Unumkehrbarer Defekt

TRIER. Das Trierer Landgericht hat einen 67-jährigen Rentner wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs zu einer dreieinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Weil der aus Trier stammende Mann nur vermindert schuldfähig ist, wird er in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.

In der Gefängnishierarchie steht Friedrich S. an unterster Stelle. Als so genannter Kinderschänder hat der seit acht Monaten in Untersuchungshaft sitzende 67-Jährige bei seinen Mitgefangenen nichts zu lachen. "Immer diese hämischen Bemerkungen beim Duschen: Was ich da mitmachen muss, Herr Richter, das schockt jeden."Man bekommt unweigerlich etwas Mitleid mit Friedrich S. Sichtlich gezeichnet von der U-Haft kann der schwer hörgeschädigte 67-Jährige der Verhandlung vor der Ersten Großen Jugendkammer nur mühsam folgen. Immer wieder muss das soeben Gesagte noch einmal wiederholt werden, weil es der Rentner nicht verstanden hat. Kaum fünf Meter entfernt von dem Angeklagten sitzt sein Opfer. Das Mädchen bricht in Tränen aus, als der Rentner kurz vor Sitzungsbeginn in Hand- und Fußfesseln an ihr vorbei in den Saal 130 geführt wird. In der Verhandlung sieht die 14-Jährige nicht mal hin, wenn ihr ehemaliger Peiniger redet.Ein dreiviertel Jahr lang hat Friedrich S. die damals als Putzhilfe bei ihm einmal wöchentlich jobbende 13-Jährige sexuell missbraucht. Irgendwann ließ sich das Mädchen durch die Drohungen des Rentners ("Wenn du nicht mehr kommst, dann suche ich dich") nicht mehr einschüchtern. Sie offenbarte sich ihrer Mutter, die alarmierte die Polizei, Friedrich S. wurde festgenommen.Jetzt spricht der bislang strafrechtlich nie in Erscheinung getretene Mann von einem Kardinalfehler, den er gemacht habe, und davon, dass er sich "bei dem Mädchen entschuldigen" wolle. Doch Friedrich S. sucht auch nach einer Rechtfertigung für sein Tun. "Er sieht sich als Opfer einer Verführung", sagt der Sachverständige, der bei dem schwer kranken Rentner hirnorganische Veränderungen festgestellt hat und von einem "unumkehrbaren Defekt" spricht.Die verminderte Schuldfähigkeit erspart dem 67-Jährigen letztlich die Rückkehr ins Gefängnis. Die nächsten Jahre wird er in der Landesnervenklinik Andernach verbringen.

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