U-Boot im Radio

TRIER. Radiosender verbreiten in der Regel gute Laune. Doch vor allem beim Privatfunk ist die Stimmung hinter den Kulissen mitunter bei weitem nicht so gut wie die, die aus den Lautsprechern kommt. Erbittert wird um Hörer und Werbekunden gekämpft. Auch in Trier, wie ein gestern eröffneter Prozess vor dem Amtsgericht um einen "Spionagefall" zeigt.

Radiokrieg vor Gericht: Angeklagt sind der Trierer Verkaufsleiter von Hit Radio RPR und ein freier Journalist, vormals Mitarbeiter beim Trierer Sender Radio 22. Der soll laut Anklage im Auftrag des RPR-Mannes versucht haben, Radio 22 auszuspionieren. Und zwar, indem er einem Moderator des Senders 500 Euro für interne Infos anbietet. Der Moderator geht Ende Januar zum Schein darauf ein, informiert aber seinen Chef und die Polizei. Bei der vermeintlichen Übergabe mit getürkten Papieren sieht die Kripo zu und greift sich den freien Journalisten. Weil die beiden Angeklagten daraufhin erlassene Strafbefehle der Justiz über 4800 und 3600 Euro nicht akzeptieren, befasst sich nun das Amtsgericht mit der Schuldfrage. Dabei ist zumindest bei dem freien Journalisten die Sache einigermaßen klar: Den Versuch der "Spionage" gesteht er ein. Nachdem er keinen Job mehr bei Radio 22 hatte, habe er bei RPR einsteigen wollen, erklärt er. Weil er aber offenbar seinen eigenen Fähigkeiten nicht so ganz traute, habe er mit den Unternehmensdaten von Radio 22 "eine gewisse Attraktivität meiner Person schaffen" wollen. Mit anderen Worten ein Tauschgeschäft: Unternehmens-Daten gegen einen Job. Während er den RPR-Verkaufsleiter in seinen Gesprächen mit dem angeworbenen Moderator noch als Mitwisser und Finanzier der unlauteren Aktion dargestellt hat, wäscht er ihn nun vor Gericht rein. Der habe mit der ganzen Sache nichts zu tun, sagt der 34-Jährige, was dem Mitangeklagten natürlich zupass kommt. Der RPR-Mann bestreitet energisch, irgendetwas mit der Spionage zu tun zu haben. Dass das Verhältnis zwischen den Sendern nicht das beste sei, räumt er freilich ein und plaudert ein wenig über die Gepflogenheiten auf dem Radiomarkt. Von Feindbildern, Konkurrenzbeobachtung, einer Prozesslawine und Wettbewerbsverzerrung ist die Rede. RPR aber, so der Verkaufsleiter, sei aus allen Verfahren als Sieger hervorgegangen.Ein schwarzes Schaf und eine weiße Weste

Lange sieht es im Gerichtssaal so aus, als gelte das im Verfahren auch für ihn selbst - nach dem Motto: ein schwarzes Schaf und eine weiße Weste. Eine Lösung, mit der beide Angeklagte augenscheinlich leben könnten. Doch dann gibt es überraschend noch eine Aussage, die den RPR-Verkaufsleiter belastet. In einer Versammlung habe sein Chef berichtet, man verfüge nun über Umsatzzahlen von Radio 22, sagt ein RPR-Mitarbeiter, und über die Zahlen sei auch gesprochen worden. Sinngemäß sei zudem von "einem U-Boot bei Radio 22" die Rede gewesen. Ein bezeichnendes Licht auf das Klima hinter den Kulissen wirft dabei die Art, wie es zu dieser Zeugenaussage überhaupt gekommen ist: eine Insiderin, die in jeden Fall anonym bleiben will, hat einer Trierer Anwältin von besagter RPR-Versammlung berichtet. Die Anwältin hat Richter Helmut Reusch informiert, der drei RPR-Mitarbeiter als Zeugen beruft. Zwei entlasten den RPR-Mann, einer belastet ihn - es gibt also Klärungsbedarf: Statt eines Urteils "fällt" Richter Reusch daher einen Fortsetzungstermin: 14. Oktober, 10 Uhr, in Saal 54 des Justizgebäudes.

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