Elektromobilität TV-Serie Klimaschutz konkret – Ein erstes Mal elektrisch

Trier/Fell · Unsere Reporterin hat sich am Tag der Elektromobilität selbst hinters Steuer eines Stromers gesetzt. Und manches gelernt.

 Don‘t drink and drive. Only smile:  Die beiden Ruwer-Weinköniginnen  Lea Landry (links) und Alida Hoff vor dem BMW i3, mit dem unsere Zeitung am Samstag unterwegs war.

Don‘t drink and drive. Only smile:  Die beiden Ruwer-Weinköniginnen  Lea Landry (links) und Alida Hoff vor dem BMW i3, mit dem unsere Zeitung am Samstag unterwegs war.

Foto: Jürgen C. Braun

Der erfahrene Auto-Journalist sitzt wieder am Steuer und hört sich von seiner Beifahrerin und Kollegin, die soeben ihre ersten elektrischen Kilometer absolviert hat, Ideen für den Texteinstieg an. „Nebel steigt aus dem Tal auf. Nichts brummt, tuckert oder jault. Nicht mal ein leises Motorrauschen ist zu hören. Völlig lautlos, aber zackig zieht das Auto seine Kurven den waldigen Berg hinauf. Das einzige Geräusch ist das Prasseln des Regens und das leise Fluchen des Fahrers, der am Tag der Elektromobilität durch und durch nass geworden ist.

Wenn es mal gelungen ist, den Wagen zu starten (das richtige Knöpfchen suchen und drücken) und herauszufinden, dass man den Hebel neben dem Lenkrad auf D wie Dauerbetrieb stellen muss, dass es keinerlei Gangschaltung gibt, dass das Auto von alleine bremst, sobald man vom Gas geht („Du brauchst Deinen linken Fuß nicht, lass ihn einfach stehen“) und dann noch den Mut findet, den Zigtausend-Euro-Wagen auf die Straße zu befördern, ist es ganz einfach, elektrisch zu fahren.“

„Das würde ich so nicht schreiben“, sagt der Kollege, Jürgen C. Braun, während er den Wagen zurück Richtung Trier lenkt. Er ist der TV-Experte für alles, was PS und Motoren hat. Das sei alles ja nicht das Besondere am elektrischen Fahren. Fast jedes neue Auto starte per Knopfdruck – und der Rest sei nicht nur typisch für E-Autos, sondern auch für solche mit Automatik.

„Das Besondere am elektrischen Fahren ist, dass die volle Leistung von jetzt auf gleich da ist. Schreib, dass das komplette Drehmoment des Fahrzeugs sofort zur Verfügung steht.“

 Gute Miene zum nassen Spiel machen am Samstag auf dem Trierer Viehmarkt (von links) Michael Seibel, Kerstin Kolodzie und Michael Düro mit ihren E-Bikes.

Gute Miene zum nassen Spiel machen am Samstag auf dem Trierer Viehmarkt (von links) Michael Seibel, Kerstin Kolodzie und Michael Düro mit ihren E-Bikes.

Foto: Jürgen C. Braun

In 7,2 Sekunden beschleunigt der BMW i3, den die Stadtwerke Trier (SWT) den Reportern für die touristische Null-Emissions-Ausfahrt des Racing Teams Trier zur Verfügung gestellt haben, auf Tempo 100. Nicht, dass das auf der kurvigen Bergstrecke zwischen Thomm und Fell zum Einsatz käme. Der teilnehmende „Öko-Porsche“ Panamera 4 Hybrid, ist gezwungen, die Rennstrecke hinter dem BMW bergab zu kriechen (an dessen Steuer zu diesem Zeitpunkt nicht der rennerfahrene Jürgen C. Braun sitzt).

Dennoch wird deutlich, wie recht er hat: Das Auto zieht wunderbar, und das Fahren macht nicht nur wegen des reinen Gewissens Spaß. Das Fahrzeug steuern, darüber schreiben und Hintergründe erklären – das alles erfordert allerdings so viel Aufmerksamkeit, dass das touristische Programm mit seinen Quizfragen, Weinproben und zwischenmenschlichen Begegnungen links liegen bleibt.

Mangelnder Schmackes kann schon mal kein Grund sein, der gegen E-Mobilität sprechen würde. Wie sieht es aber mit der Reichweite aus?

Auf dem Viehmarktplatz, wo die Tour startet, ist genug Strom für 225 Kilometer in der Batterie. Schon kurz hinter dem Verteilerkreis,  nach andauerndem Gepuste der Klimaanlage, die das Wageninnere  auf 24 Grad geheizt hat, sinkt der Zähler kurzzeitig auf unter 200. Der Fahrer bremst, um zu demonstrieren, wie das Auto „rekuperiert“. Das bedeutet, dass die Bewegungsenergie beim Bremsen in Energie umgewandelt wird, die dem Antrieb dient.

 „Geh sparsam mit der Klimaanlage um. Das frisst Energie“, mahnt er, obwohl er in seiner nassen Kleidung friert.

Heftiger Regen ist dem Tag der Elektromobilität am Samstag in die Quere gekommen. Die wenigen Besucher drängten sich auf dem Trierer Viehmarkt unter den Infoständen, wo es für alle, die erwägen, eines Tages elektrisch zu fahren, Interessantes zu erfahren gab. So klärte die Elektro-Innung auf, dass man E-Wagen – anders als es oft zu hören sei – nicht an der normalen Steckdose laden sollte, sondern an einer Ladesäule mit speziellem FI-Schalter. Rund 2000 Euro koste es mit allem Drum und Dran, eine solche Ladevorrichtung in der Garage oder am Haus zu installieren. Für viele Autos reichten 3,7 kW. „Wir empfehlen aber 11 kW“, sagt Benjamin Geisen. Dann sei man für die Zukunft gerüstet. Die Systeme können übrigens auch in Miethäusern zum Einsatz kommen. Per App und Ladekarten wird dann geregelt, wie viel Strom jedem einzelnen Bewohner zusteht.

„Die Stadtwerke sind weit“, sagt Geisen. Dennoch findet er, dass es bei der Infrastruktur noch viel zu tun gibt, und nennt Oslo als Vorbild: Rund 1300 Ladesäulen gibt es dort. Bis vor kurzem gab’s den Strom gratis. Für Trier würde er sich zumindest Gratis-Parkplätze zum Laden wünschen.

Oberbürgermeister Wolfram Leibe hingegen betont, Trier gehöre mit seinen Ladesäulen pro Einwohner zur Top-Gruppe in Deutschland: 50 gibt es aktuell, bis Herbst bauen die SWT, die derzeit 36 Ladepunkte betreiben, neun weitere hinzu. „Wir sind auch die erste rheinland-pfälzische Großstadt, die E-Busse im Linienverkehr einsetzt“, sagt Leibe, der selbst elektrisch fährt. Noch im Mai soll der vierte Bus geliefert werden. Zudem werden bald drei Straßenlaternen mit Ladestationen für E-Bikes versehen.

Apropos E-Bikes. Wer dem Wetter trotzte, konnte sich auf dem Viehmarkt auch davon überzeugen, dass die ihr klobiges Aussehen abgelegt haben. Bei so manch stylischem Vehikel muss man schon genau hinsehen, um den Akku zu finden. Das E-Fahrrad sei zu einem vollwertigen Zweitauto-Ersatz geworden, sagt einer der Aussteller.

Wenn man denn nicht als Zweitauto doch lieber ein Auto hätte, natürlich elektrisch, wie das, mit dem die Reporter durch den Regen düsen. Der große Nachteil ist der hohe Preis. Rund 35 000 Euro muss man für den BMW mindestens hinlegen. Dafür gibt es dann aber auch eine Instrumententafel aus nachwachsender Naturfaser, große Digitalanzeigen, die nach 21. Jahrhundert aussehen, und den elektrischen Drehmoment. „Das Drehmoment“, korrigiert der Kollege und gibt auf der Autobahn Gas, dass es die Beifahrerin in den Sitz drückt. „Ich würde das als Gleiten bezeichnen“, sagt er, während das Auto lautlos in die Stadt rollt. Dann nimmt er seine Füße von den Pedalen. Der Wagen bremst von alleine.

 „Und irgendwann kann ich auch die Hände weglassen“, sagt der TV-Experte, der natürlich schon mal in einem autonom fahrenden Auto unterwegs war. Doch das ist eine andere Geschichte.

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