„Unfassbare Gewalt“: Plädoyers im Prozess um Tod eines Geschäftsmannes vor über zehn Jahren im Eifelort Mehren

Trier/Mehren · Mit stundenlangen Plädoyers ging am Montag der seit einem Jahr laufende Prozess wegen des Todes eines 54-jährigen Mannes vor zehn Jahren in Mehren (Vulkaneifel) in die Schlussphase. Mit dem Urteil wird für nächste Woche gerechnet.

49 Verhandlungstage, 170 Zeugen, 10.000 Aktenseiten. Es ist wahrlich ein Mammutprozess, der nun vor dem Trierer Landgericht nach fast einem Jahr zu Ende geht. Und das über ein Verbrechen, das sich vor über zehn Jahren ereignet hat. Der 54-jährige Leiter eines Paketdepots in Mehren (Vulkaneifel) ist einen Tag vor Heiligabend 2005 auf seiner Arbeit erschlagen worden. Mit einer "unfassbaren Gewalt" sei dem Opfer der Schädel zertrümmert worden, sagt Staatsanwalt Eric Samel gestern in seinem Plädoyer. Er spricht von einem Overkill an Brutalität. Selbst langjährige Rechtsmediziner hätten ein solches Ausmaß an Gewalt noch nicht gesehen. Die heute 31-jährige Tochter leide noch immer unter der Tat. Die dreifache Mutter befinde sich weiter in einer Psychotherapie, sagt deren Anwältin, die die Frau als Nebenklägerin vertritt.

Täter sollen vier Männer zwischen 29 und 46 Jahren sein. Ihnen wird vorgeworfen, kurz nach 22 Uhr an dem Abend den Geschäftsmann angegriffen zu haben, um ihn auszurauben. Die Geldkassette mit den Tageseinnahmen der Paketboten, die sie bei ihm vermutet haben, hat aber nicht existiert. Daher sollen sie aus dem Tresor 6000 Euro geraubt haben. Doch ob die vier seit Juni vergangenen Jahres auf der Anklagebank sitzenden Männer tatsächlich die Täter von Mehren sind, dafür gibt es keine handfesten Beweise. Die Anklage stützt sich auf Indizien und Aussagen von Zeugen. Einige dieser Zeugen hätten gelogen, hätten die Angeklagten zum Teil geschützt, sagt Samel. Zumindest in einem Fall, dem eines 31-Jährigen, sind sich Samel und sein Kollege Volker Blindert sicher, dass er nichts mit der Sache zu tun hat. Er habe zwar in verschiedenen Versionen einigen Leuten - darunter auch zwei verdeckten Ermittlerinnen des Landeskriminalamtes - erzählt, dass er bei dem Raubüberfall im Dezember 2005 dabei gewesen sei. Aber das, was er dabei zum Besten gegeben habe, decke sich nicht mit dem, was sich mutmaßlich an dem Abend im Mehrener Industriegebiet zugetragen hat. Sein Verteidiger Hans-Josef Ewertz bezeichnet ihn später in seinem Plädoyer dann auch als Schwätzer, als jemanden, der sich gerne mit erfundenen Geschichten wichtig macht. So auch wohl in diesem Fall.

Haftbefehl aufgehoben

Bereits im Januar hat der Vorsitzende Richter Albrecht Keimburg den Haftbefehl gegen den 31-Jährigen aufgehoben, weil da bereits Zweifel an seiner Tatbeteiligung bestehen. Daher ist es nicht überraschend, dass die Staatsanwaltschaft gestern Freispruch beantragt. Zumindest was den Raubüberfall betrifft. Weil bei dem mehrfach Vorbestraften noch Marihuana gefunden worden ist, fordert Blindert allerdings eine Haftstrafe von sechs Monaten. Seine Verteidiger Jörg Mühlenfeld und Hans-Josef Ewertz erinnern daran, dass der Angeklagte vor seiner Entlassung bereits 13 Monate in Untersuchungshaft gesessen habe. Das sei unverhältnismäßig gegenüber der wegen des Drogenbesitzes zu erwartenden Strafe.

Bislang hat die Anklage auf Raubmord gelautet. Für Mord etwa aus Habgier gebe es keine Hinweise, sagt Samel. Daher lautet die Anklage nun Raub mit Todesfolge, die aber, so Samel, "extrem nah am Mord" dran sei. Daher fordert die Staatsanwaltschaft für den mutmaßlichen Haupttäter, der den 54-Jährigen erschlagen haben soll, eine lebenslange Haftstrafe. Samel vermutet, dass die Frau des 37-jährigen Familienvaters an dem Überfall beteiligt gewesen ist. Doch stichhaltige Beweise, um das zu belegen, fehlen offenbar noch. Für den Schwager des 37-Jährigen fordert die Staatsanwaltschaft fünf Jahre wegen Beteiligung am Überfall. Weil er damals 20 Jahre alt gewesen ist, soll er nach Jugendstrafrecht verurteilt werden. Für den 46-jährigen Angeklagten, den sie als Kopf und Planer der Tat bezeichnen, fordern die Staatsanwälte acht Jahre Haft. Seine Verteidigerin Martha Schwiering plädiert jedoch auf Freispruch. Er habe an dem Abend gar nicht am Tatort sein können, weil er nachweislich bis um 22 Uhr Spätschicht gehabt habe.

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