"Unter Kohl hätte es das nicht gegeben"
Der Spitzenkandidat der Grünen bei der Europawahl am 7. Juni, Reinhard Bütikofer, zieht über die Lande und wirbt für eine ökologische Ausrichtung in Brüssel. Scharfe Kritik übt er beim Redaktionsgespräch im TV an den Luxemburg-Äußerungen Steinbrücks und Münteferings. Der SPD-Spitze und auch Kanzlerin Merkel wirft er vor, kein "Herz für Europa" zu haben: "Unter Kohl hätte es das nicht gegeben."
Trier. Von Berlin nach Brüssel: Nachdem Reinhard Bütikofer von 2002 bis 2008 als Bundesvorsitzender die Grünen in Berlin anführte, zieht es ihn nun nach Brüssel. Im Gespräch mit der TV-Redaktion stellte er seine Idee eines künftigen Europas vor. Dabei sieht der ehemalige Grünen-Frontmann gute Chancen, dass die Ökologie einen Ausweg aus der Krise bietet. "Green New Deal" nennt Bütikofer den Ansatz, mit dem die Grünen den ökologischen und wirtschaftlichen Umbau voranbringen wollen: "Die Ökologie hat heute der Ökonomie viel zu bieten", sagt Bütikofer und schimpft über die Abwrackprämie, "die die Struk-turkrise in der Automobilkrise" nur etwas nach hinten schiebe. Laut Bütikofer wären die sechs Milliarden viel besser in Sanierungsmaßnahmen sowie in erneuerbare Energien investiert worden. "Das wäre eine grüne Jobmaschine für unser Handwerk", sagt der Grünen-Kandidat für Brüssel. Fünf Millionen neue Jobs könnten in Europa so entstehen.
In Deutschland hätte die Regierung es verpasst, einen ökologischen Lösungsansatz einzubringen. "In Korea drehen sich 80 Prozent der Konjunkturprogramme um Umweltprojekte." In Deutschland seien es lediglich zwölf Prozent, "und da ist die unsinnige Abwrackprämie auch noch drin".
Mit Blick auf Brüssel sagt Bütikofer den Lobbyisten den Kampf an: Die Gurken dürfen wieder krumm sein, das Brot gesalzen und wenn es nach dem Grünen-Politiker geht, dürfen auch die deutschen Sparkassen aufatmen: "Europa darf nicht die Dienstmagd der Lobbyisten sein", wie etwa der Privatbanken, die mit Hilfe von Brüssel gegen die Sparkassen vorgegangen seien.
Und ein großes Ziel nimmt Bütikofer auch mit nach Brüssel: "Europa soll irgendwann mal zu 100 Prozent von regenerativer Energie versorgt werden." Der erste Schritt dafür soll eine "Europäische Gemeinschaft für erneuerbare Energien" sein. Die will der Grüne am liebsten noch dieses Jahr anschieben.Weitere Stationen von Bütikofer waren gestern auf dem Viehmarktplatz in Trier, in Wittlich, Ideal Fensterbau Weinstock GmbH, die Bürgerinitiative "Bürger gegen Nachtflug" auf dem Flugplatz und der Wahlkampfhöhepunkt des Kreisverbandes Bitburg-Prüm auf dem Postplatz in Bitburg.