, "und im Gegenzug dürfen die unter dem Deckmantel einer nicht verbotenen Partei Konzerte veranstalten."
Dafür muss sich die ansonsten so öffentlichkeitsscheue Rechtsextremen-Gruppierung allerdings gefallen lassen, dass das lautstarke regionale NPD-Sprachrohr sie ins Rampenlicht zerrt.
In einem im Juni vergangenen Jahres im Internet veröffentlichten Bericht zu einer NPD-Versammlung "im Raum Wittlich" bedankt sich Safet Babic artig bei der "weit über die Region hinaus bekannten Chaos Crew" für deren "absolut zuverlässige und vorbildliche" Organisation.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Hauptakteure noch auf freiem Fuß.

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