Umweltministerin Höfken und Grüne: Der Wald ist nicht gefährdet

Mainz · Umweltministerin Ulrike Höfken und die Grünen verteidigen die geplanten Änderungen des Naturschutz- und des Waldgesetzes. Es gehe nur um geringfügige Korrekturen, der Wald sei nicht in Gefahr. Die CDU sieht das anders.

Mainz. Ulrike Höfken und Michael Billen wohnen beide in der Eifel. Sie kennen sich schon lange. Persönlich respektieren sich die Grüne und der Schwarze, politisch sind sie so weit voneinander entfernt wie die Erde vom Mond. Das wird dieser Tage exemplarisch beim Thema Wald klar.
Höfken plant, einen Teil des bisher geltenden Doppelausgleichs, wenn Bäume für Baumaßnahmen weichen müssen, entfallen zu lassen. Der naturschutzfachliche Ausgleich soll bleiben, die Ersatzaufforstungen nicht (der TV berichtete). In waldreichen Gebieten mit mehr als 35 Prozent Waldanteil sollen künftig keine neuen Bäume mehr gepflanzt werden müssen, präzisiert die Ministerin. Sie spricht von einer "kleinen Korrektur" zugunsten des Grünlandes, das ökologisch wertvoll sei und stärker geschützt werden müsse.
Höfken weist Vorwürfe zurück, das Prinzip der Nachhaltigkeit aufgeben zu wollen. Es gehe darum, "die Gesamtheit im Blick zu halten, auch das Grünland". Ersatzaufforstungen könnten sich nachteilig auswirken.
Die Ministerin versichert: "Wir wollen den Schutz des Waldes weiter gewährleisten." Es gehe in dem Referentenentwurf für Gesetzesänderungen nur um "winzige Flächen". Der Waldanteil in Rheinland-Pfalz, neben Hessen das waldreichste Bundesland, werde sich nicht reduzieren, prophezeit Höfken. Man reduziere nur die Zunahme. Gestützt fühlt sich die Umweltministerin von Bauern und Naturschutzverbänden, deren langjährigen Forderungen sie nachkomme.
Michael Billen sieht das alles ganz anders. Der CDU-Politiker hält der Ministerin gestern im Landtag vor, sie wolle die Ausnahmen zur Regel und damit die Nachhaltigkeit kaputtmachen. "Damit geben sie die Walderhaltung auf." Billen verweist darauf, dass auch Fördermittel für die Forstwirtschaft eingefroren würden. "Haushaltstitel: null."Kritik an Vorgaben


In einem Rundschreiben an die Forstämter seien alternativlose Vorgaben gemacht worden, kritisiert der CDU-Mann. Im Prinzip gehe es nur um Geld. Künftig sollten Ersatzabgaben für Rodungen in eine Stiftung fließen und "nach Gutdünken des Staatssekretärs verteilt werden". Billen wirft Höfken "Geldgier" vor.
Die Abgeordnete Anna Neuhof bezeichnet das als Unterstellung und verlangt von Billen eine Entschuldigung - vergeblich. Die Grüne betont, der Wald sei nicht in Gefahr, sondern genieße in ihrer Fraktion "weiterhin absoluten Schutz". Dankbar sei sie dem parlamentarischen Geschäftsführer der CDU, Hans-Josef Bracht, für seinen Vorschlag, das Thema sachlich zu diskutieren. Billen hingegen "skandalisiert, was gar kein Skandal ist".
Ähnlich argumentiert Sozialdemokrat Marcel Hürter. Er sei "überrascht und enttäuscht von Billen". Dessen Versuch einer Skandalisierung sei "in dieser Form unredlich und daneben". Bislang handele es sich nur um einen Referentenentwurf, der selbstverständlich in den Details noch diskutiert werde. Fakt sei, dass die Waldfläche in den vergangenen Jahren zu- und die landwirtschaftliche Fläche abgenommen habe.
Derweil warnt die Landwirtschaftskammer vor einer "künstlichen Konstruktion einer Konkurrenzsituation zwischen Wald und landwirtschaftlichen Flächen in Rheinland-Pfalz". Ministerin Höfken sei auf dem richtigen Weg, lobt Kammerpräsident Norbert Schindler. Indirekt kritisiert er Michael Billen: "Eine Bedrohung des Waldes an die Wand zu malen, ist populistische Überzeichnung. Von Kahlschlag zu reden, ist blanke Hysterie."Extra

In Rheinland-Pfalz hat sich der Anteil der Grünlandflächen von 2003 bis 2010 um 18 000 Hektar oder 7,1 Prozent verringert. Vor einem Jahr betrug die landwirtschaftliche Fläche 700 000 Hektar, davon wurden 401 000 Hektar als Ackerland und rund 229 000 Hektar als Dauergrünland genutzt. Zum Vergleich: Die Waldfläche in Rheinland-Pfalz umfasste im Jahr 2012 834 000 Hektar. Das Umweltministerium will das Grünland stärker schützen, weil es sich um "Schätze für die Biodiversität", vor allem in den Mittelgebirgsregionen und im Ahrtal, handele, auf denen mehr als 2000 Pflanzenarten beheimatet seien. Die Genehmigung für Windräder im Wald hänge nicht von der Aufforstung ab, betont Ministerin Höfken. Die erforderliche Kompensation nach Naturschutzrecht in angrenzenden Flächen bleibe bestehen. Für die Eingriffe der Höhenbauwerke ins Landschaftsbild seien Ersatzzahlungen zu leisten.fcg

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