Umfrage: Lehrer sehen sich zunehmend als Opfer von Schülergewalt

Düsseldorf · Dass Schüler auf Schüler losgehen, gehört seit langem zum Schulalltag. Aber Schüler teilen auch kräftig gegen Lehrer aus. Eine Umfrage bringt erstmals Erkenntnisse über Gewalt gegen Lehrer zutage.

 ARCHIV - ILLUSTRATION - Ein Lehrer betritt am 27.11.2013 das Lehrerzimmer in einem Gymnasium in Hannover (Niedersachsen). Foto: Julian Stratenschulte/dpa (zu dpa "Wenn Schüler Lehrer angreifen - Verband VBE präsentiert Umfrage" am 14.11.2016)

ARCHIV - ILLUSTRATION - Ein Lehrer betritt am 27.11.2013 das Lehrerzimmer in einem Gymnasium in Hannover (Niedersachsen). Foto: Julian Stratenschulte/dpa (zu dpa "Wenn Schüler Lehrer angreifen - Verband VBE präsentiert Umfrage" am 14.11.2016)

Foto: Julian Stratenschulte (dpa)

Drohen, mobben, beleidigen - jeder vierte Lehrer ist schon einmal Opfer psychischer Gewalt von Schülern gewesen. Das geht aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage hervor, die der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) am Montag in Düsseldorf vorstellte. Demnach ist fast ein Viertel (23 Prozent) der befragten Lehrer bereits Ziel von Diffamierungen, Belästigungen und Drohungen gewesen — Aggressoren waren hauptsächlich Schüler, aber auch Eltern.

6 von 100 Lehrern sind der Umfrage zufolge sogar schon einmal körperlich von Schülern angegriffen worden. Hochgerechnet seien damit mehr als 45 000 Lehrkräfte (6 Prozent) an allgemeinbildenden Schulen aller Formen bereits Opfer von tätlicher Gewalt geworden. Zu den körperlichen Angriffen gehörten etwa Fausthiebe, Tritte, An-den-Haaren-Ziehen oder das Bewerfen mit Gegenständen.

Gewalt gegen Lehrkräfte sei "kein Einzelfall", sagte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. "Viel zu oft wird das Problem kleingeredet." Er forderte Gegenmaßnahmen. "Außer professionellen Kampfsportlern ist mir keine Personengruppe bekannt, zu deren Job es gehört, sich psychisch und physisch angreifen zu lassen", sagte Beckmann.

Vergleichszahlen gebe es nicht, da es die erste Erhebung zum Thema "Gewalt gegen Lehrkräfte" sei. Verbandsintern habe man aber eine "schleichende Zunahme" von Fällen registriert. Die Gewerkschaft Erziehung und Bildung (GEW) sprach dagegen von "eher Einzelfällen", die sich vor allem an bestimmten Schulen konzentrierten. Gewalt sei nicht an jeder Schule ein generelles Problem, sagte GEW-Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann.

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) mahnte, Gewalt solle grundsätzlich nicht zum Beruf gehören. "Gewalt und Respektlosigkeit sind zu ächten", betonte Löhrmann. Sie sagte betroffenen Lehrern Unterstützung zu.

Besonders an Haupt-, Gesamt- und Förderschulen kommt es laut der VBE-Umfrage zu psychischer und physischer Gewalt. "Verstörend" ist laut Beckmann aber, dass jeder zehnte Grundschullehrer (12 Prozent) schon von seinen kleinen Schülern körperlich attackiert worden sei.

Bei der Häufigkeit körperlicher Angriffe gegen Lehrer kamen zudem regionale Unterschiede heraus. So wusste ein Viertel der Lehrer in NRW (25 Prozent) von derartigen Vorfällen an ihren Schulen in den vergangenen fünf Jahren, in Bayern und Baden-Württemberg waren es nur 14 und 13 Prozent.

Nur 2 Prozent der Lehrer wurden nach eigenen Angaben an ihrer Schule schon einmal Ziel von Cybermobbing im Internet. Mehr als 57 Prozent der Lehrer sehen Gewalt gegen Lehrkräfte als "Tabuthema" an — nur wenige zeigen die Angriffe an.

Beckmann forderte, dass Vorfälle künftig verpflichtend dokumentiert werden und Statistiken zur Gewalt in Schulen veröffentlicht werden müssten. Lehrer müssten auch besser von Schulbehörden unterstützt werden. Angesichts der steigenden Herausforderungen wie etwa Inklusion und Integration müssten Schulen in multiprofessionellen Teams mit Sonderpädagogen, Psychologen und Sozialarbeitern zusammenarbeiten. Auch ein Schulkodex mit klaren Regeln könne helfen, Gewalt vorzubeugen.

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