Trump und die Twitter-Tiraden

Washington · Der US-Präsident poltert erneut in den sozialen Netzwerken. Und er kartet nach - trotz mahnender Worte von Parteifreunden.

 Sieht sich stets obenauf: US-Präsident Donald Trump hat sich erneut mit Medienvertretern angelegt. Foto: dpa

Sieht sich stets obenauf: US-Präsident Donald Trump hat sich erneut mit Medienvertretern angelegt. Foto: dpa

Foto: Carolyn Kaster (AP)

Washington Es gibt eine Menge Themen, die Donald Trump in diesen Tagen beschäftigen müssten. In Hamburg steht der G20-Gipfel an, in Washington droht sein Gesundheitsgesetz zu scheitern, während der Konflikt mit Nordkorea die Gefahr einer gefährlichen Eskalation in sich birgt.
Man sollte meinen, dem US-Präsidenten fehlte die Zeit für Petitessen. Tatsächlich verbiss er sich auch noch am Wochenende in eine seit drei Tagen ausgetragene Fehde mit zwei Moderatoren des Fernsehsenders NBC, bei der es um eine Schönheitsoperation, blutende Wunden und Erpressungsversuche geht. "Der verrückte Joe Scarborough und die strohdumme Mika sind keine schlechten Leute, aber ihre kaum gesehene Show wird von ihren NBC-Bossen dominiert", twitterte er am Sonnabend aus seinem Golfclub in New Jersey.
Zuvor hatte er Mika Brzezinski, der Tochter des Sicherheitsberaters Jimmy Carters, katzbuckelnde Unterwürfigkeit unterstellt. Sie habe ihn einst in seinem Refugium Mara-Lago unbedingt sehen wollen, obwohl sie nach einer Schönheitsoperation stark im Gesicht geblutet habe.
Worauf ihr Lebenspartner Scarborough, ein früherer Kongressabgeordneter aus Florida, ungeschminkt schilderte, wie Trump den beiden die Pistole auf die Brust zu setzen versuchte. Als die schrille Boulevardzeitung National Enquirer eine Geschichte über das Privatleben des inzwischen verlobten Moderatorenpaares plante, sollten Anrufer aus dem Umfeld des Präsidenten die beiden aufgefordert haben, zum Hörer zu greifen, um Trump für ihre Berichterstattung um Verzeihung zu bitten. Die Story werde dann nicht erscheinen.
Es ist eine Episode, wie sie passt zum Image des durchaus einflussreichen Skandalblatts. Zwar hat der National Enquirer seit seiner Blütezeit in die Siebzigerjahren rund 90 Prozent an Auflage verloren, allerdings liegt er in einem typischen amerikanischen Supermarkt in den Regalen direkt vor den Kassen, sodass Millionen von Kunden zumindest sein Titelblatt lesen.
David Pecker, der Besitzer, hatte im Wahlkampf hundertprozentig Partei für seinen alten Freund Trump ergriffen - und kein gutes Haar an dessen Rivalen gelassen. Um dem Vorwahlkontrahenten Ted Cruz zu schaden, setzte er das Gerücht in die Welt, Cruz' aus Kuba stammender Vater könnte mit Lee Harvey Oswald, dem Mörder John F. Kennedys, unter einer Decke gesteckt haben.
Über Hillary Clinton hieß es bereits im Jahr 2015, sie schaffe es schon deshalb nicht ins Weiße Haus, weil sie todkrank sei und in sechs Monaten sterbe. Pecker, schreibt Maureen Dowd, eine Kolumnistin der New York Times, behandle Trump, als sei er der Duce, Benito Mussolini. Weshalb die Sache mit dem Erpressungsversuch glaubwürdig klingt. Was den Präsidenten nicht daran hinderte, das genaue Gegenteil zu verbreiten: Scarborough habe ihn angerufen, auf dass er die Veröffentlichung des Artikels stoppe. "Ich sagte nein!"
Der bizarre Streit um Nichts, in den Augen mancher Kritiker Trumps beruht er nicht etwa auf einem spontanen Einfall, vielmehr auf einem kühl kalkulierten Manöver, um davon abzulenken, dass dem Weißen Haus momentan kaum etwas es gelingt. Das Gesetz, mit dem Barack Obamas Gesundheitsreform abgewickelt werden soll, steht im Kongress vor dem Scheitern, da nach aktuellem Stand mindestens neun republikanische Senatoren die Alternative (Trumpcare) ablehnen und die Regierungspartei somit auf keine Mehrheit kommt.
Ohne die Gesundheitsnovelle wiederum ist an eine Steuerreform nicht zu denken, da diese ohne die Einsparungen des Trumpcare-Pakets nicht annähernd gegenfinanziert wäre. Von dem in der Nacht des Wahlsieges verkündeten Plan, die vielerorts veraltete Infrastruktur in einem Kraftakt zu modernisieren, ist kaum noch etwas zu hören.
Der Präsident, mahnen Parteifreunde, solle endlich die Hände von Twitter lassen und sich stattdessen der eigentlichen Arbeit zuwenden.
Es sieht nicht danach aus, als fänden sie damit Gehör, denn wie im Reflex blies Trump zur Gegenattacke. Die betrügerischen Medien gäben sich alle Mühe, die Republikaner und andere davon zu überzeugen, dass er sich der sozialen Medien nicht länger bedienen solle, schrieb er am Wochenende an seine 33 Millionen Twitter-Follower. "Aber erinnert euch, ich habe die Wahl 2016 mit Interviews, Reden und sozialen Medien gewonnen." Die Art, wie er soziale Medien nutze, sei nicht präsidentiell. Sondern zeitgemäß präsidentiell.Extra: TRUMP RICHTET SCHARFE WORTE AN NORDKOREA


Washington

Washington (dpa) US-Präsident Donald Trump hat sich im Konflikt um das nordkoreanische Raketenprogramm in scharfen Worten an die international isolierte Regierung gewandt. Das "Zeitalter der strategischen Geduld" mit Pjöngjang sei vorüber, dieser Ansatz sei gescheitert, sagte Trump bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In. Ziel seiner Regierung sei es, "Frieden, Stabilität und Wohlstand" in die Region zu bringen. Die USA behielten sich aber das Recht vor, sich selbst und ihre Verbündeten zu verteidigen. Der Konflikt mit dem kommunistisch regierten Land gilt als einer der weltweit gefährlichsten. Das international isolierte Regime treibt gegen internationalen Widerstand ein Atom- und Raketenprogramm voran. Die USA befürchten, dass Nordkorea eines Tages Interkontinentalraketen haben könnte, die auch das amerikanische Festland erreichen können. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte gegenüber Pjöngjang eine Politik der "strategischen Geduld" verfolgt. Trump erklärte diese Strategie schon mehrfach für beendet. Der Republikaner drohte mit Alleingängen und schloss auch militärische Aktionen nicht aus. Er setzt zugleich auf diplomatischen Druck aus China.

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